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Pornografie

Trotz Missbrauchsvorwürfen brummt das Geschäft von James Deen

Wir haben Vertreter der Branche gefragt, warum die Vorwürfe wegen angeblichem sexuellen Missbrauch gegen den Pornodarsteller ihm nicht das Genick gebrochen haben.
Photo by Franco Origlia via Getty

Obwohl James Deen lukrative Geschäftsbeziehungen zu Pornoproduktionsfirmen und einem Sexspielzeughersteller verloren hat, scheinen die Vergewaltigungsvorwürfe seitens ehemaliger Partnerinnen vor und abseits der Kamera seiner Karriere sonst keinen großen Abbruch getan zu haben—im Gegenteil: Sie scheint sogar zu florieren. Tatsächlich hat Deen, seit die Vorwürfen gegen ihn im November letzten Jahres aufkamen, noch mehr Arbeit.

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Neben den Filmen, die er mit seiner eigenen Produktionsfirma produziert hat, hat Deen auch Filme mit Vouyer Media, Reality Junkies, Girlfriends und New Sensations gedreht. (Eine Anfrage von Broadly an die Firmen blieb unbeantwortet.) „Wenn jemand Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erregt—egal ob gut oder schlecht—dann wollen die Leute mit ihnen drehen", sagt die Pornodarstellerin Alana Evans, die in der Vergangenheit bereits mit Deen zusammengearbeitet hat.

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Laut Evans hat Deens Bekanntheit der Karriere einiger seiner Anklägerinnen sogar geholfen: „Nach ihnen wird gesucht und die Produktionsfirmen wollen, dass ihre Filme in den Suchergebnissen auftauchen."

„Es ist quasi wieder alles beim Alten, als wäre nie etwas passiert", meint sie.

Evans ist die stellvertretende Vorsitzende des Adult Performers Advocacy Committee und setzt sich dafür ein, dass Darsteller, deren Grenzen verletzt wurden, Beschwerde bei der Occupational Safety and Health Administration (OSHA) einreichen. „Die Mädchen müssen sich zu Wort melden", sagt sie. „Man erreicht dadurch nicht nur Gerechtigkeit für sich selbst—man rettet auch andere davor, dieselben Erfahrungen machen zu müssen."

Im November 2015 trat Deens Ex-Freundin Stoya mit den ersten Vergewaltigungsvorwürfen gegen den Pornodarsteller nach vorn. Stoya, die ebenfalls als Pornodarstellerin arbeitet, meldete sich über Twitter zu Wort:

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Nach Stoyas Tweet meldeten sich weitere Frauen. Ashley Fires beschuldigte Deen, er habe sie nach dem Dreh in der Dusche von Kink missbraucht. Später sprach Amber Rayne mit der The Daily Beast über eine grauenvolle Begegnung mit Deen am Set:

„Ich lag in der Piledriver-Position. Er fickte mich in den Hintern und ich sagte so etwas wie: ‚Ja, fick mich, du Hurensohn.' Er verzog das Gesicht und schlug mir zweimal ins Gesicht—mit der Faust", sagt Rayne. „Ich wurde ins Gesicht geschlagen, während er noch immer in meinem Arsch war. Dann drehte er völlig durch und fing an, mich extrem brutal in den Hintern zu ficken. Er war so brutal, dass er mich verletzte und ich überall blutete. Es war alles voller Blut, sodass ich die Szene nicht zu Ende drehen konnte."

Es meldeten sich noch weitere Frauen mit Vorwürfen gegen Deen. Joanna Angel, eine weitere Ex-Freundin von ihm, sagte dem Moderator einer Radiosendung: „Es gab Momente, da hatte ich Angst um meine Sicherheit, aber ich hatte das Gefühl, in der Falle zu sitzen." Die Darstellerin Lily LaBeau erzählte zwei abscheuliche Geschichten über Deen, in denen er ihre Grenzen brutal überschritten haben soll: Die eine Begegnung fand bei einer Live-Stream-Übertragung der Reihe Upper Floor von Kink.com statt. Deen, der eigentlich gar nicht in der Szene auftauchen sollte, machte einfach mit und versuchte LaBeau zu mehreren Handlungen zu zwingen, die eigentlich auf ihrer „Nein-Liste" standen—einer Vereinbarung zwischen Darsteller und Produktionsfirma, auf der Handlungen vermerkt sind, die tabu sind. Eine weitere Begegnung mit Deen beschrieb LaBeau so: „Das Erste, was er getan hat, war, zu mir rüberzukommen, während ich gefesselt war, und mir ins Auge zu spucken—von Null auf Hundert. Es war einfach erniedrigend."

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Nachdem sich mehrere Produktionsfirmen von Deen getrennt hatten und seine langjährigen Befürworter bei Doc Johnson verkündet hatten, dass sie die bekannte Dildokollektion, die nach seinem Penis geformt wurde, einstellen würden, meldete sich Deen über Twitter zu Wort und nannte die Anschuldigungen gegen sich „falsch und rufschädigend."

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Es sah ganz danach aus, als wäre seine Karriere zu Ende. Doch heute—sechs Monate später—ist klar, dass die Einschätzung etwas zu vorschnell war.

Erst vergangene Woche gab Deen bekannt, dass es einen deutlichen Mitgliederzuwachs auf seiner kostenpflichtigen Seite gab. Und obwohl Kink und Evil Angel die Arbeit mit Deen nicht fortführen, bleiben seine bisherigen Filme noch immer auf der Seite. Auf Kink sind Deens Videos auch weiterhin online, weil andere Darsteller noch immer mit ihm in Verbindung gebracht werden wollen, sagt Michael Stabilde, Pressesprecher von Kink. „Es gibt eine Reihe von Darstellern, die James auch weiterhin in ihrem ‚Lebenslauf' haben wollen. Deshalb schien es nicht besonders zielführend, sie runterzunehmen", sagt Stabile.

Hinzu kommt, dass kaum ein anderer Mann in der Pornobranche einen so gewinnbringenden Ruf wie Deen hat und es noch viel weniger männliche Darsteller gibt, die nur annähernd so bekannt sind wie er. Nachdem nicht jeder Darsteller den rigorosen Anforderungen der Pornobranche gerecht wird, sagt Evans, ist es so, dass „Frauen kommen und gehen, doch die Männer sind das Rückgrat der Industrie." Da es zudem immer mehr kostenlose Seiten wie PornHub oder YouPorn gibt, müssen größere Produktionsfirmen immer mehr Gewinneinbrüche bei ihren DVD-Verkäufen und der Zahl der Online-Abonnenten verzeichnen und halten sich deshalb gerne an die Leute, die ihnen bisher immer Geld eingebracht haben.

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Es gibt eine Reihe von Darstellern, die James auch weiterhin in ihrem ‚Lebenslauf' haben wollen.

Darüber hinaus gibt es auch noch immer Leute, die mit Deen zusammenarbeiten wollen—nicht wegen seinem Mainstream-Ruhm, sondern weil sie ihn nach wie vor mögen und ihm vertrauen. „Ich vertraue ihm zu 100 Prozent", sagt die Pornodarstellerin Aubrey Star, die unter anderem für Tight Ass Teen mit Deen vor der Kamera stand.

Evans sagt, dass sie Deens Opfern glaubt, aber vertraut auch auf ihre eigenen Erfahrungen mit Deen, der ein guter Freund von ihr ist. „Viele Leute waren überrascht, dass ich James nicht verurteile", sagt Evans. „Aber ich finde nicht, dass er auf die schwarze Liste gesetzt werden sollte oder so etwas. Ich bin schon seit vielen Jahren mit James befreundet—aber es liegt auch nicht an mir, darüber zu urteilen."

Unklar bleibt, was Deen selbst zu den Beschuldigungen sagt—abgesehen davon, dass er sie bestreitet. (Auf die Anfrage von Broadly reagierte Deen nicht.) Die Industrie hat indes versucht, gegen Männer wie Deen vorzugehen. Kink beispielsweise hat seine Leitlinien für Darsteller überarbeitet und eine stärkere Betonung auf den gemeinsamen Konsens gelegt. Kink garantiert nun, dass ein Darsteller auch dann bezahlt wird, wenn der Dreh abgebrochen werden muss, weil bestimmte Grenzen überschritten wurden. Sie haben auch klargestellt, dass der Konsens am Set nicht abseits des Drehs gilt. „Es geht um die zustimmende Einvernehmlichkeit", sagt Stabile. „Es kann nicht sein, dass es in der Verantwortung der Person, die belästigt wird, liegt, ‚Nein' zu sagen."

Ashley Fires wollte nicht konkret über die Arbeit mit Deen sprechen, aber auf die Frage nach den neuen Richtlinien von Kink, sagte sie gegenüber Broadly: „Es hätte nicht erst so viele Missbrauchsfälle geben dürfen, bevor solche Richtlinien geschaffen werden. Die Rechte der Darsteller hätten schon von Anfang an existieren müssen."