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Serienbunker

Eine Liebeserklärung an 20 Jahre ,Friends’

Vor 20 Jahren ist die erste Folge ,Friends' über den Bildschirm unseres Röhrenfernsehers gelaufen, und vor 10 Jahren die letzte. Grund genug, um uns das Ganze noch einmal anzusehen.
Alle Fotos © Warner Bros. Entertainment Inc.

Vor 10 Jahren ist die letzte Folge Friends über die Flimmerkiste gelaufen. 2004 haben wir uns gerade von Buffalos und Eifel 65 erholt, da mussten wir uns schon von den Friends verabschieden—zumindest ein wenig. Denn Friends war irgendwie trotzdem immer da, nicht nur im Fernsehen, sondern in unserer ganzen Popkultur. Die Mädchen zu meiner Zeit wollten zwar eher wie die Spice Girls aussehen als wie Rachel, die Faszination um Jennifer Anistons Haarpracht ist aber auch an meinem pubertären Selbst nicht vorbeigegangen (kann man diesen Haaren einen Schrein bauen?).

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Zahlreiche zweitklassige TV-Shows, von denen ich vermutlich mehr Folgen gesehen habe, als gut für mich ist, haben seitdem versucht, irgendwie an den Erfolg von Friends anzuknüpfen, und sind dabei kläglich gescheitert oder nach ein paar Staffeln schon ausgemolken (ja, ich meine How I Met Your Mother). Aber warum hat sich die Show so gut gehalten? Gibt es eine Formel X? Und wo und wann sind eigentlich Joeys und Chandlers Hausvögel verschwunden?

Neben der Frage, ob die Serie heute überhaupt noch lustig ist, sind die oben genannten Grund genug, um uns auch die guten alten Freunde mit ihren 10 Staffeln und 236 Folgen im Hardcore-Binge-Watching-Verfahren nach allen Regeln der Kunst einzuverleiben, während wir unsere persönliche Hygiene, unsere Ernährung und unser Sozialleben auf ein absolutes Minimum reduzieren, um uns ausschließlich auf die notwendigsten Überlebensfunktionen und die beste Sitcom-Seifenoper der Welt zu konzentrieren.

Also gehen wir an den Anfang, weitere 10 Jahre, zurück—die als Insomnia Cafe gepitchte Serie begann 1994 (oder 1996 wenn man den deutschen Serienstart nimmt)—und die erste Staffel ist gleich mal überraschend gut. Fast eine der besten. Und das war immerhin vor 20 Jahren! Da haben wir noch den Schilling gehabt, das echte Tschisi-Eis, Festnetztelefone, und sind zum Spielen rausgegangen—dann kam das Internet, das uns aber immerhin ermöglicht, alle Folgen von Friends in ungesund kurzer Zeit wie ein serienhungriger Schwamm zu absorbieren, also zurück zur Serie und weg von nostalgischen Tagträumen.

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Ja, das waren die 90er.

In meinen Teenie-Jahren konnte ich mit der Titelmusik nicht wirklich viel anfangen. Gut, ein wenig catchy, aber das war zu dieser Zeit sowieso bei jedem Song der Fall. Beim großen Rewatch sind mir aber gleich die Lyrics ins Ohr gestochen und ich hatte das Gefühl, dass die nur für mich geschrieben worden sind—So no one told you life was gonna be this way, your job's a joke, you're broke, your love life's D.O.A., it's like you're always stuck in second gear, when it hasn't been your day, your week, your month, or even your year, but (I'll be there for you … )—Wow, das bin ich!

In den nächsten Staffeln ziehen sich die bereits angerissenen Handlungsstränge wie ein roter Seifenoper-Faden durch die Story. Aber das ist auch vollkommen okay, irgendwo findet man ja immer diese Soap-Elemente, wenn man genau aufpasst. Die Charaktere wachsen uns ans Herz und dann interessiert es uns einfach, ob Joey einen Job in einer Billig-Soap bekommt oder was Rachels Lieblingsfilm ist.

Und obwohl es in Friends ständig um Beziehungen und (un)erfülltes Liebesglück geht, sind es die kleinen Dinge, an die ich mich gerne zurückerinnere, und die mir auch beim Rewatch am meisten Spaß gemacht haben. Die Folge mit dem Video vom Abschlussball. Oder die eine, als die Friends ein Quiz-Spiel starten und am Ende die beiden Appartments Besitzer wechseln. Oder als Joey aus Trotz alle Sachen von Chandler anzieht—also​ außer seine Unterhosen.

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Hier könnte man bestimmt mindestens hundert tolle Friends-Momente sammeln, aber darum können sich andere kümmern. Was ich sagen will ist: In Friends stand für mich nie die teilweise sehr seifige Story im Vordergrund, sondern, wie schon der Titel vermuten lässt, die Charaktere und die Charakterkonstellation. Und natürlich ihre Beziehungen zueinander. Manche dieser Konstellationen sind absolute Klassiker, manche werden leider sehr stark unterrepräsentiert—wie zum Beispiel Rachel und Chandler, die in der einen Folge mit dem Käsekuchen zeigen, wie groß das komödiantische Potenzial der beiden zusammen sein kann. Aber bei sechs Hauptdarstellern, mehr Nebencharakteren als in Breaking Bad und etwa 20 Minuten pro Folge bleibt eben nicht für jede Kombination Zeit.

Ein Klassiker und Eckpfeiler von Friends war für mich immer die Beziehung zwischen Joey und Chandler, die irgendwann später durch Chandler und Monicas Beziehung ein wenig beschnitten wurde. Die urbane Version von Pinky und der Brain ist nicht nur ein Lachgarant sondern zeigt, wie unterschiedlich Menschen sein können und trotzdem gut zueinander passen. Chandler und Joey ergänzen sich wie gebackener Emmentaler und Preiselbeersauce.

Joey ist ein übertrieben selbstsicherer Italo-Amerikaner mit einer überaus ansteckenden Vorliebe für Sandwiches, sieben Schwestern, einem maximal zehn mal so hohen IQ und einem Anmachspruch-Repertoire, das nur aus „How you doin'?" besteht, aber genug ist, um in regelmäßigen Abständen zum Stich zu kommen. Außerdem ist Joey wohl dafür verantwortlich, dass mindestens zwei Generationen von Männern das Gefühl bekommen haben, sie können sich beim Baggern alles erlauben. Chandler hingegen ist ein schräger Kauz mit einem langweiligen Job, hat große Probleme mit Frauen oder persönlicher Intimität und überspielt seine Unsicherheiten mit sarkastischen Kommentaren oder wie von den Gilmore Girlsaus der Pistole geschossenen Witzen. Dass in der Serie selbst selten jemand über Chandlers Witze lacht, ist vermutlich eine allgemeine Comedykrankheit, und würde hier zu Meta-Diskussionen führen, für die wir keine Zeit haben. Chandler ist für mich jedenfalls der am besten ausgearbeitete Charakter, oder zumindest der, mit dem ich mich irgendwie am besten identifizieren kann.

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Wenn Joey dafür verantwortlich ist, dass Männer auf der ganzen Welt glauben, sie können mit den billigsten Abschleppsprüchen davonkommen, dann ist Ross dafür verantwortlich, dass Typen glauben, dass man am Ende einer Beziehungskrise eh wieder zusammenkommt und dazwischen mehr schmalzige On-Off-Momente haben kann als Dieter Bohlen und Thomas Anders, ohne sich selbst oder den Partner damit bis ans Lebensende emotional zu verkrüppeln. Ross ist neben seiner korrekten, seriösen und teilweise langweiligen Art aber auch ziemlich lustig (darüber lacht zwar auch keiner in der Show, aber das haben wir bereits besprochen). Und bei Ross' Story und seinen teilweise sehr wenig nachvollziehbaren Entscheidungen übernimmt bei mir immer noch mein Soap-Alter-Ego das Steuer und ruft Sachen wie „Na sag es ihr doch!!!" oder „Neeein, nicht mit der Oiden!" in Richtung Fernseher.

Mit Rachel konnte ich nie so richtig warmwerden (außer mit ihren Haaren, die bestimmt gut riechen). Sie wird als verwöhntes Mädchen mit reichem Vater eingeführt, die ihren Mann am Altar sitzenlässt und als Kellnerin im Central Perk ihre Kohle verdient. Ein paar Staffeln später arbeitet sie bei Bloomingdales oder Ralph Lauren und hat Beziehungen mit schmierigen Typen wie Paolo, ihrem Assistenten, oder irgendeinem Feuerwehrmann. Was Rachel dabei genau will, verstehe ich bis heute nicht, aber wahrscheinlich ist genau das der springende Punkt, damit sich die Serienproduzenten eine Wiedervereinigung mit Ross wie ein As im Ärmel behalten konnten. Und bei Rachels sympathisch-chaotischen Versuchen, mit ihrem verkorksten Leben klarzukommen kann man ja gar nicht wirklich kalt bleiben.

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Phoebe und Monica haben irgendwie auch eine Chandler-Joey-esque Ying und Yang-Beziehung. Auf der einen Seite Monica, den neurotischen Kontrollfreak, auf der anderen Seite die lockere, spirituelle aber auch verrückte Esoterik-Hexe Phoebe. Damals ging mir Phoebe fürchterlich auf den Keks. Vielleicht ist auch nur die deutsche Synchro daran Schuld, aber ich habe sie gehasst, und mich immer gefragt, was sie eigentlich in der Serie verloren hat. Mittlerweile ist Phoebe mein weiblicher Lieblingscharakter, die sich mit ihrer liebevoll-wahnsinnigen Art, ihrer Zwillingsschwester, ihren absurden Liedern (smelly cat, smee-llly cat … ), ihrer Gangstervergangenheit und ihren doch immer wieder philosophischen Ratschlägen einen Platz unter meinen liebsten Seriencharakteren gesichert hat. Monica hingegen habe ich nach wie vor als obsessiven Kontrollfreak in Erinnerung. Obwohl Phoebe auf den ersten Blick die Verrückte der beiden ist, verstehe ich nicht, wie die Friends mit Monicas neurotischem Verhalten, das sich durch alle 10 Staffeln zieht, zurecht kommen. Monica will die perfekte Hochzeit, Monica will Kinder mit Tom Selleck, Monica will eine korrekt und symmetrisch auf dem Bett positionierte Decke. Was zur Hölle?!

Die hunderten Nebencharaktere runden den Freundeskreis schön ab. Ob Phoebes simpler Chaoten-Halbbruder, der „gerne Sachen schmilzt", Janice, deren nasales „Oh.My.God." sich in unser aller Hirn eingebrannt hat, Ross' und Monicas lustig-seltsame Eltern Jack und Judy oder Chandlers transsexueller Vater, der in Las Vegas eine Burlesque-Show mit dem passenden Namen „Viva Las Gaygas" am Laufen hat. Achja, und Gunther. Was ist eigentlich mit Gunther los? Das habe ich nie verstanden.

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Gegen Ende der Serie sind die Figurenkonstellationen ziemlich festgefahren und die Story nimmt den erwarteten oder schon bekannten Verlauf. Es sieht alles schon ein bisschen neuer aus, die Leute haben Handys in der Hosentasche und das World Trade Center ist aus dem Vorspann verschwunden. Im Gegensatz zu vielen anderen Comedy-Serien, die ihren Zenit schon nach wenigen Staffeln überschritten haben, schafft es Friends aber irgendwie durch seine liebevoll-verkorksten Charaktere, das gute Writing und die Seifenoper-Elemente interessant und lustig zu bleiben. Obwohl ich als anspruchsvoller Serien- und Filmgourmet zu Nörgeleien neige, haben mich kleine „Ungereimtheiten", wie die Tatsache, dass die Friends immer arm sind, aber im geilsten Appartment New York Citys wohnen, regelmäßig um den Globus fliegen, um irgendwas zu feiern und nebenbei noch jede Menge Zeit haben um im Central Perk rumzugammeln nie gestört. Auch dass Emily Ross auch nachdem er den falschen Namen am Altar sagt noch heiratet, nur um dann rumzuschmollen und sich erst wieder scheiden zu lassen, ist mir nie so richtig in den Kopf gegangen. Manche Dinge, vor allem bei Comedy-Serien, sollte man einfach in Kauf nehmen und nicht hinterfragen. Wenn ihr aber trotzdem einen Barista- oder Teilzeitmassage-Job kennt, der einem diesen Lebensstil ermöglicht, dann schreibt mir doch bitte ein E-Mail mit dem Betreff „your job's a joke".

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Viel mehr als früher ist mir aufgefallen, dass Chandler eine Fingerkuppe fehlt und Matthew Perry wegen seiner damaligen Drogenprobleme zwischen den Staffeln wahlweise entweder aufgegangen ist wie ein Germteig oder wie Christian Bale in The Machinist abgemagert ist, dass Days of Our Lives eine echte Serie ist, dass es eine ​Windows95—Tutorialvideokassette mit Matthew Perry und Jennifer Aniston UND eine ​chinesische Version von Friends gibt und dass Sandwiches eine heilige Köstlichkeit sind, die man jeden Tag essen kann und nicht unbedingt teilen muss (schon gar nicht mit Ross).

Es geht also im Endeffekt nicht darum, ob Joey ein besseres Ende verdient hätte, warum Rachel überhaupt auf Ross abfährt oder wohin die Ente und das Huhn verschwunden sind (Spoiler Alert: sie sind gestorben). Es geht um die kleinen schönen Momente, die uns das Gefühl geben, einer der Friends zu sein. Es geht um Ross, der seinem Kind „Baby Got Back" von Sir Mix A Lot vorsingt, um es zu beruhigen, es geht um den Ugly Naked Guy und Regina Phalange, um Rachels verrückte Schwestern oder Joeys zum Scheitern verurteilte Schauspielrollen. Es geht um Charaktere, die einem das Gefühl geben, zuhause zu sein.

Und um Unagi.

Eine Auswahl unserer liebsten 10 Folgen (es ist uns wirklich nicht leicht gefallen!) könnt ihr bei der dazugehörigen ​Sky Night Friends XMAS Binge am 02.12. in Wien auf der Kinoleinwand sehen.

Friends läuft von Montag bis Freitag um 16:05 Uhr auf TNT Serie.

Also schnappt euch eure besten Erinnerungen, ein wenig Popcorn und kleidet euch in eurem feinsten Friends Outfit! Mehr Informationen zu dieser und kommenden Veranstaltungen gibt es auf der ​Sky Night Facebook-Page.

​Lernt mit Adrian Unagi: @dokt​orSanchez