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Psychologie

Wen du hasst, hängt davon ab, wie schlau du bist

Laut einer neuen Studie sind sowohl dumme als auch schlaue Menschen gleichermaßen voreingenommen—der Unterschied ist nur, gegen wen sie Vorurteile haben.
Photo by Paul Edmondson via Stocksy

In der Vergangenheit haben Forscher bereits festgestellt, dass Menschen mit geringeren kognitiven Fähigkeiten eher zu Vorurteilen neigen. Doch nicht nur die nicht ganz so großen Leuchten sind voreingenommen. Eine neue Studie hat nun herausgefunden, dass sowohl die Menschen am oberen, wie auch die am unteren Ende der Intelligenzskala in gleicher Weise voreingenommen sind. Der einzige Unterschied liegt darin, gegen wen sie Vorurteile haben.

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Die beiden Sozialpsychologen Mark Brandt und Jarret Crawford haben für ihre Untersuchung 5.914 Probanden analysiert. Ohne darüber zu urteilen, ob bestimmte Vorurteile gerechtfertigt sind oder nicht, haben sie gemessen, wie viele Vorurteile innerhalb von Gruppen mit höheren und geringeren kognitiven Fähigkeiten vorherrschen. Die kognitiven Fähigkeiten der Teilnehmer wurde anhand eines Vokabeltests festgestellt, dessen Ergebnis Untersuchungen zufolge mit dem Intelligenzquotienten in Zusammenhang gebracht werden kann.

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Brandt und Crawford bauen auf bisherige Forschungsergebnisse auf, die gezeigt haben, dass Menschen mit geringen kognitiven Fähigkeiten dazu neigen, mehr Vorurteile zu haben—vor allem gegenüber nicht-konventionellen oder liberalen Gruppen, sowie Menschen, die sich nicht bewusst für ein bestimmtes Attribut entschieden haben (also beispielsweise ihre Herkunft, ihr Geschlecht oder ihre sexuelle Orientierung). Die Studie stellt aber auch fest, dass diese Tendenz umgekehrt auch bei Menschen mit hohen kognitiven Fähigkeiten festzustellen ist. In anderen Worten: Die intelligenteren Probanden der Studie neigten eher dazu, Vorurteile gegenüber Gruppen zu haben, die als konventionell oder konservativ gelten. Gruppen also, deren Zugehörigkeit sich dadurch definiert, dass sie sich für eine bestimmte Einstellung entschieden haben.

„Menschen mögen Menschen nicht, die anders sind als sie", sagen Brandt und Crawford im Interview mit Broadly. „Menschen, die von der Norm abweichen und eine andere Weltanschauung haben, helfen ihnen aber dabei, die Gültigkeit ihrer eigenen Weltanschauung zu bestätigen." Das heißt, wir verlassen uns auf unsere Sicht auf die Welt und bekräftigen unsere eigenen Vorstellung dadurch, dass wir glauben, dass die Weltanschauungen der anderen falsch sind.

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Das weitaus polarisierendste Ergebnis der Studie dürfte allerdings das folgende sein: Brandt und Crawford haben herausgefunden, dass Menschen mit geringen kognitiven Fähigkeiten häufiger Vorurteile gegenüber Menschen mit einem „vorgefertigten Status" haben, wie ethnische Gruppen oder die LGBTQ-Community. Eine folgenschwere Erkenntnis im Jahr 2016—einer Zeit, in der sich konservative Gruppen zusammenschließen und gegen die Rechte von Transgender vorgehen, Muslime grotesken Vorurteilen ausgesetzt sind und schwarze Menschen Opfer von Polizeigewalt werden.

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Brandt und Crawford zitieren hierzu auch eine frühere Studie, die gezeigt hat, dass kognitiv minderbegabtere Menschen oftmals „essentialisieren", beziehungsweise Gruppen eindeutig voneinander trennen und „klare Grenzen" ziehen.

„Klare Grenzen geben den Leuten das Gefühl, die gegnerischen Gruppen seien so eindeutig identifizierbar und von einem selbst entfernt, dass sie keine Gefahr darstellen", sagen die Forscher. Sie weisen auf eine vor Kurzem erschienene Studie hin, die dieses Phänomen der Abgrenzung anhand von Donald Trumps absurdem Plan, eine Mauer entlang der US-Grenze zu Mexiko zu bauen, betrachtet hat. Wenn dieser Plan tatsächlich in die Tat umgesetzt werden würde, würde das bedeuten, dass er eine Mauer bauen würde, wo vorher nur geistige Schranken waren.


Foto: unsplash.com | CC0