Für Alexandra Stanić steckt in jedem Mädchen eine Rebellin
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Für Alexandra Stanić steckt in jedem Mädchen eine Rebellin

Mit ihrer neuen Fotoserie "Young Rebels" zeigt die Fotografin, womit sich junge Mädchen in Zeiten von Instagram-Filtern und unsicheren Zukunftsperspektiven auseinandersetzen müssen.

Bekannt wurde die Wiener Fotografin und Journalistin Alexandra mit ihrer 2016 gestarteten Foto- und Interviewreihe "#GRLPWR – Support your local Girl Gang". Ein Projekt, für dass sie ganz bewusst Frauen vor die Kamera holte, die keine Models sind. Um das Ganze auch gesellschaftlich relevant werden zu lassen, bat sie die Frauen im Anschluss an das jeweilige Shooting, etwas zum Thema Feminismus zu schreiben.

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Ihr Ziel war es, ein für alle Mal zu zeigen, dass Frauen keineswegs das "schwache Geschlecht" sind. Das Feedback auf ihr Projekt war durchwegs positiv, wie Alexandra festhält: "Ich war wirklich baff, vor allem von Frauen kam super Feedback. Auch meine Followerzahl ist durch 'GRLPWR' ziemlich schnell gestiegen, mein neues Projekt kommt sogar noch besser an."

Dass das alles nicht unbedingt bahnbrechend neu klingt, weiß Alexandra. Ihre Antwort: "Ich übernehme gerne die Rolle der Weltverbesserin, wenn ich dazu beitrage, dass sich andere gut fühlen. Wenn ich im Zuge der Portraits eines gelernt habe, dann dass sich jede der Frauen besonders gefühlt hat, als ich sie fotografiert habe."

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Weibliche Selbstermächtigung und das positive Feedback der Frauen sind auch mitverantwortlich dafür, dass es nicht bei "GRLPWR" blieb. Auch ihre neue Fotoserie "Young Rebels" hat keine Angst davor, politisch zu sein – und soll zeigen, womit sich junge Mädchen in Zeiten von Instagram-Filtern und unsicheren Zukunftsperspektiven auseinandersetzen müssen. Wir haben mit der Wienerin über Fotoprojekte gesprochen, die schon beinahe etwas therapeutisches haben.

Broadly: Stell uns doch kurz dein neues Projekt "Young Rebels" vor.
Alexandra Stanić: "Young Rebels" ist ein halbes Jahr nach "GRLPWR" entstanden, quasi als Subgeschichte dazu. Ich fotografiere bei "Young Rebels" Mädchen zwischen 13 und 18 Jahren. Mit "Young Rebels" möchte ich jungen Frauen eine Plattform bieten und sie unterstützen, ihnen Mut machen. Ich will, dass sie schon im Teenie-Alter verstehen, dass sie in keine Schublade passen müssen, dass sie sich von niemandem einschüchtern lassen müssen und ich versuche so, ihnen Feminismus näher zu bringen.

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Was hat dich dazu bewogen, Young Rebels umzusetzen?
Die meisten "GRLPWR"-Teilnehmerinnen hatten zwischen 13 und 18 die größten Schwierigkeiten in ihrem Leben – Essstörungen, Identitätskrisen, Panikattacken. Durch ihre Erzählungen bin ich überhaupt erst auf die Idee gekommen. Da ich weiß, dass junge Frauen heute unter enormem Druck stehen, wollte ich genau da ansetzen. Zudem verstärken soziale Medien wie Instagram und Snapchat unser völlig absurdes Schönheitsideal, die meisten Bloggerinnen machen die Situation auch nicht besser. Es scheint so, als wäre es nur wichtig, schön und reich zu sein.

Mit 25 weiß ich, dass das mehr Schein als Sein ist – mit 15 hätte ich das vielleicht nicht gewusst. Ähnlich wie bei "GRLPWR" fotografiere ich die Teilnehmerinnen an Locations, die wir uns gemeinsam aussuchen. Ich nehme mir mehrere Stunden Zeit und übernehme ein bisschen die Rolle der großen Schwester. Anders als bei "GRLPWR" interviewe ich die Mädchen selbst und verfasse dann Portraits zu ihnen. Es ist oft nämlich so, dass sie gar nicht wissen, was für spannende Geschichten in ihnen schlummern oder wie unfair sie aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer Hautfarbe behandelt werden. Im Grunde genommen geht es mir bei beiden Fotoprojekten darum, Social Media für eine positive Sache zu nutzen, die irgendwo auch einen gesellschaftlichen Mehrwert hat. Ich möchte eben nicht nur schöne Fotos machen, sondern auch wichtige Worte in die virtuelle Welt setzen, die anderen nachhaltig helfen können.

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Wie wählst du deine Interviewpartnerinnen aus?
Die ersten "GRLPWR"-Teilnehmerinnen habe ich mir selbst rausgesucht. Ich habe in meinem entfernteren Bekanntenkreis nachgefragt, an wen sie beim Schlagwort Girlpower denken und wieso. Wien ist nicht so groß, mir war trotzdem wichtig, nicht die zehn, fünfzehn "bekanntesten" Gesichter zu porträtieren, sondern bewusst jene zu finden, die einem vielleicht nicht sofort ins Auge fallen, Wien aber trotzdem zu einer besseren Stadt machen. Als das Ganze ins Rollen gekommen ist, haben sich Menschen bei mir gemeldet und Frauen vorgeschlagen. Bei Young Rebels habe ich einen Aufruf auf Social Media gestartet. In kürzester Zeit hatte ich 20 Anwärterinnen. Anders als bei "GRLPWR" war bei "Young Rebels" eigentlich nur das Alter ausschlaggebend.

Was können ältere Generationen von der jüngeren, die du für "Young Rebels" interviewt hast, lernen – und umgekehrt?
Die Teenie-Girls haben mir blind vertraut, wenn es ums Fotografieren ging. Bei den "Älteren" habe ich beobachtet, dass sie sehr im Reinen mit sich selbst sind. Sie haben die Phase der Identitätsfindung größtenteils hinter sich gelassen und wissen, dass sie trotz der Unzufriedenheit, die jede und jeden von uns mal überkommt, gut sind, so wie sind. Ich wünsche mir wirklich, dass alle Young Rebels zu so starken Frauen werden.

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Mit welchen Problemen sind junge Mädchen im Gegensatz zu erwachsenen Frauen deiner Erfahrung nach heute konfrontiert?
Junge Mädchen wissen oft noch nicht, was sie ausmacht und dass sie viel bewegen können, wenn sie nur wollen. Ich glaube, sie verstehen auch noch nicht so ganz, dass sie für ihre Rechte einstehen und sich zur Wehr setzen müssen, wenn ihnen Ungerechtigkeiten widerfahren. Und dann wäre da natürlich auch weiterhin das völlig verzerrte Schönheitsideal, wie eine Frau auszusehen und was sie zu tragen hat.

Welche Geschichte hat dich am meisten beeindruckt?
Das ist schwer zu sagen, weil jede Geschichte für sich sehr spannend und einzigartig ist. Besonders bewegt hat mich aber Karoline, ein 17-jähriges Mädchen, das mit einer Lippen-, Rachen- und Gaumenspaltung geboren und mehrmals operiert wurde. Trotzdem ist sie ein irrsinnig positiver Mensch und wirkt sehr reif für ihr Alter. Von der Narbe, die sie direkt unter der Lippe hat, lässt sie sich nicht verunsichern. Zudem bezeichnet sie sich als Feministin und lässt es Typen nicht durchgehen, wenn sie sie dumm anmachen. Stattdessen gibt sie ihnen zu verstehen, dass sie sich ihre sexistischen Sprüche sparen können. Ich selbst war mit 17 noch nicht so selbstbewusst. Karoline hat schon ziemlich jung ziemlich viel durchgemacht und ist dennoch super tough und fröhlich. Aber alle Frauen haben einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen.

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