Godzilla im Bikini: Die überwältigende Welt der Makrophilie
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Fetisch

Godzilla im Bikini: Die überwältigende Welt der Makrophilie

Während der Wunsch nach dominanten Frauen nichts Ungewöhnliches ist, gibt es Männer, die von echten Riesinnen träumen. Wir haben mit einer "Giantess" und ihren Verehrern gesprochen.

Nicht jeder sieht in Tom und Jerry ein unschuldiges Katz-und-Maus-Spiel. Auch den signifikanten Größenunterschied zwischen den Hauptdarstellern in Alice im Wunderland und Bezaubernde Jeannie sehen manche Menschen mit ganz anderen Augen. Während die meisten Kinder vor den Fernsehern gebannt der Geschichte folgen dürften, verspürte Katelyn als Kind eine ganz andere Art von Nervenkitzel: sexuelle Erregung.

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"Als ich das erste Mal dieses angenehme Kitzeln verspürt habe, hat Tom gerade versucht, Jerry zu fangen", erinnert sie sich. "Ich fand es immer toll, wenn Jerry entkommen konnte und das Spiel weiterging. Ich wollte unbedingt diese Katze sein." Damals ahnte sie noch nicht, wie sich diese Faszination auf ihr weiteres Leben – allem voran ihre Sexualität – auswirken würde.

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In der High-School stellte sich die bisexuelle Katelyn gerne vor, wie sie ihren Schwarm zerquetscht oder ihren Freund beziehungsweise ihre Freundin am Stück verschlingt. Eine andere Fantasie war es, das Schulgebäude zu zerstampfen. Mit diesen Gedanken fühlte sie sich meistens ziemlich allein. "Sexuell gesehen kam ich mir wie ein Fremdkörper vor", erzählt sie.

Während des Studiums entdeckte Katelyn über die Bildersuche bei Google dann, dass es im Netz eine ganze Gruppe von Leuten gab, die denselben Fetisch hatten wie sie. Makrophilie (was wörtlich übersetzt so viel heißt wie "Liebe des Großen") ist ein Fetisch, bei dem Menschen von der Vorstellung eines riesigen Gegenübers sexuell erregt werden. Die Objekte der Begierde werden als "Giant" beziehungsweise "Giantess" bezeichnet. Dabei kommt es in erster Linie auf die Höhe und nicht auf den Umfang an.

Katelyn stellte im Rahmen ihrer Recherche nicht nur fest, dass sie auf Makrophilie steht, sie fand auch die Vorstellung, selbst eine Giantess zu sein, extrem erregend.

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Mit giantesskatelyn.com launchte die 1,57 Meter große Amerikanerin 2006 ihre eigene Website – "ein sexuelles Ventil für meine makrophilen Neigungen und ein Ort, an den meine Fans kommen und mir huldigen können."

Auf der Seite können Nutzer beispielsweise Videos kaufen, in denen sie Miniaturmenschen aus Plastik verschluckt oder unter ihren gigantischen Füßen zertritt. Es gibt aber auch unzählige Geschichten, Comics, Fotografien, Collagen, einen Blog und einen Link zu Katelyns Wunschliste auf Amazon – damit ihr ihre Verehrer Geschenke kaufen können. Mit auf der Liste: Unterwäsche, Geschenkgutscheine von Starbucks, Vitamine, damit sie noch "größer" wird und haftbeschichtete Pfannen. Der Besuch der Webseite selbst ist kostenlos, monatlich bezahlen allerdings rund 700 Fans für kostenpflichtige Inhalte.

Dr. Mark Griffiths, Psychologe und Professor für verhaltensbezogene Abhängigkeiten an der Nottingham Trent University, ist einer der wenigen akademischen Forscher, der Artikel über Makrophilie verfasst hat. Trotzdem betont er immer wieder, dass "wir bisher nur sehr wenig darüber wissen. Es gab noch nicht mal ein Interview mit einem Makrophilen in einer wissenschaftlichen Zeitschrift", erklärt er gegenüber Broadly.

Griffiths schreibt, dass man im Moment davon ausgeht, dass heterosexuelle Männer, die sich sexuell zu weiblichen Riesen hingezogen fühlen, den Großteil der Makrophilen ausmachen. Besonders interessant ist hierbei, dass es sich bei der Fantasie gar nicht unbedingt um eine sexuelle Situation handeln muss.

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Dennoch können selbst nicht-sexuelle Szenarien, die Riesen beinhalten, zu einer sexuellen Stimulation führen. Wie die Situation aussieht, die sich ein Makrophiler ausdenkt, ist vollkommen individuell, da sich ihr Verhalten allein auf ihre Fantasie beschränkt. Selbst die gewünschte Größe der Fantasieriesen ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Manche von ihnen bevorzugen beispielsweise Riesen, die nur ein paar Meter größer sind als sie, andere wünschen sich hingegen Riesen, die sie um mehrere hundert Meter überragen.

Katelyn meint, dass die Größe ganz von ihrer Stimmung abhängt. "An manchen Tagen möchte ich mit der ganzen Galaxie spielen. Manchmal stelle ich mir einfach nur vor, 30 Meter groß zu sein und eine Stadt anzugreifen." Die Größe in ihren Riesenszenarien ist ihr wichtig. Unter 30 Meter ginge sie nur selten, erklärt sie, meistens sei sie in ihrer Fantasie "gigantisch, 1.000 Meter oder noch größer."

Weil ihre Vorlieben eher fantastischer Natur sind, leben die meisten Makrophilen ihren Fetisch im Internet aus. Dort findet man nicht nur Geschichten und Comics, sondern auch zahlreiche Illustrationen und Fotos (bei denen mithilfe von Photoshop künstlich ein Riese eingefügt wurde). Außerdem gibt es unzählige Videos, in denen gigantische Frauen mit winzigen Menschen spielen oder kleine Modellstädte niedertrampeln.

Manche der Filme arbeiten mit CGI und sehen sehr aufwendig aus, andere erinnern an Heimvideos, bei denen die Kamera einfach nur so aufgestellt wurde, dass alles größer wirkt. Viele Giantess bieten auch maßgeschneiderte Videos an, bei denen der Klient die Geschichte vorgeben kann.

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Makrophilie kommt oft in Kombination mit anderen Fetischen vor: BDSM, Vorarephilie (der Fantasie, verschlungen zu werden oder jemanden zu verschlingen) oder dem Crush-Fetisch – dem Wunsch, Dinge zu zerquetschen oder beim Akt des Zerquetschens zuzusehen.

Neben ihrem Riesen-Fetisch hat Katelyn auch einen "ausgeprägten" Mund-Fetisch. Sie glaubt, dass das auch mit ihren makrophilen Vorlieben zusammenhängt und durch ihren Stofftier- und Hentai-Fetisch ergänzt wird.

Dr. Griffiths glaubt, dass der Ursprung der Makrophilie in der Kindheit und frühen Jugend liegt – der Zeit, "in der sexuelle Erregung zum ersten Mal zufällig mit Riesen in Verbindung gebracht wird. Vielleicht während man sich eine Fernsehsendung ansieht, wo Gefühle von sexueller Erregung durch eine Riesin hervorgerufen werden." Mit der Zeit würde die sexuelle Erregung dann allein durch den Riesen oder die Riesin verursacht – eine klassische Konditionierung. Ihm ist es allerdings wichtig zu betonen, dass es sich dabei nur um Spekulierungen seinerseits handelt. "Letztendlich gibt es dazu keine Fallstudien in der Fachliteratur."

Mark ist ebenfalls makrophil und gehört zu Katelyns Verehrern. Er erinnert sich noch genau daran, wie er sich mit 13 Jahren eine Wiederholung von Angriff der 20-Meter-Frau angesehen hat. "Als gezeigt wurde, wie Allison Hayes durch die Wüste läuft, war ich zum ersten Mal erregt", erklärt er mir. "Zu sehen, wie sie das Dach eines Hauses abgerissen hat, um an ihren Mann ranzukommen, war einfach zu viel für mein jugendliches Gehirn."

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Kurz darauf passierte ihm bei dem FilmVillage of the Giants das Gleiche. "Ich kann mich noch daran erinnern, wie eine der Riesinnen im Film meinte: 'Oh, warum zertrete ich ihn nicht einfach?' Das hat mich damals total angetörnt."

Macht, Dominierung und Verwundbarkeit stehen im Zentrum von Makrophilie, sagt die Sexual- und Paartherapeutin Pamela Supple. Für manche sei gerade die Todesangst das Reizvolle, die mit der Vorstellung einhergeht, zerquetscht zu werden oder komplett ausgeliefert zu sein.

Der Reiz einer Giantess besteht für Mark darin, sich unbedeutend zu fühlen. "Es ist, als würde ich mich unkontrollierbar zu ihrer Schönheit hingezogen fühlen – trotz der Gefahr, die so eine Begegnung mit sich bringt", sagt er. "Als überlegenes Wesen würde sie mich nicht weiter beachten, sondern mich einfach nur zur Befriedigung ihre eigenen Bedürfnisse benutzen. Vielleicht verschlingt sie mich, um ihren riesigen Körper zu ernähren oder sie benutzt mich als Sexspielzeug, bis ich kaputt gehe."

Für Mark steht der Wunsch, dieser überlegenen Instanz sein ganzes Leben zu widmen, über allem. "Das Hochgefühl, die Gefahr, die Angst und die sexuelle Erregung wären größer als mein Überlebensinstinkt. Ich wünschte nur, sie wäre real."

Sowohl Supple als auch Dr. Griffiths glauben, dass Makropilie in den vergangen Jahren einen höheren Bekanntheitsgrad erreicht hat. Das Internet hat ihrer Meinung nach allerdings nicht nur eine entscheidende Rolle dabei gespielt, dem Fetisch überhaupt einen Namen zu geben. In einigen Fällen hätte er ihn überhaupt erst möglich gemacht.

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Semeraz ist ein weiterer von Katelyns Verehrern. Bevor er auf ihre Webseite gestoßen ist, wusste er nach eigener Aussage nicht, "dass es sich dabei um einen sexuellen Fetisch handelt". Auch, wenn seine Faszination für das Thema weit in seine Jugend zurückreicht. In der fünften Klasse teilte sein Lehrer die Klasse in zwei Gruppen ein – die "Räuber" und die "Beute". Semeraz fand es unglaublich aufregend, als ein Mädchen zu ihm meinte, dass sie ihn "fressen" würden.

Als Katelyn ihre Webseite gegründet hat, war die Makrophilie-Community noch ein Nischen-Fetisch. "Es gab nur eine Hand voll Webseiten und Betreiber und viele passive Nutzer." Laut ihr ist einer der Gründe dafür, dass der Fetische vor zehn Jahren noch viel stärker tabuisiert war und sehr wenig Content produziert wurde. Frauen, die sich offen zu ihrer Vorliebe bekannten, gab es außer ihr nicht, erzählt sie.

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"Ich war ziemlich einsam als einzige Giantess. Viele Menschen haben auch einfach an meiner Sexualität gezweifelt. Mittlerweile gibt es dagegen so viel makrophilen Content, dass man mehr als nur ein Leben bräuchte, um sich das alles anzusehen."

Ihr Fetisch ist zu einem Vollzeitjob geworden. Zwar sei es für sie "das beste Gefühl der Welt, wenn meine Liebesdienste einem anderen das Gefühl von sexueller und emotionaler Erfüllung geben", manchmal reiche es ihr aber auch nicht, nur mit ihrem Beruf verheiratet zu sein.

"Ich hoffe, dass ich eines Tages diesen einen besonderen Menschen treffe, dem ich dasselbe Gefühl geben kann."