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Kommentar

Justizminister Heiko Maas: "Trump verrät das freiheitliche Erbe Amerikas"

In einem Gastbeitrag für VICE verurteilt der SPD-Politiker Donald Trumps Äußerungen nach den Neonazi-Märschen in Charlottesville.
Foto: imago | ZUMA Press

Heiko Maas (SPD) hat sich als Bundesjustizminister besonders unter Rechten viele Feinde gemacht – der Spiegel nannte ihn "die Hassfigur der AfD". Er ist seit Ende 2013 im Amt und war davor stellvertretender Ministerpräsident in seiner Heimat, dem Saarland.

In den letzten Tagen haben viele Menschen fassungslos auf die Vereinigten Staaten geblickt – auf die Vorgänge im Städtchen Charlottesville und auf das Gebaren von Präsident Trump.

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Deutsche haben aus Rassismus und Antisemitismus die schlimmsten Verbrechen in der Menschheitsgeschichte begangen. Wir haben keine Berechtigung, uns moralisch über andere Nationen zu erheben.

Bundesjustizminister Heiko Maas | Foto: imago | Ipon

Aber vor über 70 Jahren waren es vor allem amerikanische Soldaten, die ihr Leben gaben, um Deutschland und Westeuropa von der Nazi-Barbarei zu befreien. Deshalb ist es heute so erschütternd, wenn Donald Trump keine klaren Worte gegen Rassisten findet, die unter Nazi-Runen und der Parole "Blut und Boden" marschieren und eine junge Gegendemonstrantin ermorden.

Indem Trump moralisch keinen Unterschied zwischen Neonazis und Gegendemonstranten macht, offenbart er seine eigene moralische Orientierungslosigkeit. Trump bedauert zwar die Toten, aber er kritisiert die Gewalt auf "beiden Seiten" – und wirft so Täter und Opfer in einen Topf.

Leider kennen wir diese "Ja, aber …"-Strategie auch in Deutschland viel zu gut. Das war vor 25 Jahren so, als in Rostock-Lichtenhagen das Asylbewerberheim in Brand gesteckt wurde, und das ist auch heute bei Angriffen auf Flüchtlinge leider viel zu oft so. Der Verurteilung der Gewalt folgt der rechtfertigende Satz, aber es gäbe nun einmal zu viele Flüchtlinge bei uns. So werden Opfer zu Mitschuldigen gemacht.


Video: Hinter den Kulissen des tödlichen Neonazi-Aufmarsches von Charlottesville


Für Rassismus, Antisemitismus und Gewalt gibt es aber niemals eine Rechtfertigung und jeder sollte eine klare Sprache dagegen sprechen. Wer meint, Menschen mit weißer Hautfarbe seien mehr wert als Menschen mit schwarzer, ist ein Rassist. Wer Menschen allein wegen ihres Jüdisch-Seins ablehnt, ist ein Antisemit. Wer Flüchtlingsunterkünfte in Brand setzt, ist ein Verbrecher. Und wer all dies nicht laut und klar ausspricht, ist entweder politisch feige oder ihm fehlt ein moralischer Kompass.

Um zu wissen, was richtig oder falsch ist, muss man kein Politiker sein. Heather Heyer, die in Charlottesville getötet wurde, war eine 32-jährige weiße Rechtsanwaltsgehilfin. Sie wollte nicht schweigen, als Rassisten ihre Heimatstadt als Aufmarschplatz missbrauchten – und starb bei ihrem Eintreten für die gleichen Rechte ihrer schwarzen Mitbürger.

Ein amerikanischer Präsident ohne klare Haltung gegenüber Neonazis und Rassisten kann nicht der Anführer der Freien Welt sein. Er verrät das große freiheitliche und demokratische Erbe Amerikas. Aber die Stärke der Freiheit hängt nicht nur von Präsidenten und Politikern ab. Sie hängt auch davon ab, ob es Menschen wie Heather Heyer gibt. Menschen, die den Mut haben, Haltung zu zeigen, die ihre Stimme erheben und auf die Straße gehen. Sie machen die wahre Stärke einer Demokratie aus, nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch bei uns in Deutschland.

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