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Wissenschaft

Forscher haben herausgefunden, warum Männer keinen Penisknochen haben

Es gibt jede Menge Säugetiere, die einen Penisknochen haben—nur der männliche Homo Sapiens nicht. Wissenschaftler haben nun herausgefunden, warum das so ist.
Photo by Julien L. Balmer via Stocksy

Am Strand habe ich einmal gesehen, wie zwei Hunde ineinander stecken geblieben sind. So habe ich gelernt, dass langanhaltende Erektionen nicht unbedingt immer von Vorteil sind. Viele Säugetiere wie Hunde, Katzen, Ratten und Waschbären haben einen kleinen Knochen in ihrem Penis, das sogenannte Baculum—ein glattes, leicht gebogenes Stück Knochen, das wie die Sorte Strandgut aussieht, das man sich an einem Lederband als Anhänger um den Hals hängen würde.

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Der Penisknochen war auch der Grund, warum der Tag am Strand für die beiden Hunde darin geendet hat, dass sie jaulend vor Schmerz versucht haben, voneinander loszukommen. Dass Menschen von diesem Knochen verschont geblieben sind, hat also unter anderem den Vorteil, dass man schnell den Rückzug antreten kann, wenn einem der Sexpartner eher Schmerzen als Vergnügen bereitet. Dafür können wir der Evolution wirklich dankbar sein.

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Tatsächlich haben Wissenschaftler nun aber auch herausgefunden, warum der menschliche Penis frei von Knochen ist. Mithilfe einer wegweisenden neuen Technik namens bayesianische Phylogenetik haben Forscher am Londoner University College dargestellt, wie sich der Penisknochen im Laufe der Geschichte bei Säugetieren und Primaten, die mit dem Menschen verwandt sind, entwickelt hat.

„Die Technik wurde von dem Statistiker Nate Silver verwendet, um die letzten beiden Wahlen in den USA vorherzusagen", erklärt die Co-Autorin der Studie, Matilda Brindle. „Doch anstatt die Zukunft vorherzusagen, haben wir die Vergangenheit rekonstruiert. In der Phylogenetik geht es darum, sich anzusehen, wie verbreitet ein bestimmtes Merkmal—wie beispielsweise der Penisknochen—unter den lebenden Spezies ist. Das funktioniert so ähnlich wie bei einem Familienstammbaum. Wenn man weiß, wie die verschiedenen Primaten miteinander verwandt sind, kann man einzelne Merkmale im Licht ihres Vererbungsmusters betrachten und ziemlich solide Vorhersagen über ihre Entwicklung machen."

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Unter Verwendung dieser Technik hat Brindle die Entwicklung des Penisknochen im Verlauf der Menschheitsgeschichte betrachtet, indem sie sich unsere nächsten Verwandten angesehen hat: Schimpansen und Bonobos. Dabei stellte sie fest, dass der Mensch seinen Penisknochen vermutlich vor rund sechs Millionen Jahren verloren hat, als er sich im evolutionären Sinne von den Schimpansen und den Bonobos abgespalten hat. Ich frage sie, welchen Zweck der Knochen im menschlichen Intimbereich hat.

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„Spezies, bei denen die Penetration länger als drei Minuten dauert, haben in der Regel auch einen längeren Penisknochen", meint Brindle. „Das lässt sich auf den gesamten Entwicklungszeitraum von Primaten anwenden." Das heißt, je länger das Männchen seinen Penis im Weibchen hat, desto wahrscheinlich ist es, dass das Männchen einen Penisknochen hat, der seinen Ständer stützt. Man kann sich das Ganze also wie das evolutionäre Äquivalent zu einem extra sicheren Kondom voller Betäubungsgel vorstellen.

Brindle erklärt die Aufgabe des Knochens aus evolutionärer Sicht: „Der Penisknochen eines Männchens ist für gewöhnlich länger, wenn es in einem polygamen Paarungssystem lebt, in dem sich mehrere Männchen mit mehreren Weibchen paaren oder den Männchen nur ein kurzer Zeitraum zur Paarung mit einem Weibchen zur Verfügung steht."

Der Penisknochen macht es außerdem wahrscheinlicher, dass das Weibchen befruchtet wird. „Wenn die Penetration verlängert wird", erklärt sie, „erhöht das auch die Chance, das die eigenen Spermien die Cervix erreichen, bevor ein anderes Männchen um die Ecke kommt und sich mit dem Weibchen paart."

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Brindle glaubt, dass die Bedeutung des Penisknochen abgenommen hat, als der Mensch ein monogames beziehungsweise polygames Paarungsverhalten (in dem sich Männchen mit mehreren Frauen paaren, es aber keine Konkurrenz durch andere Männchen gibt) entwickelt hat. „Beim Menschen ist der Wettbewerb unter den Männchen nicht so stark, weil unsere wesentlichen Paarungsverhalten monogam oder polygam sind", sagt sie. Das bedeutet, dass es keinen evolutionären Ansporn für Männer gibt, länger hart zu bleiben.

„Durchschnittlich ejakulieren Männer nach unter zwei Minuten Penetration", sagt sie. „Natürlich verlängern soziale und kulturelle Faktoren die Kopulation heutzutage, aber wenn man einen Mann nimmt und ihn bittet, eine Frau zu befruchten, schaffen es die meisten ziemlich schnell."

Sie macht eine kurze Pause und meint dann: „Nun ja, zumindest können sie es versuchen."


Foto: Gratisography | Pexels | CC0