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Wissenschaft

Dein Hund erinnert sich an viel mehr, als du denkst

Wegweisende Untersuchungen zeigen, dass das Erinnerungsvermögen von Hunden dem unseren ähnlicher ist als bisher gedacht. Du willst also vielleicht noch mal darüber nachdenken, ob es eine gute Idee ist, vor deinem felligen Freund Sex zu haben.
Photo by Marija Kovac via Stocksy

Schlechte Nachrichten für Tierliebhaber, die bisher kein Problem damit hatten, im Beisein ihrer Haustiere Sex zu haben: Dein Hund beobachtet dich und erinnert sich wahrscheinlich ganz genau daran, was du getan hast.

Eine neue Untersuchung der Comparative Ethology Research Group aus Budapest hat herausgefunden, dass Hunde ein sehr viel besseres Erinnerungsvermögen haben, als wir uns bisher vorstellen konnten. Diese Ergebnisse könnten grundlegend verändern, wie wir mit tierischer Intelligenz—insbesondere der von Hunden—umgehen.

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„Wir haben herausgefunden, dass Hunde ein episodisches Gedächtnis haben", sagt Dr. Claudia Fugazza, die das Forschungsteam geleitet hat. Das bedeutet, dass sich auch an Dinge erinnert wird, von denen das Gehirn im jeweiligen Moment nicht geglaubt hat, dass sie wichtig sind.

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Bei einem Menschen wäre das beispielsweise die Erinnerung daran, was du gestern gefrühstückt hast, oder ein Treffen mit einer Person, von der du nicht ausgehst, dass du sie jemals wiedersiehst. Diese Art von Erinnerung verblasst normalerweise recht schnell. Die meisten Leute haben Probleme damit, sich an ihr Frühstück von gestern zu erinnern, weil es nicht wichtig ist—und dementsprechend auch von unserem Gehirn eingeordnet wird.

Das episodische Erinnerungsvermögen eines Hundes zu testen ist alleine schon deshalb schwierig, weil Tiere nicht unsere Sprache sprechen. „Weil wir den Hunden keine Fragen stellen konnten, musste ihr Verhalten als Antwort herhalten", erklärt Fugazza. Ihr Team hat den Hunden beigebracht, menschliche Verhaltensweisen zu imitieren, wie beispielsweise in die Luft zu springen. Indem zwischen der Demonstration der Handlung (ein Mensch hüpft) und der Aufforderung zur Nachahmung (der Hund hüpft) ein zeitlicher Abstand gelassen wurde, musste der Hund sich auf sein Gedächtnis verlassen, um die Aktion ausführen zu können.

„Wir können die Erinnerung des Hundes an die menschliche Handlung nur dann testen, wenn der Hund nicht damit rechnet," sagt Fugazza. „Wenn der Hund glaubt, dass er die Handlung nachher nachmachen muss, wird er sich auf sein semantisches Erinnerungsvermögen verlassen und muss mental nicht in der Zeit zurückgehen, um sich an die Handlung zu erinnern."

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Um den Test für die Hunde unerwartet zu machen, mussten sie die Erwartungshaltung der Tiere unterlaufen. „Die Hunde haben damit gerechnet, etwas nachmachen zu müssen, also haben wir ihnen das Kommando gegeben, sich hinzulegen. Dann dachten sie, dass sie sich beim nächsten Kommando wieder hinlegen sollen, stattdessen haben wir sie aber dazu aufgefordert, eine frühere Handlung zu imitieren. Wir haben herausgefunden, dass sie sich daran erinnern konnten, wie sie auf die verschiedenen Kommandos reagieren sollen. Das Erinnerungsvermögen ist aber schlechter geworden, als wir sie mit verschiedenen Zeitverzögerungen getestet haben."

Fugazza erklärt, dass es sich bei ihrer Studie um den ersten Beweis für episodisches Erinnerungsvermögen bei Hunden handelt. Besonders signifikant seien die Ergebnisse, weil die Tests in einer alltagsähnlichen Situation stattfand und nicht in einem Labor. „Wir haben Hunde getestet, die in Familien leben, damit wir eine Vorstellung davon haben, wie ihr Erinnerungsvermögen in ganz alltäglichen Situationen funktioniert", sagt sie. Auch andere Tiere haben bereits episodisches Erinnerungsvermögen gezeigt—beispielsweise Ratten und Chimpansen—, allerdings fanden diese Tests unter Laborkonditionen statt und konnten somit nicht die komplexen Erinnerungen hervorrufen, die im echten Leben passieren.

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„Das ist ein weiterer Schritt der dafür sorgt, dass die künstliche Grenze zwischen Menschen und anderen Lebewesen eingerissen wird", sagt Fugazza. Zusammengefasst zeigte die Studie nämlich, dass Hunde eine sehr viel ausgeprägtere Wahrnehmung von unserer geteilten Welt haben, als wir jemals gedacht hätten. „Episodisches Erinnerungsvermögen wird mit einem Ich-Bewusstsein in Verbindung gebracht", erklärt Fugazza, „und momentan ist noch nicht bekannt, ob Hunde über ein derartiges Bewusstsein verfügen oder nicht. Ich glaube aber, dass wir der Beantwortung dieser Frage einen ganzen Schritt näher gekommen sind."

Ich frage sie, wie lange sich Hunde an für sie inkonsequente Handlungen erinnern können. „Wir können nicht ausschließen, dass sich ein Hund an so etwas länger erinnert als an die Dinge, die wir getestet haben", erzählt mir Fugazza. Das könnte also bedeuten, dass sich dein Hund an alles mögliche erinnert, was du so tust. Vielleicht ist es also an der Zeit, beim nächsten intimen Kontakt mit einem Mitmenschen die Schlafzimmertür zu schließen.


Titelfoto: unsplash.com | Pexels | CC0