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Sex

Diese Fotos findet Instagram zu anstößig und hat sie deswegen gelöscht

Molly Soda und Arvida Bystrom haben für das Buch 'Pics Or It Didn't Happen' genau solche Fotos gesammelt. Wir haben mit den Künstlerinnen über ihr Projekt gesprochen.

Foto: @verajorgensen | Vera Jørgensen | Prestel

Nackte Haut erregt Aufmerksamkeit. Was im echten Leben zutrifft, gilt auch in den sozialen Medien. Dabei kannst du jedoch auch schnell übers Ziel hinausschießen und gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen. Wenn andere User das melden, bedeutet das im Falle von Instagram, dass Mitarbeiter nun entscheiden, ob dein freizügiges Foto tatsächlich zu freizügig ist oder nicht. Falls ja, wird das Bild gelöscht. Genau hier kommen die Künstlerinnen Molly Soda und Arvida Byström mit ihrem Buch Pics Or It Didn't Happen ins Spiel.

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Für dieses Buch riefen die beiden Frauen ihre 220.000 Follower dazu auf, Fotos einzuschicken, die für Instagram zu "heiß" waren. Letztendlich haben es dann gut 250 dieser Fotos ins Buch geschafft. Viele von ihnen sind NSFW, werfen gleichzeitig aber auch die Frage auf, warum manche – vornehmlich weiße, dünne, rasierte und cisgender – Körper in den sozialen Medien in Ordnung gehen, während andere gegen die Regeln verstoßen. Wir haben mit den Künstlerinnen gesprochen, um mehr über das Projekt zu erfahren.

Foto: @isaackariuki | Isaac Kariuki | Prestel

VICE: Wie kamt ihr auf die Idee, dieses Buch zu machen?
Molly Soda: Uns fiel auf, wie viele Leute sich darüber beschweren, dass ihre Bilder bei Instagram entfernt werden. Auch Arvida und ich haben uns schon dazu geäußert. Deshalb gingen wir in die Offensive. Uns war aber wichtig, dass die Fotos in Pics Or It Didn't Happen im richtigen Kontext stehen.

Bei manchen Fotos ist es klar, warum sie gelöscht wurden. Bei anderen eher nicht – zum Beispiel die Frau, die mit ihrem Hidschāb das Handy am Ohr hält. Wo wird da die Grenze gezogen?
Arvida Byström: Das kommt auf die Umstände an. Die Mitarbeiter, die hier die Entscheidung fällen, schauen sich an, was sonst noch so in dem betreffenden Account los ist. Manche Leute unterhalten monatelang halbnackte Profile, bis ein Bild gemeldet wird. Dann heißt es plötzlich: "Moment, das Ganze könnte auch ein Porno-Account sein!" Und schon ist Schicht im Schacht.
Molly: Meiner Meinung nach kommt es auch darauf an, wessen Körper es ist. Bestimmte Körper werden nämlich stärker sexualisiert als andere – und das nur, weil wir es nicht anders kennen.

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Foto: @bloatedandalone4evr1993 | Molly Soda | Prestel

Wie sind wir es denn gewohnt?
Arvida: Instagram bestimmt, was OK ist und was nicht. Viele der akzeptablen Fotos sind jedoch sehr sexuell. Ein Beispiel sind die Frauen in knapper Unterwäsche und mit rasiertem Intimbereich. Auf gewisse Art und Weise ist so etwas viel sexueller als ein behaarter Intimbereich. Hier kommt das zusammen, was die Leute als ekelhaft ansehen, und was sie sexuell finden. Wir haben außerdem mehr Einsendungen von Weißen erhalten. Das liegt wohl daran, dass sich Weiße berechtigter fühlen, ihre Körper so zu zeigen.

Die US-amerikanische Autorin Chris Kraus hat das Vorwort eures Buches geschrieben. Wieso gerade sie?
Arvida: Unser Verleger wollte unbedingt, dass eine Person das Vorwort schreibt, die nicht aus unserem sozialen Umfeld stammt. Da dachten wir an Chris Kraus. In ihrem Buch I Love Dick schreibt sie viel über Frauen in der Kunstwelt und wie sie nicht ernst genommen wird. Zwischen uns gibt es zwar viele Unterschiede, aber auch einige Gemeinsamkeiten. Meiner Meinung nach sind Molly und ich in Büchern nur unzureichend vertreten. Und Bücher gelten als klassische Kunst sowie Kunstgeschichte. 
Molly: Ja, dieses ganze "Internet-Girl, das nicht respektiert wird"-Image spielt hier eine Rolle. Außerdem kam I Love Dick anfangs nicht so gut an. Und jetzt ist es für unsere Generation so relevant. Die Wahl fiel uns also nicht schwer.

Foto: @appropriatingwhiteculture | Bea Miller | Prestel

Ein Großteil der Fotos zeigt Frauen – im Bad, auf der Toilette oder in Unterwäsche. Was sagt uns das über unsere Einstellung zum weiblichen Körper?
Arvida: So geht die Gesellschaft nun mal mit Frauenkörpern um. Warum sollte Instagram da also anders agieren?
Molly: Die ganzen Kommentare bei Posts, in denen man zum Beispiel Achselhaare sieht, sind total absurd. Ich bin schockiert, dass so etwas heutzutage überhaupt noch für Aufregung sorgt.

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Hat sich die Situation denn gebessert? Gibt es Dinge, die vor ein paar Jahren noch gelöscht wurden, inzwischen aber nicht mehr?
Arvida: Ja. Meine behaarte Achsel ruft nur noch wenige Kommentare hervor. Früher waren es Hunderte.
Molly: Es ist eine positive Entwicklung zu sehen. Ein irgendwie von der Norm abweichender Körper zieht aber immer noch eine negative Reaktion nach sich. Instagram ist eben wie der Rest der Gesellschaft: Jeder Körper, der nicht zu einem Mann gehört, wird mit Sex in Verbindung gebracht. Ich könnte ein riesiges, formloses Kleid und eine Duschhaube tragen und man würde mich trotzdem sexualisieren.

Foto: @aleia | Aleia Murawski | Prestel

Wie würdet ihr die Nutzungsbedingungen von Instagram ändern?
Arvida: Instagram braucht mehr Kohärenz zwischen den Körpern. Außerdem dürfen nicht mehr einfach so Fotos gelöscht werden, die die Gesellschaft als ekelhaft ansieht – etwa Abbildungen von Schamhaar. Man muss einfach spezifischer werden. Derzeit werden unterschiedliche Körper auch unterschiedlich behandelt. Und das ist gefährlich.
Molly: Richtlinien müssen jedoch sein. Ich habe nämlich keine Lust auf Schwanzbilder oder Enthauptungen.

Was sollen die Leser aus eurem Buch mitnehmen?
Arvida: Zensur ist ein unglaublich kompliziertes Thema. Es ist jedoch interessant, diese Gedanken und den heutigen Stand festzuhalten. Vielleicht wirkt das alles in 20 Jahren total altbacken und dumm. Manche Leute denken wahrscheinlich heute schon so, aber so ist das nun mal.

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Mehr Informationen zu Pics Or It Didn't Happen: Images Banned from Instagram findest du hier .

Foto: @c.har.lee | Lee Phillips | Prestel

Foto: @ser_sera | Ser Brandon-Castro Serpas | Prestel

Foto: @stinawolter | Stina Wolter | Prestel

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