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Gesundheit

Eine neue Studie legt nahe: Wer Gras raucht, sieht im Dunkeln besser

Bisher war Marihuana eher dafür bekannt, bestimmte körperlichen Fähigkeiten zu beeinträchtigen. Wissenschaftler haben jetzt allerdings eine interessante Entdeckung gemacht.
Photo by Marija Savic via Facebook

Im Jahr 2004 hat eine Gruppe von Wissenschaftlern beobachtet, dass marokkanische Fischer das Ritual pflegten, Cannabisharz zu rauchen, bevor sie nachts mit ihren Booten rausfuhren. Die Fischer selbst behaupteten, dass sie dadurch in der Dunkelheit auf See besser sehen konnten, während sie auf ihren Fang warteten. Wissenschaftler konnte diese Behauptung nun tatsächlich bestätigen. Sie haben die bekifften Männer mehreren Sehtests unterzogen und je bekiffter sie waren, desto besser schnitten sie ab.

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Bisher war aber noch nicht bekannt, warum das High ihre Sehfähigkeit verbesserte—insbesondere weil sich Gras im Allgemeinen eher negativ auf elementare Körperfunktionen auszuwirken scheint. Beispielsweise wurde bereits festgestellt, dass Gras höchstwahrscheinlich unser Gedächtnis beeinträchtigt. Dennoch kennen wir—wie die aktuelle Untersuchung gezeigt hat—eben noch nicht alle potenziellen therapeutischen Effekte von Gras.

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Eine neue Studie, die im August in der Zeitschrift eLife erschienen ist, gab jetzt aber einen vielsprechenden Hinweis darauf, wie der Konsum von Marihuana die Nachtsicht von Fischern—oder jedem anderen Menschen—verbessern könnte. Laut Edward Ruthazer, Professor am Montreal Neurological Institute der McGill University und führender Autor der Studie, könnte es durchaus sein, dass die Verbindung zwischen Gehirn und Augen durch die Cannabinoide im Marihuana tatsächlich verbessert wird. Zumindest bei Kaulquappen.

„Bei uns im Labor untersuchen wir die Entwicklung von Schaltkreisen im Gehirn. Hierzu nutzen wir Kaulquappen, weil sie transparent sind. Wir können uns die Gehirnzellen in den intakten Organismen ansehen und beobachten, wie sie sich mit der Zeit verändern und neue Verknüpfungen ausbilden", erklärt er. „Es ist bereits bekannt, dass Cannabinoide für manche Aspekte der Gehirnentwicklung positiv sein können. Deswegen wollten wir innerhalb unseres Systems beobachten und dokumentieren, welche funktionalen Veränderungen [der Einsatz von Cannabionoiden] bei den Verbindungen hervorruft."

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Ruthazer und sein Team erwarteten eigentlich, dass sie beobachten würden, wie die Funktionalität abnimmt. Deswegen war die Überraschung recht groß, als sie feststellten, dass Cannabis die Verknüpfung zwischen dem Auge und dem Gehirn in Wahrheit stärkte, da Cannabis „das Auge empfindlicher gegenüber visuellen Stimuli macht."

In anderen Worten: Die Zellen im Auge reagieren verstärkt auf visuelle Reize, wenn sie Cannabinioden ausgesetzt sind. Ruthazer stellte fest, dass durch den Einsatz von Cannabinioden ein Cannabiniodrezeptor im Gehirn (CB1) aktiviert wird, der die Antwortreaktion der Zellen im Auge verstärkt, was wiederum die Fähigkeit unseres Gehirns, Licht zu erfassen, steigert. Wurden die natürlich in den Tieren vorkommenden Cannabionide gesteigert, führte das zu dem gleichen Effekt; wurden die Rezeptoren dagegen blockiert, wurde dieser Effekt komplett gehemmt. Im Grunde hat er sich das alles einfach durch die Haut der Kaulquappen angesehen.

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„Cannabinoide sind in der Lage, die Aktivität unseres Gehirn durch ein weites Spektrum unterschiedlicher Mechanismen zu kontrollieren", betont Ruthazer. „Man könnte fast sagen, es gibt einen ganzen Pot(t) an neuralen Signalwegen."

Es ist gut zu wissen, dass es da draußen Menschen gibt, die einen Teil ihres Lebens der Aufgabe gewidmet haben, süße Babyfrösche in marihuanagetränktem Wasser schwimmen zu lassen, damit wir eine Vorstellung davon bekommen, wie sich das Rauchen von Gras auf das Gehirn auswirkt. Trotzdem werden noch weitere Untersuchungen notwendig sein um herauszufinden, ob die Reaktion bei Säugetieren die Gleiche ist. Wer sich jetzt also mit illegalen Substanzen eindecken möchte, um sich zu einer Art Supermensch zu rauchen: Tut es nicht.


Foto: Pablo Miranzo | Flickr | CC BY 2.0