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Wir sind alle Homolobby

Heute Nacht wurde auf die Rosa Lila Villa an der Wienzeile „töte Schwule“ gesprayt. Es reicht!

Fotos mit freundlicher Genehmigung der Villa-Bewohner

Heute Nacht wurde auf die Rosa Lila Villa an der Wienzeile auf Deutsch und Serbisch „töte Schwule“ gesprayt. Daneben ein Fadenkreuz. Am Sonntag soll in Belgrad eine Pride Parade stattfinden, die schon mehrmals wegen gewalttätiger Übergriffe von Neonazis und Hooligans abgesagt werden musste. „Natürlich ist das unheimlich“, sagen die Bewohner, als sie heute zusammen die Schmierereien übermalen. Aber diese Homphobie ist nichts, das in Ausnahmefällen um 5 Uhr nachts an Hauswände gesprüht wird.

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Wenn ein Johann Gudenus in Moskau und aller Öffentlichkeit im Namen von Österreich gegen Nato, EU und die „Homolobby“ wettert, dann schlägt das zwar Wellen und für ein paar Tage regen sich Politiker und Medien auf—aber danach … nicht viel. Popularität hat Gudenus nicht verloren und auch die mögliche Nachfolge als FPÖ-Chef hat ihn diese Aussage nicht gekostet. Homophobie ist bei uns so alltäglich und akzeptiert wie der alltägliche Rassismus.

Ich freue mich jedes Mal, wenn ich an der Villa vorbeigehe, weil es mich freut, dass es in Österreich so ein Haus geben kann. Aber dieser Gedanke ist völlig absurd. Es sollte kein Haus mehr geben müssen, das zeigt: Hier sind wir. Wir sind homosexuell, in der Mitte der Gesellschaft und müssen uns nicht verstecken. Es kann doch nicht sein, dass wir 2014 noch Aufsehen um Outings machen müssen. Ellen Page ist lesbisch, oh Gott. Ist das nicht scheiß egal? Wenn sich ein ehemaliger (!) Fußballer outen möchte, bespricht er das ewig mit seinem Umfeld, weil er nicht weiß, was das für Auswirkungen haben wird. Von einem noch aktiven Fußballer brauchen wir gar nicht reden. Als der Truck der Grünen mit Ulrike Lunacek auf der Regenbogenparade mit Buttersäure beworfen wurde, gab es im Internet wenig Mitgefühl für Lunacek. Viele schrieben, die „Lesbe hätte es verdient.“

Es geht uns nichts an, in welche Menschen sich der Nachbar verliebt, es geht uns nicht einmal was an, in welchen Menschen sich Sohn, Mutter oder Bruder verlieben. Und während ich meine Wut in diesen Artikel packe, werde ich immer wütender, weil ich mir ganz naiv wünsche, in einer Welt zu leben, in der man erwachsenen Menschen nicht sagen muss, dass man einen Menschen nicht dafür diskriminiert, dass er auf Gleichgeschlechtliche steht. In einer Welt, in der der Großteil sieht, wie verrückt es ist, wenn sich Politiker zusammensetzen, um darüber zu diskutieren, ob man zwei Frauen erlauben soll, dass sie sich heiraten oder nicht.

Es zerstört eure Familien nicht, Kinder werden von zwei Vätern nicht schlechter erzogen, als von Mutter und Vater und eure Kinder werden nicht hetero, nur weil ihr Homosexualität nicht akzeptiert—hört auf, euch vor einer „Homo-Lobby“ zu fürchten! Wer keine anderen Probleme im Leben hat, geht auf die, über die es sich leicht herziehen lässt. Möge es die Stammtisch-Runde zusammenschweißen, wenn sie über Schwule und Lesben schimpft und gleichzeitig die IS als mittelalterlich bezeichnet. Aber diese Homophobie hat nichts in der Gesellschaft, in der Politik und auf Hauswänden verloren.

SPÖ und vor allem ÖVP sind zu vorsichtig, was diese Themen angeht. Vielleicht weil sie Angst haben, Stimmen an die FPÖ zu verlieren. Wähler gewinnt man meistens nicht, wenn man sich für Minderheiten einsetzt. Es braucht mehr Rupprechters in den großen Parteien, die ihren Standpunkt dann auch beibehalten und verteidigen. Aber so lange in der Politik zu wenig passiert, werden Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert. Es ist höchste Zeit, dass nicht mehr nur die Minderheiten für ihre Rechte kämpfen, sondern auch die, die nicht mehr daneben stehen können und bei dieser Ungerechtigkeit zusehen wollen—damit den folgenden Generationen eine Ignoranz gegenüber Homosexualität (und allem, was dazugehört) so fern ist, wie sie sein sollte.

Hanna auf Twitter: @hhumorlos