FYI.

This story is over 5 years old.

Gesundheit

Wie Robotervaginas die Zukunft der Frauengesundheit verändern sollen

Damit angehende Ärzte die weibliche Anatomie in Zukunft noch genauer studieren können, arbeiten Forscher aktuell an einer medizinischen „Robotervagina.” Wir haben uns erklären lassen, wie das funktioniert.
Image by Joselito Briones via Stocksy

Medizinische Forscher aus London arbeiten derzeit an der Entwicklung einer Robotervagina—aber nicht so eine, wie du jetzt vielleicht denkst.

Bisher lernen Medizinstudenten die Untersuchung des Beckens anhand von Kunststoffmodellen aus Silikon und üben an bereitwilligen Patienten und freiwilligen Lehrassistenten, die geschult wurden, um ihnen Feedback zu geben.

Doch eine neue technologische Entwicklung könnte Studenten in Zukunft noch sehr viel genauer ausbilden und dabei helfen, Ärzte mit einem breiteren Spektrum an potenziellen Patienten und Erkrankungsfällen vertraut zu machen. Die „Robotervagina" wird anhand von 3D-Computermodellen geschaffen, die auf den medizinischen Scans realer Patientinnen basieren. Die Kombination digitaler Modelle und haptischer Robotersysteme—eine Technologie, mit der Berührungen imitiert werden können—erlaubt es Ärzten, ein virtuelles Gespür für unterschiedlich geformte Uteri, Zysten und andere vaginale Strukturen zu bekommen, bevor sie die Untersuchung an einem echten Menschen durchführen.

Anzeige

Die Lernenden können nicht nur ein Gespür für die normale, sondern auch für die anormale und erkrankte Anatomie sammeln.

Dr. Fernando Bello, Leiter des Forschungsteams am Imperial College in London, sagt, dass diese neue Technologie im Vergleich zu traditionellen Methoden zahlreiche Vorteile bietet. „Wir verfügen über eine unbegrenzte Fallzahl, weil wir eine große Zahl von Patienten scannen lassen können. Das bedeutet, dass die Lernenden nicht nur ein Gespür für die normale, sondern auch für die anormale und erkrankte Anatomie sammeln können."

Mehr lesen: Wie es ist, bei einer Virtual-Reality-Orgie dabei zu sein

Er erklärt auch, dass Robotersysteme ein sehr viel genaueres Feedback geben können. Die visuelle Komponente dieser Technologie hilft Studenten dabei, eine bestimmte Haptik mit dem entsprechenden Körperteil oder einer Zyste in Verbindung zu bringen, anstatt etwas zu ertasten und das Ertastete anschließend falsch zu interpretieren.

„Es kann beispielweise passieren, dass ein Student gefragt wird, ob er den rechten Eierstock spürt und er Ja sagt, obwohl er ihn in Wahrheit gar nicht spürt. Das System erkennt dagegen, ob dem so ist oder eben nicht."

Bello sagt, dass das System den Lernenden auch warnen kann, wenn er zu viel Druck ausübt, was bei Patienten zu Beschwerden führen könnte. Gleichzeitig warnt es aber auch, wenn man nicht genug Druck ausübt, um den Uterus oder andere Strukturen im Becken tatsächlich spüren zu können. Bello erklärt, dass zeitgleich Studien durchgeführt werden, die zeigen sollen, wie Gynäkologen tatsächlich zu Beckenuntersuchungsexperten werden.

Anzeige

Die Untersuchung des Beckens stellt Ärzte vor einzigartige Herausforderungen. Entsprechend war es auch nicht einfach, eine Technologie zu entwickeln, die Ärzten beibringt, wie diese durchgeführt werden muss. Eine besondere Herausforderung entsteht durch die Vielfältigkeit der Anatomie weiblicher Geschlechtsorgane.

„Was die Anatomie betrifft, gibt es jede Menge Unterschiede zwischen den einzelnen Patientinnen. Man muss die Unterschiede also wirklich verstehen lernen", sagt Bello. „Die Frage ist: Wie können wir Medizinstudenten beibringen, damit richtig umzugehen? Wir möchten in der Lage sein zu verstehen, wie dieser Lernprozess vonstattengeht und ihn in einem Robotersystem nachstellen."

Mehr lesen: Intime Einblicke—was wir von dem Sex-Selfie-Stick lernen können

Eine weitere Schwierigkeit, vor der die Entwickler des Systems stehen, hat mit dem Wohlbefinden der Patienten zu tun. Da die Untersuchung des Beckens in den meisten Fällen von Hand durchgeführt wird, muss Ärzten beigebracht werden, wie die Untersuchung vorgenommen werden muss, um sie zugleich für die Patientin so erträglich wie möglich zu gestalten. Doch gerade weil es unzählige anatomische Unterschiede gibt, ist es schwierig, Regeln festzulegen, die auf jeden gleichermaßen zutreffen.

„Man stellt schnell fest, dass es ein hohes Maß an normalen Variationen innerhalb des menschlichen Körpers gibt", sagt er. „Was die weibliche Anatomie betrifft, ist es so, dass diese unsichtbar bleibt—insbesondere bei Untersuchungen, die von Hand durchgeführt werden. Das heißt, die Untersuchung wird durchgeführt, ohne dass man etwas sehen kann."

Die Forscher hoffen aber, dass das neue Robotersystem Ärzten helfen wird, genauer mit ihren Händen „sehen" zu lernen, um Beckenuntersuchungen für Patientinnen nicht nur angenehmer, sondern auch präziser zu machen, sodass bereits frühe Anzeichen einer Erkrankung erkannt werden können.


Foto: imago | imagebroker