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Video von Tiermisshandlungen belegt den Fehler im System der Safari-Großwildjagd

Die geleakten Aufnahmen eines Jagdausflugs in Tansania zeigen, wie Babygazellen angeschossen, überfahren und vor Schmerz krümmend ihrem Tod überlassen werden.

Die Kunden der Firma Green Mile Safari genießen große Freiheiten. So sieht es zumindest auf den Motherboard vorliegenden Videoaufnahmen eines Jagdausflugs des tansanischen Tourenanbieters aus: Geschützte Tiere werden mit halbautomatischen Waffen gejagt, die Beute wird mit den Jeeps überfahren und vor ihrem Tod gequält.

Die Bilder sind so explizit und entsetzlich und die Vergehen so ungeheuerlich, dass sich der konkurrierende Tourenanbieter Dallas Safari Club, Teil des globalen Jagdverbandes Safari Club International, zu einem offenen Brief an den Tourismus- und Umweltminister Tansanias genötigt sah. Darin heisst es, dass „das Video ohne Frage einige der abscheulichsten Formen unmoralischen Jagdverhaltens und Tierquälerei zeigt, die jemals aufgenommen wurden."

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Es kann durchaus dafür argumentiert werden, dass eine kontrollierte und ethisch korrekt durchgeführte Jagd für den Artenschutz auch förderlich sein kann. Außerdem kann das Geschäft mit dem Abschuss zweifelsohne Geld und idealerweise auch eine gewisse Gerichtsbarkeit in die Jagdgegenden bringen. Gebiete, die häufig zu den ärmsten Regionen des Kontinents zählen und in denen Landwirtschaft nicht möglich ist, sollen so dabei unterstützt werden die illegale Wilderei einzudämmen.

Im Falle von Green Mile Safari in Tansania geht diese Rechnung definitiv nicht auf.

Das „Highlight"-Video aus dem Jahre 2012 zeigt, wie Firmenvertreter von ihren Jeeps aus auf Wildtiere schießen, eine Babygazelle überfahren, junge Kinder auf die Tiere feuern lassen und ein Babyzebra fangen, welches sie dann quälen, während es weint und zu flüchten versucht. Quellen geben an, dass es sich bei dem Video um Werbematerial handeln soll, und dass es Teil eines längeren ungeschnittenen zwei Stunden Videos sei. Die Firma Green Mile Safari selbst gehört höchstwahrscheinlich Awadh Ally Abdullah und Abdullah Bin Butti Alhmaed aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo auch ihre Webseite gehostet wird. (Update: Inzwischen wird die Seite scheinbar in den USA gehostet.)

Auf den Green Mile Safari Trips schauen die Jäger den Tieren in mehren Fällen dabei zu, wie sie leiden und langsam verenden. An einer Stelle in dem Video schießt ein Jäger schließlich aus wenigen Metern auf ein sich vor Schmerz krümmendes Zebra mit einem auf einem Stativ montierten Gewehr.

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„Die Jäger benehmen sich hier wie auf ihrem persönlichen Spielplatz", sagte mir Mary Rice die Leiterin der NGO  Environmental Investigation Agency: „Wir verurteilen den Missbrauch, der hier stattfindet."

Die Vergehen kamen bereits im März ans Licht. Green Mile Safari soll laut verschiedenen tansanischen Medien über gute politische Verbindungen verfügen. Das Unternehmen durfte seine Jagdlizenz bis zum Juli behalten. Die Aufnahmen selbst wurden vom Dallas Safari Club und Mitgliedern des tansanischen Parlaments eingesehen, aber wurden bis jetzt noch nicht veröffentlicht. Damals gab Peter Msigwa, Stellvertreter im Ministerium für natürliche Ressourcen und Tourismus, zu Protokoll:

„Unser Land und seine Ressourcen gehören allen Bürgern Tansaniers. Es ist jeglichen Personen und lokalen oder globalen Unternehmen verboten unsere Ökonomie durch die Zerstörung unserer Ressourcen zu manipulieren."

Green Mile möchte den Verlust ihrer Lizenz nicht so einfach hinnehmen: Sie haben der Regierung mit Klage gedroht, und es besteht tatsächlich eine Chance, dass sie die Auseinandersetzung gewinnen könnten. Nachdem das tansanischen Parlament die Videoaufnahmen gesehen hatte, kam es zunächst zu keinen Sanktionen. Das könnte auch daran liegen, dass Green Mile durch die Unterstützung der Eigentümer aus den Vereinigten Arabischen Emiraten finanziell sehr gut aufgestellt ist. Erst durch den mehr oder weniger direkt von Minister Nyalandu angeordneten Entzug der Lizenz endeten die Jagdausflüge.

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Unsere Anfragen an Msigwa und Nyalandu blieben unbeantwortet. Ein Vertreter von Green Mile wartet jedoch mit der etwas überraschenden Erklärung auf, dass die Regierung und der Dallas Safari Club für die Misshandlungen verantwortlich seien.

„Green Mile Safari Co. Ltd wundert sich außerdem, warum die Misshandlungen in Anwesenheit professioneller Jäger und Regierungsbeamter passieren konnten", erklärte die Firma mir per E-Mail. „Die sogenannten ‚Misshandlungen wilder Tiere', die in dem Video zu sehen sind, wurden von unseren Konkurrenten in den USA gut geplant. Die Gründe dafür wissen wohl nur sie selbst."

Der Dallas Safari Club stand selbst Anfang des Jahres in der Kritik, als sie den Abschuss eines der seltenen Spitzmaulnashörner an höchstbietend versteigerten. Es gibt allerdings keine Hinweise darauf, dass der Club für Misshandlungen in einem Ausmaß, wie in dem obigen Video verantwortlich ist. Tatsächlich lassen sich keine Hinweise auf vergleichbare Übergriffe finden. Der Chef des Dallas Safari Clubs Ben Carter erzählte mir:

„Dies ist ein Video, dass sie für ihre Jagd entwickelt und produziert haben. Wir finden nicht, dass es zeigt, worum es beim Jagen geht, und dass es ein besonders gutes Licht auf die Jagdcommunity wirft. Immer wenn wir von solchen Dingen erfahren, werden wir darüber Bericht erstatten."

Die Vertreter von Green Mile verneinten nicht, dass sich die Misshandlungen während eines von ihnen finanzierten Jagdausflugs ereigneten. Sie gaben lediglich an, dass sie erst durch den Dalles Safari Club davon Kenntnis erhalten hätten.

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Mary Rice von der Environmental Investigation Agency gab mir zu verstehen, dass letztlich Green Mile für die Handlungen während der Jagd verantwortlich gemacht werden sollte:

„Auch wenn die Kunden in die Vergehen involviert sind, so müssen letztlich die Jagdfirmen haftbar gemacht werden. Bei einer professionellen Jagd wird das Tier zu Fuß verfolgt und mit einem Schuss getötet. Wenn der Kunde es nicht schafft, dann steht ein professioneller Jäger vor Ort bereit, um das zu übernehmen."

Der vorliegende Fall zeigt eindeutig das krasse Gegenteil. Es zeigt sich, dass die schlechte Regulierung letztlich dazu führen kann, dass die Jagd für viele Nichtjäger mit Tiermisshandlungen in einen Topf geworfen werden wird, selbst wenn es auch zahlreiche Jagdtouren gibt, die mit großer Vorsicht vorgehen.

Das Problem ist selbstverständlich nicht auf Tansania beschränkt. Auch wenn es zahlreiche wohlorganisierte Safarijagdanbieter gibt, so hat die eingeschränkte Regulierung und Strafverfolgung zu Korruption, Misshandlungen und eigenartigen Auswüchsen verteilt über die gesamte Industrie geführt. In einem prominenten Fall wurde ein Nashornhändler verhaftet, der Prostituierte dafür bezahlt hatte als Jäger zu posieren.

Die Kritik an Tiermisshandlungen kann in Tansania leider auf eine lange Geschichte zurückblicken und Anekdoten von solchen Ereignissen, wie sie in dem obigen Video zu sehen sind, kursieren schon länger. Dennoch markieren die Videoaufnahmen einen seltenen, möglicherweise ersten, definitiven Beleg für die Misshandlungen, die auf Safaritouren auftreten können.

Leider werden es wohl nicht die letzten Bilder dieser Art sein, die wir zu sehen bekommen: „Wir vermuten jetzt, dass solche illegalen Praktiken auch bei vielen weiteren Firmen auftreten", sagte Msigwa im vergangenen Monat.

Update: In einer früheren Version hieß es, dass die mutmaßlichen Besitzer von Green Mile Safari aus Saudi Arabien und nicht aus den Vereinigten Arabischen Emiraten kämen. Den Fehler haben wir korrigiert.