Was, wenn du deinen Partner liebst, der Sex aber einfach schlecht ist?

Lydia Faithfull arbeitet als Sexarbeiterin im Love-Ranch-Bordell in Nevada. Sie ist auf gute Gespräche und die Dominierung und Erniedrigung von Männern spezialisiert, küsst aber niemanden für Geld. In der Kolumne „Frag eine Hure" beantwortet sie regelmäßig intime Leserbriefe.

Liebe Lydia,

wie kann ich meinen Kumpels klarmachen, dass zwischen uns nur Freundschaft ist? Ich habe eine Gruppe von männlichen Freunden, an denen ich überhaupt kein sexuelles Interesse habe. Wir haben gemeinsame Interessen und sehen uns jeden Tag bei der Arbeit. Ich bin Single, also habe ich ziemlich viel Zeit um mit ihnen rumzuhängen, aber ich will nicht mit ihnen schlafen. Wenn sie mit mir flirten, kann ich nicht sagen, ob sie nur Spaß machen oder ob sie es ernst meinen. Ich habe das Gefühl, andauernd auf ihre Gefühle Rücksicht nehmen und ihnen am Ende sogar aus dem Weg gehen zu müssen, weil es so einfach einfacher ist. Ich weiß nicht, wie ich ihnen nett und direkt sagen kann, dass ich kein romantisches Interesse an ihnen habe. Bitte hilf mir.

Claudia

Liebe Claudia,

platonische, heterosexuelle männliche Freunde treten nur sehr selten in meinem Leben auf. Wenn sie in Erscheinung treten, habe ich oft das Gefühl, dass sie abzuschätzen versuchen, ob ich Beziehungsmaterial bin oder nicht. Falls einer von uns in einer Beziehung ist, habe ich oft das Gefühl, sie würden mich schon mal für später vormerken. Jede Frau, die ihr Beziehungsende schon mal über soziale Medien verkündet hat, weiß, wovon ich spreche. Das ist so, wie wenn sich ein ehemaliger Kollege nach fünf Jahren plötzlich meldet, um dich zu trösten und das Gespräch plötzlich Richtung Sex lenkt. Sehr charmant.

Die Männer, die mir am nächsten stehen, sind allesamt ehemalige romantische Partner, aber auch das ist nicht über Nacht passiert. Zuerst mussten die Wunden heilen. Dazu braucht man zunächst einige Jahre Abstand voneinander und muss Wiedergutmachung leisten.

Wenn morgen eine tödliche Krankheit bei mir diagnostiziert würde, würde ich allerdings wetten, dass um mein Krankenbett herum nur Frauen stehen würden. Mal abgesehen von ehemaligen Liebhabern fällt mir kein einziger männlicher Freund ein, der mir zur Hilfe eilen würde. Das ist aber nur meine Erfahrung und ich kenne viele Frauen mit wirklich beneidenswerten Freundschaften zu heterosexuellen Männern. Für mich hat es sich nur als einfacher erwiesen, diesem Muster zu folgen und mich mit liebevollen schwulen Männern zu umgeben.

Sei streng mit diesen Männern. Wenn du dich sexualisiert fühlst, erklär ihnen, warum ihr Verhalten inakzeptabel ist. Konsequenz ist in diesem Szenario entscheidend. Wenn die Freundschaften Zukunft haben sollen, musst du ehrlich sein. Statuiere ein Exempel an einem von ihnen. Schlechtes Benehmen verändert sich nicht ohne Konsequenzen. Ich sage nicht, dass du deinen Arbeitgeber einschalten musst, aber du solltest es wirklich tun, wenn du dich bei der Arbeit belästigt fühlst. Ich hoffe, dass es noch nicht so weit eskaliert ist und sich die Situation auch nach Feierabend auf zivilisierte Art und Weise klären lässt.

Liebe Lydia,

sollte ich eine erfolgreiche Beziehung aufgeben, weil ich und mein Partner sexuell inkompatibel sind? Ich bin seit vier Jahren mit meinem Partner zusammen und war mir dessen die ganze Zeit über bewusst. Zuerst hat es mich nicht sonderlich gestört, aber mit der Zeit hat es sich immer weiter aufgebaut. In jeder anderen Hinsicht ist unsere Beziehung wunderschön, aber wenn es um Sex geht, könnten wir nicht unterschiedlicher sein. Im Vergleich zu mir, steht er total auf Blümchensex und hat auch viel seltener Lust auf Sex. Wir haben schon unzählige Male darüber gesprochen und haben auch beide versucht, Kompromisse einzugehen, aber es scheint so, als wäre keiner von uns bereit, sich wirklich zu ändern. Es endet immer damit, dass er zufrieden ist und ich nicht. Ich liebe ihn über alles, aber ich kann das Gefühl unbefriedigt zu sein einfach nicht abschütteln. Was ist schlimmer: sich ein Leben lang so zu fühlen wie jetzt oder ein Leben ohne den Mann zu führen, den ich liebe?

Deine Verwirrt

Verwirrt,

deine Geschichte macht mich persönlich betroffen. Mein langjähriger monogamer Partner und ich hatten mit einem ähnlichen Problem zu kämpfen und haben es letztendlich nicht überlebt. Er war mein bester Freund und wird für immer der Mann bleiben, mit dem ich alle anderen Männer vergleichen werde. Es hat mich ziemlich viel Überwindung gekostet, ihn zu verlassen. Er wusste, dass ich für den Rest meines Lebens still vor mich hin gelitten hätte. Ich habe mich noch nie von jemandem entliebt, aber ich musste mich schon oft äußerst vorsichtig aus Situationen entfernen—wie einen bösartigen Tumor.

Euer Sexleben wird keinem von euch gerecht und ich kaufe es dir auch nicht ab, dass er zufrieden ist. Er muss sich ständig schuldig fühlen, weil er weiß, dass er dich sexuell nicht befriedigen kann. Ich würde auch wetten, dass es sich eher obligatorisch als leidenschaftlich anfühlt, wenn ihr mal intim werdet. Wir werden nur so sehr geliebt, wie wir es spüren.

Es ist ganz klar, dass du diesen Mann anhimmelst und eure Beziehung muss etwas besonderes an sich haben, durch das sie zusammenhält. Ist das nicht allein schon großartig genug? Es gibt nicht viele Menschen, die sagen können, dass ihr Partner auch ihr bester Freund ist. Glaubst du nicht, dass eure Liebe in einer anderen Form existieren könnte, wenn ihr kein Paar wärt? Ich stehe meinen Ex-Freunden näher als irgendwem sonst. Sie kennen die Seiten an mir, die ich anderen nicht zeigen möchte.

Unsere sexuellen Beziehungen sind ein Spiegelbild dessen, was wir unserem Partner und uns selbst gegenüber empfinden. Die Person, die am wenigsten investiert, hat die Karten in der Hand. Oscar Wilde hat gesagt: „Alles im Leben dreht sich um Sex, nur nicht der Sex. Der dreht sich um Macht." Ich möchte nicht sagen, dass dir dein Partner absichtlich etwas vorenthält um die Oberhand zu behalten, aber können wir uns darauf einigen, dass er tatsächlich die Oberhand hat? Verbitterung ist vermeidbar. Halte an eurer Liebe fest, aber sei dir auch im Klaren darüber, dass noch keine Romanze den Tod im Schlafzimmer überlebt hat.

Liebe Lydia,

im Sommer habe ich mit meinem Freund Schluss gemacht, mit dem ich zwei Jahre lang zusammen war, einfach nur, weil ich das Gefühl hatte, dass es viel zu schnell viel zu ernst wurde. Ich bin erst 22 und hatte nie wirklich die Gelegenheit mit anderen Leuten auszugehen, weil wir uns im ersten Monat auf der Uni kennengelernt haben. In den vergangenen Monaten hatte ich ein paar Verabredungen, aber es war niemand dabei, der mich auch nur im geringsten interessiert hätte. Nach all den enttäuschenden Verabredungen habe ich das tiefe Bedürfnis, meinen Ex anzurufen, um zu sehen, ob er uns noch eine Chance geben würde. Ist es etwas schlechtes, wenn man zu früh eine ernste Beziehung führt? Muss ich mir wirklich erst die Zeit nehmen, um mich selbst als Single kennenzulernen? Sollte ich stattdessen nicht lieber bei dem Menschen bleiben, der zu mir passt und glücklich sein, dass ich ihn so früh getroffen habe?

Deine Brooke

Liebe Brooke,

bitte zweifle nicht an deiner Entscheidung. Dass du die Bremse reingehauen hast, zeugt von Reife und Weitsicht. Dass deine Tanzpartner nichts taugen, ist auch nicht weiter überraschend. Die Männer in deinem Alter befinden sich auf dem Gipfel der Selbstsucht, was einem die beste Gelegenheit bietet, um seine eigene Sexualität zu erforschen. Vielleicht weißt du nicht, was du wirklich willst oder brauchst, aber manchmal lernt man am meisten, indem man merkt, was man nicht möchte.

Hab keine Angst davor, allein zu sein. Wer warst du vor dieser Beziehung und wer wärst du gerne? Sieh es als Chance, um dich selbst neu zu erfinden. Eine meiner Trennungen hat mich zum Roller Derby gebracht—etwas, was ich schon immer machen wollte, aber vor meinem Partner nie rechtfertigen konnte, weil es bedeutet hätte, dass ich 10 bis 15 Stunden die Woche weg bin. Single zu sein hat mir auch die Möglichkeit gegeben, meine sexuelle Dominanz und Arbeit in einem legalen BDSM-Dungeon nachzugehen. Ich verreise auch gerne spontan. Ich kann Künstler unterstützen, an die ich glaube und ihre Werke sammeln, ohne das Gefühl zu haben, selbstsüchtig mit meinem Geld umzugehen—aber was am allerwichtigsten ist: Die bewusste Entscheidung, Single zu sein, hat mir ein Leben ohne viele Ablenkungen ermöglicht. Die Energie, die ich sonst in eine Beziehung gesteckt hätte, konnte ich einzig und allein auf meine beruflichen Ziele richten, was meine Karriere deutlich vorangebracht hat.

Mit 22 hätte ich mir selbst kein Wort geglaubt. Single oder nicht: Meine Hoffnung ist, dass du nicht die Sorte Frau wirst, die nicht ohne die Aufmerksamkeit eines Mannes leben kann. Sei die Sorte Frau, die nicht auf die Bestätigung anderer angewiesen ist und sich nicht mit weniger zufrieden gibt, als sie verdient.

Foto: Alex Zizka | Flickr | CC BY 2.0