Diese Amateur-Rennfahrerinnen bremsen für niemanden
Alle Fotos: Hazel Gaskin

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Diese Amateur-Rennfahrerinnen bremsen für niemanden

Selbstgebaute Autos und frisierte Motoren sind nicht nur was für Männer. Wir waren bei den englischen Autograss National Championships und haben mit den Frauen gesprochen, die auf der Rennstrecke jeden Mann um Längen schlagen würden.

Die Gegend entlang der Grenze zwischen dem englischen Herefordshire und Wales ist sehr dörflich—die Luft ist frisch und das Leben äußerst beschaulich. Doch an einem Wochenende im Jahr fährt hier eine furchtlose Gruppe von Mädels vor und lässt auf den matschigen, in die Felder gepflügten Rennstrecken alles und jeden hinter sich. Und das in Fahrzeugen, die sie aus Schrottteilen zusammengebaut haben.

Amateurautorennen—oder Autograss, wie es die Fans nennen—sind in Großbritannien nach wie vor ein Nischensport. Es gibt weder Sponsoren noch besonders viel Glamour. Trotzdem strömen die Zuschauer in Scharen zu den Veranstaltungen. Entlang der Rennstrecke in Monkland sieht man unzählige Rennfahrerinnen unter den Motorhauben hängen und gemeinsam mit ihren Vätern, Ehemännern oder Freunden an den aufwändigen und kompliziert aufgebauten Motoren herumschrauben. Die meisten Fahrerinnen kommen aus Familien, die seit Generationen an den Autograss- und Stockcarrennen teilnehmen. Ihre Liebe zum Rennsport treibt sie an, während sie furchtlos und ohne Rücksicht auf Verluste über die Piste brettern—das Risiko gehört in ihren Augen einfach dazu. Broadly hat das diesjährige Rennen besucht, um die furchtlosen Frauen zu treffen, für die es nichts Besseres gibt, als hinter dem Steuer zu sitzen.

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Alle Fotos: Hazel Gaskin

Ashlea Cowperthwaite, 24, und ihr Vater

Was war bisher dein bestes Ergebnis?
Ashlea Cowperthwaite: Im letzten Jahr habe ich im Finale eine der besten Runden gewonnen. Das war das erste Mal, dass ich im Finale gewonnen habe.

Begleitest du Ashlea zu all ihren Rennen?
Vater: Ja, das tue ich. Ich helfe ihr mit dem Auto. Sie fährt seit sie 16 ist Rennen—also seit fast acht Jahren. Ich mache mir ständig Sorgen um sie. Ich bin selbst auf Rallyes und diversen Rennstrecken gefahren als ich noch jünger war. Vor Kurzem habe ich angefangen an Geländemotorrädern und Quads rumzubasteln. Ich bin ziemlich stolz auf sie.

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Du scheinst deinem Vater sehr nahe zu stehen?
Cowperthwaite: Ohne ihn könnte ich das alles gar nicht machen. Ich bin sehr froh, ihn zu haben. Er hat auch das Auto gebaut.

Gab es einen Moment, in dem er besonders stolz auf dich war?
Cowperthwaite: Als ich die BAS [Britisch Autograss Series] gewonnen habe und die nationalen Meisterschaften vor zwei Wochen.

Vater: Die letzten beiden Jahre ist sie immer Dritte geworden, deswegen war ich besonders stolz auf sie und dann hat sie auch noch die nationalen Meisterschaften gewonnen. Ich werde noch immer ganz emotional, wenn ich daran denke.

Cowperthwaite: Ich schaue zu ihm auf. Er ist der beste Vater, den man sich wünschen kann.

Was machst du beruflich?
Ich bin Gymnasiallehrerin. Meine Schüler wissen nicht, dass ich Rennen fahre. Ich habe gerade erst an einer neuen Schule angefangen. Die Schüler an meiner alten Schule wussten davon und die Jungs fanden es ziemlich cool. Meine Kollegen sind meistens ziemlich überrascht, wenn sie davon erfahren.

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Welche sportlichen Ziele hast du?
Das lasse ich jedes Jahr auf mich zukommen, weil wir nicht so viel Zeit haben. Wir geben einfach unser Bestes und nehmen es, wie es kommt.

Charlotte Goodsire, 50

Wie bist du zum Rennsport gekommen?
Charlotte Goodsire: Als ich noch ein kleines Mädchen war, sind meine Eltern Rennen gefahren. Das war immer schon so ein Ding in unserer Familie. Als ich meinen Mann Tony geheiratet habe, ist er Hot-Rod-Rennen gefahren. Er war schon immer ein ziemlicher Rennsportfreak. Irgendwann haben wir dann beschlossen, dass wir beim Autograss mitmachen wollen.

Was sagen deine Freunde dazu, dass du Rennen fährst, wenn sie nicht selbst Rennen fahren?
Viele sagen, dass ich nicht der Typ dafür wäre. Sie meine, ich wäre zu mondän und denken, dass Rennfahrerinnen immer voller Öl und Schmiere sein müssten. Wir haben aber einfach nur keine Angst, uns die Nägel abzubrechen.

Geht es auf der Rennstrecke sehr aggressiv zu?
Nein, das würde ich so nicht sagen und mit dieser Einstellung kann man auch nicht da rausgehen.

Hattest du schon mal irgendeinen schlimmen Unfall?
Ich habe mich mal schlimm überschlagen. Mein Wagen hat sich mehrmals überschlagen und war danach total demoliert. Das ging alles total schnell. Zum Glück bin ich auf allen Vieren aufgekommen, aber das Auto war Schrott. Damals bin ich einen Mini gefahren, der am Ende aussah wie eine Mini-Essiggurke, weil das hintere Ende komplett weg war. Das war vor ein paar Jahren. Ich kam ins Krankenhaus, weil ich mir den Nacken verletzt habe. Danach habe ich eine Zeit lang Pause gemacht. Wir mussten das Auto wieder aufbauen, deswegen hat es eine Weile gedauert, bis ich wieder auf der Rennstrecke war. Es war ziemlich schlimm und ich wusste nicht, ob ich mich wieder davon erholen würde, aber man muss sich einfach wieder in den Sattel setzen und darf keine Angst haben. Man muss einfach nach vorne schauen und gucken, dass man die Kurve kriegt.

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Ellie Bailey, 17

Hast du dich durch das Rennfahren verändert?
Ellie Bailey: Ich habe das Gefühl, dass ich selbstbewusster geworden bin, weil ich man so viele nette Leute bei den Rennen trifft und sich mit so vielen Leuten unterhält, mit denen man sonst nie reden würde. Ich mache auch Bauchtanz und muss sagen, dass ich auch da mittlerweile selbstbewusster bin. Ich habe dieses Jahr im Rennsport ziemlich viel erreicht und habe viele neue Freunde kennengelernt. Ich bin früher nur selten aus mir rausgegangen. Ich hatte Angst mit anderen zu sprechen, aber mittlerweile ist es viel besser.

Lernen sich beim Autograss auch viele Pärchen kennen?
Das ist tatsächlich so. Ich komme gerade aus so einer Beziehung. Viele Leute lernen sich bei den Rennen kennen und kommen dann irgendwann zusammen. Selbst wenn sie vier Stunden voneinander entfernt wohnen, scheint die Beziehung zu funktionieren. Sie machen, dass es irgendwie funktioniert. Ich habe meinen Ex-Freund auch bei einem Rennen kennengelernt.

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Unterscheiden sich die Rennen der Frauen und der Männer sehr voneinander?
Ziemlich, ja. Wenn man die Rennen von den Männern und den Frauen vergleicht, fahren die Männer viel aggressiver. Ich glaube nicht, dass die Frauen genauso aggressiv fahren. Es gibt aber auch Frauen, die bei den Männern mitfahren und sich ziemlich gut schlagen. Eine Frau, die bei den Männern mitfährt, wird regelmäßig Dritte oder Vierte.

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Penny Smith, 62

Was machst du beruflich?
Penny Smith: Ich bin Finanzdirektorin.

Seit wann fährst du Rennen?
Seit 33 Jahren. Meine Mutter und mein Vater sind auch Rennen gefahren. Ich habe es immer geliebt. Ich schätze, es liegt mir im Blut.

Du kommst gerade von einem Rennen. Wie war's?
Perfekt. Ich liebe es einfach Rennen zu fahren—trotz meines Alters. Nach dem Rennen fühle ich mich immer großartig. Wenn ich es gewonnen hätte, würde ich mich aber natürlich noch besser fühlen.

Was ist bei dem Rennen mit deinem Auto passiert?
Gerade als ich ihm Ziel war, haben sie mir gesagt, dass ich anhalten sollte, weil sie ein Klopfen gehört haben und sie dachten, dass es am Motor liegen könnte.

Bist du schon mal gegen deinen Mann angetreten?
Nein, aber nächsten Jahr werden wir gegeneinander antreten. Ich werde versuchen, mich mit den Männern zu messen. Es nehmen immer mehr Frauen an den Rennen der Herren teil, weil es nicht genug Strecken gibt, auf denen sie üben können.

Welche Geschichte hat der Sport?
Meine Mutter und mein Vater waren zwei der Gründungsmitglieder des Gloucester Autocross Racing Club. Sie sind seit Anfang der 60er-Jahre Rennen gefahren. Seit damals hat sich aber einiges verändert. Früher sind sie noch mit irgendwelchen alten Autos gefahren—irgendwelchen Sonderanfertigungen oder Limousinen aus irgendwelchen alten Bauteilen. Das ist heute alles viel sicherer.

Fahren deine Kinder auch Rennen?
Ja, mein Sohn fährt in der Klasse 10. Leider hat sein Motor gestern aufgegeben, aber er hat sich ziemlich gut geschlagen. Ich mach mir immer Sorgen um ihn. Er ist 37. Wegen mir, mache ich mir dagegen überhaupt keine Sorgen. Ich will einfach nur gewinnen.

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Gibt es so eine Art Schwesternschaft zwischen den Fahrerinnen?
Wir haben einfach Spaß. Das ist toll.

Kirsty Epsom, 20

Was machst du beruflich?
Kirsty Epsom: Ich arbeite als stellvertrende Leiterin in einem Kindergarten.

Fährst du schon lange Rennen?
Seit ich 13 bin. Meine Schwester seit sie 12 ist. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich bei einem meiner ersten Rennen das Gefühl hatte, dass ich 160 Stundenkilometer fahre—aber das war natürlich nicht so. Ich trainiere im Moment so viel ich kann und versuche, strategisch klug zu fahren.

Was tust du, um deine Angst zu überwinden?
Ich gehe einfach auf die Strecke und fahre! Ich bin generell ein relativ furchtloser Mensch. Ich habe mich mit dem Auto schon überschlagen, aber das schreckt mich nicht ab—es macht eigentlich sogar ziemlich Spaß.

Was sagt dein Freund dazu, dass du Rennen fährst?
Er liebt es und hilft mir mit dem Auto. Er fährt selbst keine Rennen, aber er hat es mal ausprobiert.

Josie Tomkinson, 17

Ich habe gehört, dass du schon als kleines Kind mit zu den Rennen gekommen bist.
Josie Tomkinson: Ja, seit ich sechs Jahre alt bin.

Wie bist du zu dem Sport gekommen?
Meine Großeltern fingen mit meiner Mutter an, Rennen zu fahren, dann meine Mutter mit meinem Vater und die haben es an die nächste Generation weitergegeben.

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Was war dein bisher bestes Rennen?
Die erste Runde gestern war die Beste, die ich jemals gefahren bin. Das ganze Rennen war so knapp. Ich gegen Claire Cockrill—sie fährt schon solange ich mich erinnern kann und ich jetzt durfte ich gegen sie antreten und habe gewonnen. Das war ein echter Adrenalinkick.

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In welchen Momenten bist du am glücklichsten?
Wenn ich mit meinen Freunden auf der Rennstrecke bin, ganz klar. Das versteht niemand, der nicht selbst Rennen fährt. Es ist das ganze Drumherum. Jeder hier ist miteinander befreundet und es ist egal, auf welchem Platz man landet—danach stehen alle zusammen im Bierzelt und haben Spaß. Das ist das Schönste daran. Wir sind alle gute Freunde.