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Beziehung

Die Exfreundin deines Freundes—die schlimmste Person aller Zeiten?

Egal ob auf Hauspartys oder unter seinen verlinkten Fotos auf Facebook, Exfreundinnen sind überall. Wir haben mit Frauen über Eifersucht, Stalking und die „Schachtel voller Erinnerungen” gesprochen.
Photo via Flickr user j_benson

Gibt es eine schlimmere Person, als die Person, die mit jemandem zusammen war, bevor du mit ihm zusammen warst? Ja, wahrscheinlich schon. Aber in Zeiten, in denen nicht nur das Internet, sondern auch wir nichts mehr vergessen (auch wegen dem Internet), fühlt es sich manchmal an, als wäre die richtige Antwort darauf: „Nein! Bring sie um! Oder mach sie wenigstens online fertig!" Zu allem Übel haben Exfreundinnen auch oft noch interessante Namen—keine seltsamen, sondern wirklich interessante, aber das wäre dir jetzt gar nicht aufgefallen, oder?—und interessante Jobs. Oder sie haben vollkommen unspektakuläre Namen und Jobs, die so lächerlich wirken, dass es schon wieder lächerlich ist, aber das macht es auch nicht besser. Mara? Wer zur Hölle heißt schon Mara? Und ist sie besser als ich???"

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„Mir tun die meisten Ex-Freundinnen meines Freundes ziemlich leid, weil sie einsam und nicht besonders interessant wirken", erzählt mir die 25-jährige Blair*. „Aber es gibt eine Ausnahme: eine Frau, die ich aus vollkommen irrationalen Gründen hasse, obwohl sie und mein Freund nie richtig zusammen waren. Ich glaube, das liegt daran, dass er am Anfang gleichzeitig mit mir und mit ihr was hatte. Aber auch, weil sie eine wirklich schreckliche Person ist und bis heute alle seine Fotos auf Instagram liked.

Ich hasse es, wenn ich sie online stalke, aber das würde ich wahrscheinlich nicht tun, wenn ich nicht wüsste, dass die beiden noch Freunde sind.

Gemini Ferrie arbeitet als Beziehungscoach in Los Angeles. Sie erzählt, dass viele Frauen zu ihr kämen, weil sie „besessen" von der Ex ihres Partners sind—auch wenn sie das im ersten Moment nicht zugeben wollen. „Oftmals ist es nicht das erste, was sie mir erzählen, weil sie sich schämen—aber ich kann das nachvollziehen, weil ich früher auch sehr, sehr eifersüchtig war."

Die Fixierung auf die Vergangenheit seines Partners „rührt von tiefsitzenden Unsicherheiten her", sagt Ferrie. „Es ist nicht so, als würde der Frau etwas nicht stimmen, aber sie hat nicht gelernt, sich selbst zu lieben. Sie versteht nicht, dass sie es verdient, geliebt zu werden. Aus diesem Grund hat sie andauernd Angst, sie könnte ihren Partner aufgrund ihrer eigenen Unsicherheiten verlieren. Deshalb fängt sie irgendwann an, diese Unsicherheiten auf die Ex zu projizieren und möchte mehr über sie erfahren: Bin ich genauso hübsch oder heiß oder gutherzig oder nett? Mochte er sie mehr als mich? Denkt er noch an sie?"

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„Mein Freund hatte zwei Freundinnen vor mir und ich denke der Grund, warum ich mich ständig mit ihnen beschäftige ist, dass er mit den beiden immer noch redet und aktiv befreundet ist", erzählte mir Kathleen*. „Und das sind keine Exfreundinnen von vor zehn Jahren oder so—er war in den letzten drei Jahren in die beiden verliebt, was ich ziemlich seltsam finde, weil ich meinen Exfreunden um jeden Preis aus dem Weg gehe, vor allem den Letzten."

Auszug aus der Graphic Novel „Was She Pretty?" Bild: Drawn & Quarterly

Das Internet macht das alles natürlich nur noch schlimmer: Während man früher auf Informationen über die Exfreundin stieß, wenn man über eine Schachtel voller Briefe stolperte oder indem man den Freunden seines Partners raffinierte Fragen stellte, kann man die Ex heutzutage einfach googeln und alles über sie erfahren—von den schlechten Blogposts, die sie 2008 während eines Praktikums für eine PR-Firma geschrieben hat, bis hin zu den Fotos, die sie in den hintersten Winkeln eines verlassenen Blogs versteckt hält. Und selbstverständlich gibt es noch die sozialen Medien. „Ich stalke die Exfreundin [meines Freundes] unentwegt auf Twitter. Einmal bin ich ihr aus Versehen gefolgt. Das war ziemlich peinlich", sagt Kathleen. „Ich beschloss, ihr einfach weiter zu folgen, sodass es wie ein klares Statement wirkt, aber es wurde ziemlich brutal und ich musste sie muten. Ich hasse es, wenn ich sie online stalke, aber das würde ich wahrscheinlich nicht tun, wenn ich nicht wüsste, dass die beiden noch Freunde sind."

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Katie J.M. Baker beschäftigt sich in ihrem Essay „Eine Geschichte von gegenseitigem Cyberstalking" wie besessen mit den Social Media-Profilen der neuen Freundin ihres Ex. Ein Verhalten, was noch dadurch gefördert wird, dass die neue Freundin „eine Schauspielerin in einer beliebten Fernsehshow ist". Irgendwann erfährt Baker bei einem langerwarteten Treffen mit ihrer vermeintlichen Nemesis, dass auch die neue Freundin sie im Netz gestalkt hat.

Wahrscheinlich hat schon jeder von uns mal anderen Frauen hinterhergeschnüffelt und sich durch ihre Onlineprofile geklickt. Manchmal mündet dieses Verhalten allerdings in echtem Stalking. „Als wir schon drei Jahre zusammen waren, schickte seine Ex ihm einmal eine Platte und in der Hülle war eine Notiz, auf der irgendwas mit Liebe stand, sagt Blair. „Mein Freund, der Angst hatte, dass ich die Nachricht sehen und grundlos ausrasten könnte, versuchte es zu überkritzeln und unentdeckt wegzuwerfen. Er hat es nicht geschafft—das heißt, ich habe es aus dem Müll rausgefischt."

Sie ist eine wirklich schreckliche Person und bis heute liked sie alle seine Fotos auf Instagram.

Nora*, eine 24-jährige Galeristin aus Los Angeles, hat sich schon bald nach dem ersten Treffen in ihren heutigen Ex-Freund Matt verliebt. Bald darauf, sagt sie, hat sie auch angefangen sich für die Frauen, mit denen er vor ihr zusammen war, zu interessieren—obwohl (oder gerade weil) er nie wirklich über seine vergangenen Beziehungen sprach. „Ich bin eine sehr, sehr, sehr eifersüchtige Person. Deswegen habe ich irgendwann über Smalltalk mit seinen Freunden versucht herauszufinden, was ich wissen wollte. Ich war so raffiniert, dass ich sogar Namen bekommen habe", sagt Nora.

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Von einer der Frauen fühlte sich Nora ziemlich eingeschüchtert, weil sie viel älter und erfahrener war als sie. Als Nora herausfand, dass die Frau in einer nahegelegenen Bibliothek arbeitete, entwickelte sie sich zu einer echten Leseratte. „Ich bin irgendwann täglich in die Bibliothek gegangen, um sie sozusagen zu beschatten", sagt sie. „Bin ich besser als sie? Diese Frage habe ich mir wirklich gestellt. Ich habe mich über die Bibliothek mit ihr angefreundet. Wir hatten unterschiedliche soziale Kreise und sie war mit keinem meiner Freunde befreundet, also hat sie es auch niemals rausgefunden." (Nach einigen Monaten verpuffte Noras Interesse an der Ex ihres Freunds und sie ging immer seltener in die Bibliothek.) Als Nora eine Reise in ein Land plante, in dem eine andere seiner Exfreundinnen lebte, kontaktierte sie sie—„sie war politisch sehr engagiert und ich beeindruckt!"—und sagte, dass sie sie gerne treffen würde … Natürlich ohne zuzugeben, dass sie die neue Freundin ihres Exfreundes war.

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„Als ich mich mit ihr traf, endete das damit, dass wir zwei komplette Tage miteinander verbrachten", sagt Nora. „Sie wusste, das ich Matt kannte, aber sie wusste nicht, inwiefern ich ihn kannte und ich habe es ihr auch nie gesagt. Ich dachte, vielleicht würde sie mir Dinge über ihn erzählen, die er mir nicht sagen würde." (Die Ex-Freundin hat Nora aber nichts wirklich interessantes erzählt.)

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Auszug aus der Graphic Novel „Was She Pretty?" Bild: Drawn & Quarterly

Nicht jeder leidet. Eine Frau, mit der ich gesprochen habe, sagte mir, dass sie keine einzige der Exfreundinnen ihres Partners kennen würde, nicht einmal die Namen. Das scheint löblich, aber für viele Frauen wäre das eine unentwegte, unterschwellige Folter, mit der sie nicht umgehen könnten. (Die besagte Frau beschreibt sich selbst als „eine Detektivin ohne Hinweise", nachdem sie dem Verlangen widerstand, eine „Schachtel voller Erinnerungen", die sie im Schrank ihres Freunds gefunden hat, zu öffnen.) Nur wenige Frauen, die ich interviewt habe, schienen mit dieser Situation tatsächlich zurecht zu kommen. „Unwissenheit ist ein Segen", sagt Cassie*. „Wieso muss ich mich über diese Person stellen, mich mit ihr vergleichen oder mich exzessiv mit ihr beschäftigen?" Das klingt ziemlich weise, in einer Sache muss ich Cassie allerdings widersprechen: dass die einzige Gemeinsamkeit zwischen ihr und den Exfreundinnen sei, „dass wir mal den selben Schwanz in uns hatten." Schließlich liegt es durchaus nahe, dass man ziemlich viel mit seinen „Vorgängerinnen" gemeinsam hat. Vor allem, wenn der Freund einen bestimmten „Typ" hat.

Außerdem ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass die Ex ihren ehemaligen Platz im Leben deines Freunds wieder einnehmen könnte. Allie* erzählte mir, dass sie während einer ihrer Beziehungen im College erfuhr, was für viele eifersüchtige Frauen der allergrößte Albtraum wäre: Ihr Freund nutzte das MySpace-Foto seiner Ex als Wichsvorlage. Was noch erschwerend hinzu kam, sagt Allie, war die Tatsache, dass sie ihren Freund nicht direkt damit konfrontieren konnte, weil sie das Ganze nur herausgefunden hatte, weil sie ihm hinterherschnüffelte. Sie hatte sich seinen Browserverlauf angesehen und festgestellt, dass er verstörend oft zwischen Pornoseiten und dem Profil seiner Ex hin- und herklickte.

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Irgendwann „explodierte" sie trotzdem. „Wir haben alle Karten offen auf den Tisch gelegt und er wurde ziemlich sauer, weil ich seinen Browserverlauf angesehen hatte (wozu er auch jedes Recht hatte)", sagt sie. „Er sagte mir, dass er immer noch Gefühle für sie hatte und immer haben würde, aber dass er nicht Schluss machen wolle."

Immer wenn wir darüber sprachen, fühlte ich mich unglaublich schuldig, als ob ich ein Eindringling wäre.

„Das war, glaube ich, der Moment, in dem die Übelkeit einsetzte", sagte Allie weiter. „Da ist dieses grausame Etwas in uns, das uns Frauen um Männer konkurrieren lässt. Ich hätte mit dem Idioten Schluss machen sollen, aber stattdessen wollte ich alles über sie erfahren, all ihre Schwächen herausfinden und sie zu meinen größten Stärken machen. Ich sah mir fast jeden Tag ihre Fotos an—was sie anhatte und was sie online postete—und verglich mich mit ihr.

„Ich habe angefangen, mich mehr wie sie anzuziehen und zu benehmen—mehr oder weniger unabsichtlich", erzählt sie weiter. Allies Freund hat sie dann irgendwann mit besagter Ex betrogen.

Eine andere Frau, Laura*, hatte das umgekehrte Problem: Sie war wie besessen von der Exfreundin eines Exfreundes, weil sie verstarb, als die beiden noch zusammen waren. „Immer wenn wir darüber sprachen, fühlte ich mich unglaublich schuldig, als ob ich ein Eindringling wäre", sagt Laura. „Ich fühlte mich immer, als könnte ich ihr nicht das Wasser reichen." Sie gingen irgendwann getrennte Wege, weil Laura das Gefühl hatte, dass sie „niemals darüber hinwegkommen würde."

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Als ich Ferrie fragte, wie man mit all diesen intensiven und unproduktiven Gefühlen umgehen sollte, enttäuschte mich ihre Antwort etwas: Der einzige Weg, um darüber hinwegzukommen, ist es, sein eigenes Selbstbewusstsein zu stärken. „Ich würde gerne behaupten können, dass es einfacher ist. Tatsächlich ist es aber, als würde man mit einer Frau sprechen, die die letzten drei Kilo verlieren möchte", sagt Ferrie. „Du sagst: ‚Iss einfach kein Eis mehr!' Aber das hilft natürlich nicht, weil dem ganzen irgendwelche unbewussten Verhaltensweisen zugrunde liegen. Bevor sich die Frau diesen Schwachpunkt—durch den die Obsession, sich mit der Ex zu vergleichen, angetrieben wird—nicht bewusst macht, wird ihr auch nicht zu helfen sein." (Ferrie sagte mir auch, dass ein kalter Entzug vom Cyberstalking auch nicht zwangsläufig hilfreich ist.)

Auch wenn es schwer ist, sollte man sich aber immer klarmachen: Auch wenn man sie zum ultimativen Feindbild stilisiert, „die Exfreundinnen machen nichts Falsches. Selbst wenn sie traurig und verzweifelt sind.", betont Allie.


*Namen wurden geändert.