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Verhütung

Geschlechtsneutral, hormonfrei: Diese Methode könnte Verhütung revolutionieren

Forscher arbeiten an einem Stoff, der nicht nur bei Männern und Frauen funktionieren würde, sondern auch die Pille danach ersetzen könnte.
Photo by Marcel via Stocksy

Die Suche nach einer Verhütungsmethode für den Mann gestaltet sich sehr viel schwieriger als erwartet. Forscher arbeiten schon seit Jahren an einer Pille für den Mann, bisher allerdings ohne Erfolg. Der vielversprechendste Ansatz ist momentan noch Vasalgel, das sich im Rahmen von Tierversuchen als äußerst wirkungsvoll erwiesen hat. Andere verheißungsvolle Alternativen sind hingegen schon während ihrer Entwicklung auf Schwierigkeiten gestoßen. Im vergangenen Jahr beispielsweise scheiterte eine bahnbrechende Studie zu Verhütungsspritzen für den Mann unter anderem daran, dass die Probanden nicht mit lästigen Nebenwirkungen wie Stimmungsschwankungen und Akne klarkamen.

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Forscher der University of California in Berkeley wollen deswegen einen ganz neuen Ansatz verfolgen. Und der klingt ziemlich vielversprechend.

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Spermien haben einen Ruderschwanz, ähnlich wie Kaulquappen. Dieser dient nicht nur zur Fortbewegung, sondern hilft ihnen auch dabei, in die Eizelle einzudringen und sie zu befruchten. Die Bewegung selbst wird dadurch ausgelöst, dass das Spermium auf dem Weg zur Eizelle in Kontakt mit Progesteron kommt, wodurch sich die sogenannten "Kationen-Spermien-Kanäle" in der Membran des Ruderschwanzes öffnen. Die Berkeley-Wissenschaftler haben nun vermutlich einen Methode gefunden, um diesen Mechanismus zu unterbinden.

"Das Kalzium, das innerhalb der Zelle in einer hohen Konzentration vorkommt, hat zwei entscheidende Aufgaben: Zum einen steuert es die Bewegungen des Spermienschwanzes, sodass die Zelle den Antrieb bekommt, den sie braucht, um sich durch den weiblichen Reproduktionstrakt zu bewegen und die äußere Schutzhülle der Eizelle zu durchdringen", erklärt Melissa Miller, eine der Autorinnen der Studie. "Zum anderen stimuliert es die Ausschüttung von Enzymen, die dabei helfen, Löcher in die äußere Schicht der Eizelle zu bohren, um den Spermien den Zugang zu erleichtern. Im Menschen wird diese Vorgangsreihe durch das Hormon Progesteron ausgelöst." Bisherige Studien konnten bereits zeigen, dass Veränderungen in bestimmten Proteinen in den Kationen-Spermien-Kanälen im Zusammenhang mit Unfruchtbarkeit stehen können.

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Seit bekannt ist, dass Progesteron die Kationen-Spermien-Kanäle aktiviert, haben Wissenschaftler versucht herauszufinden, ob es einen Wirkstoff gibt, mit dem dieser Mechanismus blockiert werden kann. Dabei stellten sie fest, dass konzentriertes Lupeol – ein sekundärer Pflanzenstoff, der unter anderem auch in Oliven, Mangos und Trauben vorkommt – verhindern könnte, dass Spermien den nötigen Antrieb bekommen, um in die Eizelle eindringen zu können.

Diese Erkenntnis könnte den Weg zu einem neuen geschlechtsunabhängigen Verhütungsmittel ebnen, dessen Wirkung darauf basieren würde, dass die Aktivierung der Mechanismen durch das Progesteron blockiert wird. Bei Frauen wäre die Wirkung ähnlich wie bei der Pille danach – mit dem einzigen Unterschied, dass es nur vor der Befruchtung beziehungsweise sechs Stunden nach dem Sex wirksam wäre. Bei Männern könnte das Ganze so ähnlich funktionieren wie bei der Pille. "Man muss sich die Spermien wie kleine Postboten vorstellen: Es ist vollkommen egal, ob der Lieferwagen direkt vor der Post oder erst unterwegs schlapp macht – er wird seine Pakete so oder so nicht ausliefern können", sagt Miller.

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Im Gegensatz zu der Verhütungsspritze für den Mann, die im vergangenen Jahr erforscht wurde, könnte dieses Methode sehr viel weniger Nebenwirkungen haben. Sicher können sich die Forscher allerdings erst sein, "wenn wir tatsächlich ein Medikament in den Händen halten und Studien durchführen können", erklärt Miller.

"Dennoch ist der Ansatz überaus vielversprechend, weil wir einen Mechanismus beeinflussen, der nur in den Spermien vorkommt", sagt sie. "Das würde die möglichen Nebenwirkungen auf ein Minimum beschränken."

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Titelfoto: Alani Cruz | Flickr | CC BY-ND 2.0