Die Leute, die sich auf Social Media für Prominente ausgeben
Illustration by Tuesday Bassen

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Die Leute, die sich auf Social Media für Prominente ausgeben

Twitter und Instagram sind übersät mit Fake-Accounts von Berühmtheiten. Wir haben zwei der Faker gefragt, was sie dazu bewegt, sich die digitale Star-Maske aufzuziehen.

Es ist kein Geheimnis, dass Twitter und Instagram die wichtigsten Quellen für Promi-News sind. Immerhin waschen Leute wie die Kardashians, Taylor Swift und Katy Perry in sozialen Netzwerken ihre schmutzige Wäsche (und die ihrer jeweiligen Liebhaber und Feinde). Also schauen wir auch als erstes hier vorbei, wenn wir uns fragen, was in der Welt der Berühmtheiten gerade so passiert, ob wir uns gerade im Bus die Zeit vertreiben oder versuchen, der grauen Realität des Büros zu entfliehen.

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In meiner Arbeit als Entertainment-Journalistin achte ich sehr genau auf perfekte Rechtschreibung, richtige Grammatik und zutreffende Darstellung der Tatsachen. Dementsprechend war ich auch entsetzt, als mir meine Redakteurin vor kurzem sagte, ich müsse einen Tweet ändern, den ich in einem Artikel zitiert hatte, denn der Tweet sei von einem Fake-Account. So etwas macht sich nicht gut. Ich fing an, mich zu fragen, wie viele Accounts, denen wir auf Instagram und Twitter folgen, wohl gefälscht sind. Was motiviert jemanden dazu, sich hinter der Fassade eines Stars zu verstecken?

Laura, eine 20-jährige Studierende, betreibt einen Twitter-Account, der Perrie Edwards von Little Mix (@FakePerrieLM) gewidmet ist und 3.300 Follower hat. Sie gibt zu, dass es sich dabei um einen privaten Raum handelt, von dem ihre echten Freunde nichts wissen und in dem sie sich ausdrücken kann—und sie tweetet als Ewards (oder wie sie sich vorstellt, dass Edwards tweeten würde).

„Ich kann mich sehr gut mit Perrie identifizieren", sagt sie. „Wir haben viel gemeinsam. Gleichzeitig glücklich und traurig sein—das sehe ich in Perrie, und so bin ich auch. Das ist einer der Gründe, warum sie mein Vorbild ist. Es ist also auf jeden Fall eine Hommage an sie. Als sie und Zayn Malik sich getrennt haben, habe ich es ziemlich schlecht verkraftet, weil ich mich fühle, als ‚wäre' ich sie—aber ich bin langsam darüber hinweggekommen und jetzt geht es wieder."

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Der für Edwards ist nicht der erste Promi-Rollenspiel-Account, den Laura eingerichtet hat. Sie tut seit 2009 auf Social-Media-Seiten so, als sei sie diverse Stars, angefangen mit Taylor Swift und Demi Lovato. „Ich sehe es als Hobby", erklärt sie. „Manche Leute spielen gerne Fußball, und ich mache eben das hier in meiner Freizeit. Es hilft mir dabei, zu entspannen und meinem echten Leben zu entkommen.

Thanks to Fabulous for making me woman of the year. Means a lot. — Queen. (@FakePerrieLM)December 15, 2015

„Ja, es hat Leute gegeben, die meinen Account für Perries echten gehalten haben, aber das ist nicht meine Absicht", fügt sie hinzu. „Ich habe das Wort ‚Fake' in meinemNutzernamen und die Tatsache, dass ich Rollenspiel betreibe, steht in der Bio. Ich denke, es gibt einen Unterschied zwischen Rollenspiel und absichtlichem Reinlegen, denn das könnte der Person schaden, für die man sich ausgibt. Rollenspiel dagegen ist einfach zum Spaß, eindeutig fake, aber unterhaltsam."

Manche dieser Accounts verfolgen deutlicher die Absicht, Fans hinters Licht zu führen. Der falsche Account von Ed Sheeran, den ich versehentlich zitiert hatte, sah ziemlich stark nach dem echten aus, mit derselben Farbkombination und demselben Profilbild.

I miss Zayn

— Ed Sheeran (@EdShreean)December 12, 2015

Der Hochstapler @EdShreean hat mehr als 22.000 Follower, von denen viele vermutlich genau so unachtsam durch Twitter scrollen wie ich. Auf Twitter kann man schnell mal 22.000 Follower mit 22 Millionen verwechseln, weil die Seite die Followerzahl nicht ausgeschrieben, sondern mit jeweils einem Buchstaben für Tausender oder Millionen angibt.

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Ich bin nicht die einzige Journalistin, die sich von einem falschen Promi-Account hat täuschen lassen. Im Juli berichtete MailOnline, der Empire-Darsteller Derek Luke habe gegen Instagram-Follower gewettert, die den schwarzen Schauspieler für seine Ehe kritisierten, weil seine Frau nicht schwarz ist. Doch Luke ist gar nicht auf Instagram. Ein Account mit 86.000 Followern namens @iamderekluke gibt sich aktuell als der Schauspieler aus, indem er dort zum Beispiel Backstage-Fotos von einem Auftritt in der TV-Show The View mit Whoopie Goldberg oder Bilder von Luke mit seinen Empire-Kollegen postet.

Doch es war der Post mit einem Foto von Luke mit seiner Frau, Sophia Luke, der so viel Aufmerksamkeit erregte.

Darunter stand: „Meine Frau mag nicht schwarz sein, aber sie ist mein. Sie ist mein und sie hat ein Herz aus Gold. Die Leute urteilen so schnell, aber sie können nicht einmal sehen, welche Hautfarbe jemand hat. Sophia Luke ist Hispanic. Sie ist nicht weiß, sie ist nicht schwarz, sie ist nicht chinesisch, sondern Hispanic. Und sie ist mein!!"

Der Post hat bis dato 6.500 Likes und hat eine riesige Diskussion in den Kommentaren nach sich gezogen. Natürlich ist Luke darüber nicht gerade erfreut. „Jemand versucht, mir in mein Leben zu pfuschen", sagte er Access Hollywood. „Diese Person hat in meinem Namen Leute zu Vorsprechen eingeladen. Das ist verrückt. Sie hat geschrieben, meine Frau und ich hätten ein Kind, doch das haben wir noch nicht."

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Sind diese Fake-Accounts leicht zu erkennen? Es kommt ganz darauf an, wie viel Arbeit die Faker investieren. Derek Lukes falscher Account ist extrem gut gemacht, jedes Foto hat eine persönliche und emotionale Bildunterschrift. Und wenn eine Klatschseite vom Kaliber von MailOnline sich davon täuschen lässt, dann haben wir ein Problem.

Ich habe versucht, den falschen Derek Luke sowie den falschen Ed Sheeran anzuschreiben, doch es scheint so, als seien die größeren Hochstapler nicht an Gesprächen interessiert—ich schätze, das würde ihre Masche ruinieren. Doch die Betreiber der deutlich als solche ausgewiesenen Rollenspiel-Accounts waren um einiges offener, was ihre Motivationen anging.

Jennifer (20) betreibt einen Account für Cheryl Fernandez-Versini auf Twitter,@Cheryl_RP. Sie hat etwa 800 Follower. Zwar ist ihr Account keine direkte Kopie des echten, doch Jennifer kann dort Cheryl „sein"—sie postet Fotos von der Sängerin, die ihr gefallen, und interagiert mit ihren Followern als „Cheryl".

It's great when you tell someone your feelings for them. It lets them know that they should stop talking to you

— Cheryl (@Cheryl_RP)December 14, 2015

„Dort kann ich meine Besessenheit für Cheryl ausleben und Fotos von ihr posten. Ich bin schon seit langer Zeit ein Fan von Cheryl und ihrer Band Girls Aloud und ja, ich liebe Cheryl", sagt sie. „Sie hat mir geholfen, mich selbst mehr anzunehmen. Manchmal mache ich auch mit anderen Accounts ein bisschen Rollenspiel", fährt sie fort. „Ich hätte liebend gern mehr Follower. So kann ich mein Publikum vergrößern und neue Leute kennenlernen. Ich fühle mich dadurch wie etwas Besonderes. Ich fühle mich so besser, weil ich ehrlich gesagt im echten Leben nicht viele Leute zum Reden habe." Dr. Elle Boag, eine Dozentin für Sozialpsychologie an der Birmingham City University, bestätigt, dass Menschen möglicherweise gerne im Internet Promis imitieren, weil sie sich in ihrem eigenen Leben langweilen oder einsam fühlen.

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„Die Leute werden einsam. Vielleicht haben sie keinen großen Freundeskreis und denken, dass sie andere Menschen anziehen können, indem sie sich für jemand anderen ausgeben. Prominente haben einen gewissen Status, also können die Leute durch Imitation schnell positive Reaktionen erhalten. Wir, die restliche Bevölkerung, führt in der Regel eher ein langweiliges Leben. Es ist eine Form des Eskapismus und eine Erweiterung der Fan Fiction."

Laura und Jennifer führen mit ihren Accounts nichts Böses im Schilde, doch manche Leute, wie der falsche Derek Luke, haben eben doch schädliche Absichten. Zwar gibt es auf dem Fake-Account auf Instagram keine negativen Posts über ihn, doch er hat Presse für den Schauspieler generiert, die dieser niemals wollte.

„Es gibt auch die Menschen mit bösen Absichten", erklärt Boag. „Sie denken sich: ‚Was dieser Star hat, will ich auch'. Das sind die richtigen Hochstapler."

„Manche Leute lieben es, zu lügen und andere zu manipulieren—sie finden es unterhaltsam und es gibt ihnen ein Gefühl von Macht. Online kannst du absolut jede Person sein. Warum nicht ein Star? Vielleicht bist du eine 45-jährige Hausfrau, die sich zu Tode langweilt, aber du tust in deiner Freizeit so, als seist du Justin Bieber. Es ist eine Realitätsflucht."

Und wie stehen die sozialen Netzwerke offiziell zu solchen Accounts? Als ich bei Twitter nachfragte, erklärte mir die Kontaktperson, Parodie-Accounts seien erlaubt, doch hierbei müsse es klar sein, dass es sich um einen Fake handelt.

„Es ist gegen die Regeln von Twitter, sich für eine andere Person auszugeben", sagte man mir. „Twitter-Accounts, die eine andere Person auf verwirrende oder absichtlich täuschende Art darstellen, können den Twitter-Regeln entsprechend permanent suspendiert werden." Die Nutzungsbedingungen von Instagram sehen ähnlich aus, doch der falsche Derek Luke treibt weiter munter sein Unwesen.

Zwar behaupten Social-Media-Seiten, sie würden Hochstapler-Accounts ernstnehmen, doch es sieht aus, als könnten sie noch ein bisschen strenger werden. Ich schätze, es kommt darauf an, wie weit Fans mit ihrer Liebe zu ihrem Idol gehen—manche wünschen sich vielleicht einfach nur, ihr Lieblingsmitglied von Little Mix zu sein, doch andere greifen in das Leben der Prominenten ein. Das nächste Mal solltest du also vielleicht ein bisschen genauer hinsehen, bevor du auf „Folgen" klickst.