FYI.

This story is over 5 years old.

It's still real to me, damn it!

It's still real to me, damn it! Die Vice Wrestling-Kolumne

Vice und Wrestling, ein geölter Bund fürs Leben!

Ich weiß, was ihr jetzt denkt: "Juhu, ein neuer Wrestling-Blog – Halligalli-Drecksauparty!" Aber nicht mit mir. Es kann nämlich nicht immer nur lockerflockig-zuckerwattig zugehen, nicht mal in der eingeseiften Welt der Spandex-Sport-Oper. Selbst hier lauert hinter der Fassade aus fluffigen Faustschlägen und hübschem Höllenfeuer manchmal der bittere Ernst und brunzt uns Fans einfach direkt in die offenen Wunden unseres kränkelnden Stolzes. Denn auch, wenn die meisten Showsportfreunde (inklusive mir) irgendwie der Zeit nachweinen, als die Welt noch dreckig und das 'Rassling noch blutig war, ist die heutige Pussy-Version mit kinderfreundlichem PG-Rating doch ein entscheidender Schritt in Richtung mehr Sicherheit und Gesundheit, der genau wie das neue Safer Sex-Gesetz für die Porno-Industrie in Kalifornien voll und ganz zu begrüßen ist.

Anzeige

Für alle, die immer noch meinen, Wrestling ohne Blut sei wie Cola ohne Whisky (oder eben wie Pornos MIT Kondomen), beschäftigen wir uns deshalb aus aktuellem Anlass mit den nachhaltigen Dingen des Lebens, die einem sogar als Wrestler ewig erhalten bleiben – nämlich AIDS und Hepatitis C. Bam! Jetzt ist euch das Lachen kurz vergangen, habe ich recht?

Okay, lest erst mal das:

Get the F in! Der Typ wurde nicht zu 32 Jahren ODER ungeschütztem Sex mit 11 Frauen verurteilt, sondern WEGEN.

Na gut, ganz ohne jeden Jux kann ich euch die bittere AIDS-Pille dann doch nicht füttern – das bringe ich einfach nicht über mein unerhaltungsatrophiertes Herz. Ja, eure Laune ist mir wirklich ein Anliegen. Dazu stehe ich. Als ich vor einigen Wochen zu einer billigen Namedropping-Vernissage nahe des Naschmarkts verschleppt wurde, und mich dort erdreistete, etwas anderes zu tun, als einfach nur reduziert im Eck zu stehen und gelegentlich auf die Zusprüche der arrivierten Akteure (sprich: des künstlerischen und kulturjournalistischen Szene-Politikums) zu reagieren, sondern mich stattdessen auch mal ein bisschen aktiv über Analsex und rasierte Eier unterhielt, erntete ich von einer angespülten Frau recht schnell das Prädikat: "Du bist schon mehr so der … Entertainer, oder?"

Mir wurde recht schnell klar, dass sie das nicht in erster Linie positiv meinte, weil sie noch während meiner Antwort zu einem lokalen Dalí-Verschnitt im Wickelrock weiterrotierte – wo sie sich übrigens im Lauf der nächsten Stunden ziemlich gut damit zu fühlen schien, an seinen Entertainer-Lippen zu hängen und mit einer Frequenz von einmal pro zwei Minuten über seine gezwirbelten Schmähs zu lachen.

Anzeige

Was ich damit sagen will, ist wahrscheinlich: Ja, unbekannte Riesin, ich glaube, ich bin ein bisschen Entertainer. Und ich glaube auch, dass jeder andere ein bisschen Entertainer ist. Nur manche haben es eben auf der Stirn stehen und andre kostümieren es als Kunst. Womit wir auch wieder bei Wrestling im Allgemeinen und seinen Sicherheitsbestimmungen im Speziellen wären. Denn während Bobo-Späße wie Happenings und Performances schon mal "an die Grenzen gehen" dürfen und man selbst übertragbare Krankheiten als "Teil ihres Konzepts" durchgehen lassen könnte, ist Wrestling für so gut wie jeden einfach nur pure Unterhaltung – und dementsprechend niedrig ist auch die allgemeine Toleranz gegenüber gewissen Gesundheitsrisiken, die die Wrestling-Unternehmen bereitwillig eingehen, nur um ihr Programm "edgy" und ihr Publikum bei der Stange zu halten. Eine dieser verpönten Praktiken, die heute zumindest in der WWE kaum noch vorkommt, ist das sogenannte "Blading": Das versteckte Ritzen mit Rasierklingen, damit die Säfte besser fließen und der Kampf noch ein bisschen brutaler aussieht (kennen wir alle von Mickey Rourke in The Wrestler).

Und auch, wenn die große WWE sonst synonym für Geldgier, Ultrakapitalismus, schamlosen Showgeist und Geltungsdrang steht, muss man ihr in Sachen Sicherheit zugutehalten, dass es nur ihrer Bluttest- und Programm-Politik zu verdanken ist, dass heute nicht der halbe Wrestler-Stall den HI-Virus spazieren trägt. Das hilft natürlich den 11 Frauen wenig, mit denen Andre "The Gangsta of Love" Davis trotzdem bereits geschlafen hat, aber dafür muss die HIV-Hure jetzt ohnehin ins Gefängnis – ein Ort, der wie kein anderer für Sterilität, Sauberkeit und Safer Sex steht. (Oh mein Gott! Hat das eigentlich schon mal jemand zu Ende gedacht?)

Anzeige

Soviel also dazu. Dass übertragbare Krankheiten dabei nicht immer auf direktem Weg ins Loch oder zum vorzeitigen Karriereende führen müssen, wenn man sie richtig handhabt – und dass sie früher außerdem um einiges falscher gehandhabt wurden als heute –, sollen jetzt noch ein paar Beispiele zeigen. Drum habt ihr hier die Top 3 der berühmtesten Fälle von Wrestling-Persönlichkeiten, die an Hepatitis C leiden. Ich verspreche euch auch, dass es wieder ein bisschen lustiger wird.

THEODORE LONG

Holla, holla, playa! Das her ist Theodore Long – oder wie wir Freunde des Ringgevierts ihn nennen: Teddy. Teddy ist General Manager von SmackDown, einer der beiden WWE-Marken, die ihre wöchentliche Wrestling-Show im Fernsehen haben. Natürlich ist er das nur vor der Kamera und nicht in Wirklichkeit, weshalb zu seinen Tätigkeiten auch weniger Rechnungen kontrollieren und Sponsoren akquirieren zählt, sondern vielmehr lustige Matches verkünden, mit osteuropäischen Bitches flirten und zu seiner eigenen Einzugsmelodie abtanzen. Besonders gerne bucht Teddy Tag Team-Matches, weil man da gleich vier, sechs oder sogar acht Leute auf einmal verbraten kann und sich nicht so viele Gedanken über Storylines machen muss.

Aber das war nicht immer so. Vor seiner Amtszeit als SmackDown-GM war Teddy Long nämlich auch schon als Wrestling-Manager und langjähriger Ringrichter aktiv; wobei letzteres einen besonders bitteren Nachgeschmack hat, da Teddy den Schiedsrichter in Owen Harts Match beim berüchtigten Pay-Per-View Over the Edge 1999 geben hätte sollen, zu dem es nie kam, weil Owen Hart zu Beginn seines Kampfes aus 24 Metern Höhe in den Ring stürzte und sofort verstarb. Aber ich habe gesagt, es wird LUSTIG, damn it, also schnell her mit ein paar anderen Anekdoten. Lustig ist zum Beispiel, dass Teddy Long seine Karriere als Laufbursche von Abdullah the Butcher startete (mehr zu ihm später). Auch lustig ist, was Teddy Long 1990 für Outfits trug und trotzdem von Pro Wrestling Illustrated zum Manager des Jahres gewählt wurde.

Anzeige

Seine aktive Ringkarriere war mit der Diagnose Hepatitis C zwar beendet, aber mal im Ernst: Wenn ihr euch aussuchen könntet, ob ihr regelmäßig von fetten Säufern gechokeslamt oder wöchentlich von vollbusigen Frauen namens Aksana angesext werdet, was wäre euch dann lieber?

"COWBOY" BOB ORTON

Scheiß auf Chuck Norris, es gibt nur einen wahren Cowboy und sein Name ist Bob. Bob Orton. Cowboy Bob Orton. Während Norris zur neuen Meme-Hure des Internets avanciert ist, hat Bob Orton so harte Dinge gemacht wie mit gebrochenem Gips-Arm wrestlen und rosa Hüte tragen. Außerdem war er schon bei Wrestlemania, als das Event noch keine Nummern hatte und spielte eine nicht unwesentliche Rolle im allerersten Mania-Mainevent, wo er "Rowdy" Roddy Piper und "Mr. Wonderful" Paul Orndorff zu ihrem Match gegen Hulk Hogan und Mr. T begleitete (Jimmy Snuka war auch dabei, passte aber aus grammatikalischen Gründen nicht in den letzten Satz).

Als wäre das noch nicht genug Street Cred für Cowboy Bob ist er auch noch der verdiente Vater des heutigen Wrestling-Superstars Randy Orton, von dem sich quasi jede Frau, die es gibt, gerne das Genick brechen lassen würde, solang er ihr im Nachhinein ein Bussi gibt und sich über das Sixpack streicheln lässt.

Im Jahr 2005 hatte Cowboy Bob ein kleines Comeback, als er in die Storyline zwischen seinem Sohn Randy und dem Undertaker eingebaut wurde. Berüchtigt: Die Entscheidung von Personalchef John Laurinaitis, Bob Orton bladen zu lassen, obwohl dessen Hepatitis C Infektion dem Unternehmen bereits bekannt war. Der Undertaker (Mark Calaway) hat sich zwar nicht angesteckt, ist aber seither nicht mehr endlos gut auf Surfer Boy Johnny Ace zu sprechen.

Anzeige

ABDULLAH THE BUTCHER

Dieses Bild beschreibt Abdullah the Butcher bereits so viel besser, als ich es jemals könnte, dass mir eigentlich nur Szenen von unschuldiger Schönheit in den Sinn kommen, die ganz genau ausdrücken, was Abdullah the Butcher alles NICHT ist. Wie zum Beispiel ein Picknick auf Coney Island, wenn die Sonne schon ganz tief steht und irgendein Singer-Songwriter am Wegesrand seine Lieder gegen die Gischt klimpert, während es nach frittierten Krabben riecht und junge Studentinnen den Sand mit ihren Füßen in die Luft kicken. Voll – nicht – Abdullah.

Zu sagen, der Butcher sei kein Freund des Feinsinns, wäre in etwa so, wie zu sagen, Hitler wäre nicht unbedingt der größte Verfechter der Menschenrechte gewesen: Beides ist irgendwie wahr, aber eben doch nur zu der Hälfte, die das echte Grauen auslässt, weil man es einfach nicht im konventionellen Sinne benennen kann. Bevor die Wutbürger jetzt aufschreien: Ich sage damit nicht, dass Abdullah the Butcher auf eine Stufe mit Señor Hitler zu stellen ist, wie man El Dictator in Lateinamerika gerne nennt. Ich sage nur, dass es irgendwie poetische Gerechtigkeit ausdrückt, den Butcher in einem elektrischen Stuhl sitzen zu sehen, auch wenn das natürlich Teil eines Wrestling-Matches aus der absoluten Glanzzeit von WCW war (hier der Link zum Finale des "Chambers of Horror"-Matches, wenn ihr es wirklich sehen müsst).

In Wirklichkeit geht es dem Butcher bis auf seine Hepatitis C Erkrankung immer noch recht gut, was vor allem im Hinblick auf seine Körperfülle und die Menge an bisher schon verlorenem Blut ziemlich beachtlich ist. Für 2012 plant der Mann, der durch den Einsatz von Gabeln gegen die Stirn bekannt wurde, sogar seinen Rücktritt. Angesichts seiner absolut rücksichtslosen Art, trotz des hohen Infektionsrisikos blutige Matches zu führen, ist das vielleicht gar nicht so schlecht. Zumindest ein Wrestler der vergangenen Jahre hat Abdullah the Butcher bereits auf Schadensersatz verklagt, weil er sich vermeintlich bei ihm mit der Krankheit angesteckt hat (nähere Infos hier). Nennt mich konservativ (wehe!), aber wenn die WWE strukturell solchen Berserkern den Riegel vorschiebt, ist das in meinem Buch ein Bingo.

Anzeige

Hier seht ihr noch Superstar Billy Graham (den eigentlichen und besseren Hulk Hogan, aber bitte), der im besten Schlaganfall-Duktus beschreibt, wie Abdullah the Butcher einen indischen Wrestler beinahe enthauptet hat:

Der folgende Film trägt den Titel Abdullah Does The Dinosaur und lief 1991 außer Konkurrenz am Sundance Film Festival:

Jawohl. Und zum Abschied noch ein bisschen was zum Staunen.

Wie in: Erstaunlich, wie viele Bilder und Worte man brauchen kann, um zu sagen, dass der Butcher eigentlich ein ziemlich beschissener Wrestler war (sagt der Typ, der 500 Wörter braucht, um zu sagen, dass AIDS-Tests und Nicht-absichtlich-bluten vielleicht gar nicht so schlecht für die Zukunft des Wrestling udn damit der Menschheit sind, ich weiß). Bitteschön:

Damit sind wir für heute fertig. Und jetzt raus mit euch, spielen!