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Sex

Die wachsende Online-Fangemeinde anonymer Penisfotos

Genau wie One-Night-Stands sind auch Penisfotos etwas, das viel mehr Frauen genießen könnten, wenn es nicht so viele gruselige Männer gäbe, die es ihnen ruinieren.
Illustration by Vivian Shih

Ashley* besucht regelmäßig einschlägige Subreddits und Twitter-Accounts wie "CocksDaily", die eine Sache gemeinsam haben: Sie befriedigen die Bedürfnisse ihrer Besucher, die sehnlichst auf der Suche nach Dickpics sind.

"Eigentlich schaue ich mir [zum Masturbieren] in 90 Prozent der Fälle Penisbilder an", sagt die 24-Jährige im Gespräch mit Broadly. "Ich stehe nicht auf Pornos, weil man dabei immer noch das dumme Gesicht der Männer sehen muss. Bei Penisbildern kann ich mir vorstellen, wen ich möchte. Ich kann sogar nach einem Penisbild suchen, das meinem Freund ähnlich sieht."

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Kate, 24, ist ein großer Fan des Subreddits "Ladyboners gone wild". Sie schätzt die expliziten Fotos, weil sie sie an ihre sexuellen Erfahrungen erinnern und bekommt dabei manchmal regelrecht nostalgische Gefühle. Außerdem sei es interessant, wie unterschiedlich Penisse aussehen können. "Ich muss ganz oft denken: 'Interessante Vorhaut!', 'So einen Hoden habe ich ja noch nie gesehen!' oder 'Wie sich so eine extreme Krümmung wohl anfühlt?'"

Mit dem Aufstieg von Online-Dating, Snapchat und anderen digitalen Medien, über man Fotos teilen kann, wurden auch die ungebetenen Penisfotos immer mehr. Mittlerweile gibt es diverse Artikel, die sich diesem Thema widmen, und unzählige Listicles über Frauen und ihre "perfekte Antwort" auf die intimen Aufnahmen. Außerdem haben Penisfotos zu einem ganz neuen Verständnis von sexueller Belästigung im digitalen Zeitalter geführt. Der allgemeine Konsens: Das Versenden von ihnen ist im besten Fall widerlich und im schlimmsten Fall eine Form von sexueller Aggression. Ryan Reynolds hat sogar mal gesagt, dass ihm "keine schlimmere Drohung einfallen würde, als einer Frau ein Bild von einem Penis zu schicken".

In mehr als 98 Prozent der Kommentare geht es darum, wie gut sie das Teil des Nutzers finden und was sie gerne damit machen würden.

Natürlich sind Penisbilder nicht per se ungewollt oder übergrifflich: Wie bei jeder sexuellen Begegnung kommt es darauf an, dass es einvernehmlich ist. "Jemandem unaufgefordert Penisbilder zuzuschicken, ist in etwas so, wie wenn man jemandem auf der Straße hinterher pfeift", erklärt Sexualerzieherin und -therapeutin Aida Manduley. "Man demonstriert seine Dominanz, bringt sein sexuelles Interesse zum Ausdruck, entmenschlicht seinen Gegenüber und stellt das eigene Ego in den Mittelpunkt. Man erzwingt eine Reaktion, straft die Sexualität seines Gegenübers ab (vor allem, wenn Männer lesbischen Frauen Penisbilder schicken), befriedigt seine eigenen exhibitionistischen Bedürfnisse oder versucht sogar, ein Nacktbild von seinem Gegenüber zu erzwingen", erklärt sie.

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Superdude4agze ist einer der Moderatoren des Subreddits /r/penis. Er betrachtet solche Foren als gesunde Alternative zum Verschicken von Aufnahmen, nach denen niemand gefragt hat. Allerdings glaubt er auch, dass es für viele gerade die fehlende Einvernehmlichkeit ist, die den Reiz an Dickpics ausmacht. Eine Einschätzung, die Manduley teilt: "Online-Foren, in denen Penisbilder einvernehmlich geteilt werden können, helfen nur Menschen, die die Bilder von vornherein nicht unaufgefordert verschicken würden."

Die Online-Foren bieten also nicht allen Männern einen Anreiz, um damit aufzuhören, Frauen unaufgefordert und ohne Vorwarnung Fotos von ihren Genitalien zu schicken. Allerdings stellen sie ein gesundes Ventil für Männer dar, die ihre exhibitionistische Seite erforschen wollen. "Ich würde nie unaufgefordert, Nacktbilder von mir verschicken. Ich habe meine Nacktfotos auch immer nur auf Seiten wie Tumblr geteilt", sagt Robbie, 34. Er postet regelmäßig Penisbilder in mehreren Subreddits. "Es macht viel mehr Spaß, wenn Leute auf einen zukommen, denen die Bilder gefallen."

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In Robbies Fall bieten ihm die Foren eine sexuell und körperlich positive Erfahrung. Ein weiterer Vorteil ist aber auch, dass es "Menschen helfen kann zu verstehen, wie unterschiedlich Genitalien aussehen können", sagt Manduley.

In der Popkultur werden Penisbilder immer durch einen übertriebenen Ekel begleitet. In einer Folge von Girls reichen die Protagonistin und ihre Freundinnen hämisch die explizite Nachricht eines Sexpartners herum. Außerdem gibt es ein virales Video, das die Reaktionen von Frauen auf Penisbilder zeigt – die ebenfalls nicht sonderlich euphorisch ausfallen.

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Solche Reaktionen vermitteln den Eindruck, Frauen selbst hätten absolut kein Interesse daran, sich Fotos von Penissen anzugucken. "Die Mehrheit der Reaktionen ist überaus nett und positiv", betont Superdude4agze. "Ich würde sagen, in mehr als 98 Prozent der Kommentare geht es darum, wie gut sie das Teil des Nutzers finden und was sie gerne damit machen würden."

Sie zeigen die Männer, mit denen ich geschlafen habe beziehungsweise schlafen werde – mit Muttermalen und Bierbäuchen und so weiter.

Ben*, 21, holt sich von den begeisterten Reddit- und Tumblr-Nutzern "Bestätigung und Erregung". Robert*, 31, genießt Kommentare wie: "Du unanständiger sexy Schweinehund" oder "Was ich alles geben würde, damit du an meinem Ohrläppchen knabberts und mit meinen Brüsten spielst".

Auch die Tatsache, dass die Seiten nicht nur idealisierte Penisse zeigen, gefällt vielen Nutzern. "Ich finde es schön, dass sie nicht nur hübsche, unrealistische Pornopenisse zeigen", sagt Ashley. "Stattdessen sehen sie ganz normal und unvollkommen aus – ich liebe das." Die Fotos würden – von Muttermal bis Bierbauch – die Art von realistischem Mann zeigen, mit der sie schläft. "Das macht es einfacher, mich damit zu identifizieren."

Die Möglichkeit, jemanden persönlich nach einem Penisbild zu fragen oder aktiv danach zu suchen, gibt Frauen die Möglichkeit, einen Aspekt ihrer Sexualität zu erforschen, der häufig keine Berücksichtigung findet. Das liegt vor allem an der vorherrschenden Meinung, Frauen wären weniger an Sex interessiert und weniger visuell. Wenn alle Beteiligten es gleichermaßen genießen, kann es allerdings eine sehr positive Erfahrung sein, Penisbilder zu posten. "Es hat etwas ausgleichendes und fast schon feministisches [mir Penisbilder anzusehen], wenn ich Lust habe. Es ist ein sehr bestätigendes Gefühl, die Entscheidungsgewalt zu haben – das ist etwas komplett anderes, als unaufgefordert Penisbilder zugeschickt zu bekommen", sagt Ashley.

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Außerdem glaubt sie, dass viel mehr Frauen auf Penisbilder stehen, als man denkt: "Ich hoffe, dass sich Frauen aufhören sich dafür zu schämen und anfangen zu akzeptieren, was sie mögen." Vielleicht sind unserer polarisierenden Meinungen zu Genitalien-Selfies aber schon Beweis genug dafür, dass unsere sexuellen Vorlieben von Kontext und Konsens abhängig sind. Genau wie One-Night-Stands sind auch Penisbilder etwas, das viel mehr Frauen genießen könnten, wenn es nicht so viele gruselige Männer gäbe, die es ihnen ruinieren.

"Wenn wir mehr auf die Bedürfnisse und Wünsche von Frauen hören würden und offener über Sexualität sprechen könnten, dann würde es auch Frauen leichter fallen zu sagen, was sie wollen", sagt Manduley. "Ob das nun Penisfotos, Bondage oder Blümchensex ist."


*Namen wurden geändert.