Wie sicher ist die Sharing Economy für Frauen?
Illustration by Grace Wilson

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Wie sicher ist die Sharing Economy für Frauen?

Viele Frauen und gesellschaftliche Minderheiten werden bei Mitfahrgelegenheiten und Plattformen wie Airbnb mit Gewalt und Diskriminierung konfrontiert, obwohl die Unternehmen doch eigentlich mit Gemeinschaftssinn und kultureller Weltoffenheit werben.

Als Shadi Petosky, eine 41-jährige amerikanische TV-Produzentin aus Montana, ersuchte, über Airbnb ein Zimmer in Minneapolis zu mieten, informierte sie ihre Gastgeberin darüber, dass sie eine Transfrau ist. „Ich will nicht irgendwo hinkommen, wo ich von irgendeinem Fanatiker angegriffen werde oder mir eine Szene gemacht wird. Deswegen stelle ich das immer schon vorab klar."

Petosky hat auch vorher schon Erfahrungen mit Transphobie gemacht, doch auf die Antwort, die sie damals bekam, war sie trotzdem nicht vorbereitet. „Vielen Dank für deine Ehrlichkeit", sagte die potenzielle Gastgeberin. „Ich muss jedoch absagen, trotzdem danke. Ich habe einen 13-jährigen Sohn, der gerade mitten in der Pubertät steckt und ich will nicht, dass er sich deswegen irgendwie unwohl fühlt."

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„Ich glaube, was mich am meisten gestört hat, war die Tatsache, dass sie meinte, ich könnte wegen ihrem Kind nicht bleiben", erklärt Petosky. „Die Annahme, Transsexuelle könnten aus irgendeinem Grund eine Gefahr für Kinder sein, ist wirklich verletzend."

Als allein reisende Transfrau denkt Petosky vor allem an ihre persönliche Sicherheit, wenn sie ein Zimmer über Airbnb mietet. „Ich bin der gleichen potenziellen Gefahr von sexueller Gewalt ausgesetzt, wie alle anderen allein reisenden Frauen auch. Gleichzeitig ist es aber auch so, dass sowohl die Regeln für Männer, als auch die für Frauen für uns gelten. Ich denke, vielen gesellschaftlichen Randgruppen geht es so: Man wird häufig zum Opfer oder macht sogar Erfahrungen mit Gewalt, gleichzeitig verdrehen manche Menschen die Dinge aber zum Teil auch so, dass man plötzlich selbst als Gefahr dargestellt wird."

Es war spätabends und es war ein Fremder in meinem Haus. Ich fühlte mich gezwungen, ihm das Geld zu geben.

Nachdem Petosky ihre Erfahrungen über Twitter geteilt hatte, löschte Airbnb die besagte Gastgeberin—mehr als ein Jahr nach dem Zwischenfall. Zudem hat das Unternehmen seinen ersten Diversitätsbeauftragten engagiert, um—wie es das Unternehmen nennt—„unbewusste Voreingenommenheiten" zu beseitigen.

„Wir haben eine Nulltoleranzpolitik gegenüber Diskriminierung und wenn wir auf einen solchen Fall hingewiesen werden, handeln wir", meint ein Pressesprecher von Airbnb gegenüber Broadly und verweist auch auf das Sicherheitstraining für weibliche Nutzer und zusätzliche Workshops für Angestellte und Gastgeber. Obwohl Petosky ganz klar Opfer bewusster Diskriminierung wurde, arbeitet Airbnb auch an einer internen Umfrage weiter daran zu klären, wie gegen unbewusste Voreingenommenheit vorgegangen werden kann.

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Wenn du eine Frau oder Teil einer Minderheit bist—dunkelhäutige Menschen, Homosexuelle, Latinos, Muslime, Transsexuelle—gibt es oft keinen Platz für dich in der sogenannten Sharing Economy. Steig in einen Uber (oder riskier es, selbst zu fahren) und du läufst Gefahr, sexuell belästigt zu werden. Du glaubst, dass es sicherer ist, in der Gruppe zu reisen? Nicht, wenn du UberPool nutzt. Airbnb-Nutzer wurden bereits vergewaltigt oder gegen ihren Willen festgehalten. Eine Deutsche wurde bei einer Mitfahrgelegenheit von Hagen nach Wien dazu gezwungen, Drogen auszuliefern, und Nutzer von Handy, einem US-amerikanischen Online-Portals für Haushaltshilfen, erzählen, dass sie erpresst wurden.

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Die 27-jährige Zoe* hat vergangenes Jahr über Handy eine Haushaltshilfe engagiert. „Er kam zu spät und war von Anfang an unglaublich aggressiv. Er meinte zu mir, dass man [in so einer Unordnung] doch gar nicht leben könnte. Als ich ihn bat, die Diele zu putzen, wurde er wütend. Ich bin fast ausgerastet, deswegen bin ich gegangen und habe gehofft, dass er schon weg wäre, wenn ich zurückkomme, aber er blieb länger als besprochen und ignorierte, dass ich ihn wiederholt dazu aufgefordert habe, zu gehen." Irgendwann hat sie ihm dann zusätzliche 35 Euro gezahlt, damit er verschwindet. „Es war spätabends und es war ein Fremder in meinem Haus. Ich fühlte mich gezwungen, ihm das Geld zu geben."

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„Wir fühlen uns für die Sicherheit unserer Kunden und unseren Personals verantwortlich. Wir tolerieren ein solches Verhalten von niemanden, der unsere Plattform nutzt. Wenn wir in den seltenen Fällen, in denen etwas schiefläuft, alarmiert werden, reagiert unser Management unverzüglich, vertraulich und wirkungsvoll", sagte das Unternehmen gegenüber Broadly. „Wir entfernen Kunden und/oder Dienstleister von unserer Plattform, wenn es die Situation verlangt und hätten in diesem Fall den Dienstleister entfernt."

Das Modell der Sharing Economy basiert elementar darauf, dass der öffentliche Raum ein sicherer Ort ist, wo jeder einzelne sein Zuhause Fremden zur Verfügung stellen kann und dafür sowohl finanziell als auch kulturell entlohnt wird. Airbnbs Leitspruch spricht davon „eine Welt zu schaffen, in der wir uns überall zu Hause fühlen können." Doch für Frauen und gesellschaftliche Randgruppen auf der ganzen Welt ist ein Haus eben mehr als „nur ein Haus": Es ist ein Rückzugsort beziehungsweise ein Zufluchtsort vor der Welt, in der sie oft genug Diskriminierung oder Belästigung ausgesetzt sind.

Dr. Fiona Vera-Gray von der Durham University in Großbritannien erforscht Fälle von sexueller Belästigung von Frauen im öffentlichen Raum. „Frauen werden nach wie vor dazu gezwungen, ihre eigenen Wünsche nach Freiheit und Sicherheit zurückzuschrauben. Um sich selbst sicher zu fühlen, müssen sie ihre eigene Freiheit beschneiden—ob man nun spätnachts allein eine Straße entlang läuft oder sich gegen ein Zimmer bei Airbnb entscheidet, weil man eine allein reisende Frau ist und glaubt, dass es nicht sicher ist."

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„Hast du schon mal vom Gerechte-Welt-Glauben gehört?", fragt sie weiter. „Das ist die Erwartung, dass wir alle davon profitieren, wenn wir zusammenkommen und teilen und dass die Welt grundsätzlich gerecht ist. Wenn man als Mann dazu erzogen wurde, die Welt als sicheren und gerechten Ort zu sehen, als einen Ort, an dem sich jeder frei bewegen und ausleben kann, dann sieht man die Welt auch so. Wer dagegen schon einmal strukturelle Ungleichheiten erfahren hat, weiß, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der man letztendlich bestraft oder zum Opfer gemacht wird, wenn man durch die Welt geht und erwartet, dass sie ein sicherer Ort wäre."

Wenn man als Frau versucht, in der Sharing Economy Geld zu verdienen, dann stellt man oftmals sogar in seiner eigenen Wohnung fest, dass Männer auch dort einen Weg finden, den gesamten Raum einzunehmen. „Nachdem ich innerhalb eines Jahres mehr als hundert Gäste beherbergt habe", sagt die ehemalige Airbnb-Gastgeberin Erika Karnes gegenüber Broadly, „habe ich ziemlich schnell damit aufgehört, an männliche Singles zu vermieten, weil ich mich einfach unwohl gefühlt habe."

„Die Männer haben sich definitiv so frei gefühlt, den gesamten Raum ‚auszufüllen'. Sie haben ihre Sachen in meinem Wohnzimmer ausgepackt, ihr Bier in meinem Kühlschrank gestapelt und ihre Toilettenartikel in meinem Medizinschränkchen verstaut. Sie sind sogar durch meine Sachen und Bücher gegangen oder haben sich an meiner Musiksammlung bedient. Sie haben mit ihrem gesamten Kram, ihrer Art und einfach ihrer kompletten Erscheinung meine gesamte Wohnung eingenommen—was besonders im direkten Vergleich zu den Frauen deutlich wurde."

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Obwohl einige der frühen Begründer der Sharing Economy Frauen waren (Leah Busque ist die Gründerin von TaskRabbit, Adora Cherun ist Mitbegründerin des Putzdienstvermittlers Homejoy und Robin Chase ist Mitbegründerin von ZipCar), werden Frauen und Minderheitengruppen noch immer vom großen finanziellen Gewinn der Sharing Economy ausgeschlossen. Keiner der großen Player wie Uber, Airbnb oder Handy wurde von Frauen gegründet oder wird aktuell von einer Frau geführt.

Die Arbeit lässt sich gut mit der Kindererziehung verbinden, wohingegen sich die Arbeit als Fahrer bei Uber nicht so leicht mit den Aufgaben rund um den Haushalt vereinen lässt.

Gleichzeitig gibt es genug Negativbeispiele für machohaftes Verhalten ebenjener männlichen Führungskräfte—insbesondere beim Taxi-Konkurrenten Uber. Ein leitender Angestellter hatte beispielsweise vorgeschlagen, das Privatleben einer Journalistin, die sich kritisch zu dem Unternehmen geäußert hat, öffentlich in den Dreck zu ziehen (er hat sich später dafür entschuldigt). 2014 hat sich Uber Frankreich dafür entschuldigt, ihr Unternehmen damit beworben zu haben, dass sie Männern kostenlose Fahrten mit einer „unglaublich heißen Braut" als Fahrerin versprochen haben.

Männer sind sowohl die Generäle als auch die Fußsoldaten der Sharing Economy—Frauen dagegen sind die Handlanger. Die überwältigende Mehrheit an Uber-Fahrern ist männlich und bekommt einen durchschnittlichen Stundenlohn von 17 Euro. Die Dienstleister bei Putzunternehmen wie Handy dagegen sind vorwiegend Frauen und bekommen für die mühsamere Arbeit—vom Wäschewaschen bis hin zum Bodenschrubben—weniger gezahlt.

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Als wir Handy um einen Kommentar baten, sagte uns ein Pressesprecher des Unternehmens, dass die Dienstleister im Schnitt mehr als 16 Euro die Stunde bekommen. „Mehr als 80 Prozent unserer Kunden und mehr als 90 Prozent unserer Dienstleister auf unserer Plattform sind Frauen—was Handy zu einer der frauendominiertesten Plattformen im Technologiebereich macht."

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Die ehemalige Harvard-Professorin Juliet Schor hat sich auf die geschlechtsspezifische Ökonomie der Arbeitswelt spezialisiert. „Meinem Eindruck nach gibt es eine Reihe von Plattformen, die auf ein Geschlecht ausgelegt sind (Etsy), andere sind gemischt (Airbnb) und einige weisen eine echte Schieflage auf (Uber, Lyft)", sagt sie während unseres Telefonats. „Momentan würde ich sagen, dass die Plattformen der Sharing Economy dazu neigen, die Geschlechterverteilung des breiten Arbeitsmarkets und die allgemeine Arbeitsteilung zu übernehmen—was auch die Bereiche außerhalb des Arbeitsmarktes miteinschließt. Was die Herkunft betrifft, waren die Plattformen ursprünglich mal sehr viel ‚weißer' als der allgemeine Arbeitsmarkt, aber je größer sie werden, desto mehr passen sie sich dem Arbeitsmarkt an. Wir haben auch festgestellt, dass die Arbeiterschaft auf den lukrativeren Seiten ‚weißer' ist. Auf den Seiten, die weniger zahlen, ist die ethnische Diversität dagegen höher."

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Genau wie Handy ist auch Etsy eine Plattform, auf der der Großteil der Dienstleister weiblich ist. 86 Prozent der US-Verkäufer sind Frauen. Doch nur 30 Prozent von ihnen verdienen über die Seite genug Geld, um sie als ihre einzige Einkommensquelle zu nutzen. Die meisten kombinieren ihren Verdienst über Etsy mit anderen Einkommensquellen. Laut Statistiken, die die Seite selbst herausgegeben hat, besitzt der Großteil der weiblichen Dienstleister in den USA (56 Prozent) eine Hochschulausbildung. Warum sind sie überqualifiziert und dennoch unterbezahlt?

Dr. Clare Chambers von der Oxford University ist der Ansicht, dass die Zahlen von Etsy die generelle Unterbewertung der Arbeit von Frauen in unserer Gesellschaft widerspiegeln. „Wenn man einen Blick auf die traditionelle Wirtschaft wirft, dann stellt man fest, dass die Arbeit von Frauen geringer entlohnt wird als die der Männer: ein Müllmann verdient also mehr als eine Erzieherin. Das trifft mit Sicherheit auch auf den Fall von Etsy zu, wo die Frauen die Zeit, die sie benötigen, um die Produkte anzufertigen, nicht richtig mit einrechnen oder keine marktüblichen Preise verlangen."

Ein Pressesprecher von Etsy antwortete gegenüber Broadly: „Ein erfolgreiches kreatives Unternehmen zu leiten, ist nicht der universelle Anspruch von Etsy-Verkäufern. Ihr Ziel ist es vielmehr, so vielseitig zu sein wie die Produkte, die sie verkaufen." Außerdem betont er, dass sie ihren Verkäufern Tipps geben, wie sie den Preis für ihre Arbeit angemessen festsetzen.

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Dr. Chambers erklärt, dass Frauen angesichts ihrer Verpflichtungen im Haushalt und bei der Kindererziehung dazu neigen, lieber flexible, dafür aber schlecht bezahlte Jobs anzunehmen. „Dabei geht es nicht nur um Etsy, sondern um all diese Verkaufsmodelle. Die Arbeit lässt sich gut mit der Kindererziehung verbinden, wohingegen sich die Arbeit als Fahrer bei Uber nicht so leicht mit den Aufgaben rund um den Haushalt vereinen lässt."

Es ist nicht besonders modern, sich für Bürokratie und Regeln auszusprechen, aber Arbeitnehmergesetze sind das Resultat eines jahrelangen Kampfes.

Die Sharing Economy spricht zwar von Inklusivität und Gemeinschaft, wenn man jedoch hinter die Fassade schaut, trifft man auf eine Welt, die auf der mit Abstand maskulinsten politischen Theorie begründet liegt: dem Neoliberalismus. Tom Slee, der Autor von What's Yours Is Mine setzt sich für eine stärkere Regulierung der Sharing Economy ein. Er ist der Meinung, dass gewisse Dinge sehr viel unsicherer und gefährlicher für Frauen und Minderheiten werden, wenn Verwaltung und Bürokratie abgeschafft werden.

„Es ist nicht besonders modern, sich für Bürokratie und Regeln auszusprechen, aber gleicher Lohn für gleiche Arbeit, die Gesetze zum Mindestlohn, Arbeitsbedingungen, die auch das Kündigungsrecht beinhalten und Anti-Diskriminierungsgesetze sind das Resultat eines jahrelangen Kampfes von Feministen, Gewerkschaften und Anti-Rassismus-Gruppen", sagt er. „Das sollte nicht einfach so weggeworfen werden, nur weil eine neue App ein Bewertungssystem hat."

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Die Nachteile der Sharing Economy betreffen nicht nur die Sicherheit der Kunden, sondern auch die Sicherheit der Dienstleister. Palak Shah von der National Domestic Workers Alliance sagt, dass das Bewertungssystem „dazu führen kann, dass Dienstleister ihre Arbeit auch dann zu Ende machen, wenn sie sich nicht sicher fühlen, weil sie Angst haben, dass sie eine schlechte Bewertung und im Zuge dessen weniger Aufträge bekommen." Plattformen wie Handy trifft zwar keine Schuld daran, dass die Arbeit von Hausangestellten seit jeher sehr unsicher ist, doch „die Online-Unternehmen nutzen gesetzliche Unschärfen, um ihre Arbeiter auszunutzen und ihre Gewinne zu maximieren. Entsprechend wird durch die gegenwärtigen Fälle klar, dass wir eine Klassifikation der Arbeiter innerhalb der Online-Wirtschaft benötigen."

Wer nicht als direkter Angestellter eines Unternehmens wie Handy oder Uber eingestuft wird, hat auch nicht den vollen Anspruch auf die Vorteile eines Arbeitnehmers wie bezahlte Krankentage oder Mutterschaftsurlaub, wobei es sich in beiden Fällen um Leistungen handelt, von denen vor allem Frauen direkt betroffen sind.

In der Zwischenzeit wehren sich Technologieunternehmen dagegen, Schritte einzuleiten, um die Situation für Frauen sicherer zu machen. Tom Slee spricht eine ganz naheliegende Lösung an: Die Installation von Kameras bei Uber. Der Vorschlag wurde von dem Unternehmen ignoriert. „Sie zögern, einen solchen Schritt zu unternehmen, weil es eine Kostenhürde für neue Fahrer darstellen würde—das zeigt ganz deutlich, wie zweitrangig die Sicherheit von Frauen für das Unternehmen ist." Uber hat zudem auch einen weiteren Lösungsvorschlag abgelehnt, der vorsah, Frauen die Möglichkeit einzuräumen, eine Fahrerin anzufordern—was beispielsweise auch von dem französischen Unternehmen BlaBlaCar angeboten wird, das hierzulande den deutschen Mitbewerber Mitfahrgelegenheit.de übernommen hat.

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Die meisten Technologieunternehmen reagieren auf Kritik, dass weder ihre Software noch ihre Dienstleistungen rassistisch, sexistisch oder transphobisch seien, sondern die Gesellschaft. Doch Slee betont: „Wenn ein Unternehmen so groß ist wie General Motors (Uber) oder Marriott Hotels (Airbnb), dann hat es gewisse Verpflichtungen und diese Verpflichtungen beinhalten nun einmal auch, dafür zu sorgen, dass gegen Diskriminierung auf der Plattform vorgegangen wird." Er weist auf eine Studie von ProPublica hin, die im Mai 2016 erschien und aufzeigt, dass auch Algorithmen voreingenommen sein können. „Algorithmen mit bestimmten Zuordnungen bergen immer das Risiko, ein bestimmtes Verhalten zu unterstützen."

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Doch auch die Struktur der Firmen selbst hält die Unternehmen der Sharing Economy davon ab, gegen Diskriminierung vorzugehen. „Ihr Geschäftsmodell besteht aus zwei Komponenten: Eine davon ist, sich von jeder Transaktion ein Stück abzuschneiden, um Geld zu verdienen. Die zweite Komponente sieht vor, Kosten, die durch eine gewisse Verantwortung entstehen könnten, zu vermeiden. Aus diesem Grund beharren die Plattformen auch darauf, dass sie nicht dafür haften, wenn etwas schiefläuft."

Wenn Fälle in die Medien geraten, folgt zwar die rasche Antwort von den Unternehmen, doch ihr Geschäftsmodell ist auf den leichtfertigen Umgang mit Problemen rund um die Sicherheit und die Arbeitsrechte ausgelegt. „Airbnb meinte, dass sie Rassismusvorwürfe sehr ernst nehmen, unklar ist jedoch, ob das Unternehmen irgendeine Idee hat, wie das Problem gelöst werden könnte, ohne das Geschäftsmodell zu belasten. Dieses ist schließlich darauf ausgelegt, dass sich Gastgeber ganz einfach anmelden können und Gäste schnell eine Übernachtungsmöglichkeit finden."

Für Minderheiten ist die Gefahr, diskriminiert zu werden, am größten—ob man nun von einem Gastgeber bei Airbnb abgewiesen wird, weil man transsexuell ist, oder aufgrund seiner Behinderung nicht von einem Fahrer von Uber mitgenommen wird). Nachdem Nachbarn die Polizei gerufen hatten, als Stefan in seine Airbnb-Unterkunft eincheckte, beschlossen der 27-jährige und seine Partnerin Ronnia Cherry, 30, gemeinsam Noirbnb als Alternative zu Airbnb zu gründen. „Wir haben festgestellt, dass mit der Sicherheit und der Zufriedenheit dunkelhäutiger Reisender zu nachlässig umgegangen wird. Deshalb haben wir beschlossen, einzuspringen und die Lücke selbst zu schließen", sagt er.

„Erst wenn die großen Unternehmen der Sharing Economy tatsächlich anfangen, farbigen Menschen zuzuhören und die unterschiedlichen Perspektiven zu verstehen, werden sie gegen die existierende Diskriminierung vorgehen können. Dabei geht es vor allem um die Balance zwischen der Gesellschaft und der Technologie. Die Technologie wurde von Menschen entwickelt, aber wir benötigen eine größere Diversität unter den Menschen, die sie entwickeln."

Dr. Vera-Gray ist ebenfalls der Meinung, dass die Lösung nicht darin besteht, die bestehenden Algorithmen zu flicken oder hoch bezahlte Führungskräfte zu ernennen, die das Wort „Diversität" im Titel tragen. Wir müssen unser Weltbild, auf dem diese Apps beruhen, radikal hinterfragen. „Die Technologie ist nicht unbedingt das Problem, sondern die Gesinnung dahinter. Was müssen einen Schritt zurückgehen und die Verhaltensweisen ändern, durch die die Technologien unsicher werden."

„Statt einfach nur eine Missbrauch-Meldefunktion zu installieren, sollten wir anfangen, in Präventionsbemühungen zu investieren, um es Männern unmöglich zu machen, die Technologie für missbräuchliche oder repressive Zwecke zu nutzen."


* Name wurde geändert.