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Verbrechen

Eine Inderin wurde vergewaltigt, ermordet und von Hunden gefressen

Bis zu sieben Männern sollen an der Tat beteiligt gewesen sein, die in ihrer Brutalität an die Gruppenvergewaltigung von Delhi im Jahr 2012 erinnert.
Delhi demonstrators protesting violence against woman in 2012. Photo via Wikimedia Commons

Anfang Mai bestätigte der oberste Gerichtshof Indiens das Todesurteil gegen vier der sechs Männer, die an einem der schockierendsten Vergewaltigungsfälle der letzten Jahre beteiligt waren. Jyoti Singh Pandeywurde wurde im Dezember 2012 in Delhi in einem Bus vergewaltigt und erlag später ihren inneren Verletzungen. Nun erschüttert eine weitere Gruppenvergewaltigung das Land, dessen Umgang mit sexueller Gewalt gegenüber Frauen seit Jahren in der Kritik steht.

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Eine 23-jährige Frau aus Sonipat – einem Ort im nördlich gelegenen Bundesstaat Haryana, etwa 50 Kilometer von Delhi entfernt – wurde am 9. Mai entführt, von mehreren Männern vergewaltigt und anschließend umgebracht. Als sie zwei Tage später gefunden wurde, hatten Straßenhunde ihr Gesicht und Teile ihres Unterleibs gefressen. Der Fall erinnert in seiner Brutalität an die Gruppenvergewaltigung von Delhi, die in Indien auch als der "Nirbhaya-Fall" bekannt wurde.

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Laut Polizeiaussagen wurde das Opfer in Sonipat entführt und in das nahelegene Rohta gefahren. Sie wurde unter Drogen gesetzt, von mehreren Männern vergewaltigt, mit scharfen Objekten malträtiert und mehrfach mit einem Stein ins Gesicht geschlagen – wohl, um es schwieriger zu machen, sie später zu identifizieren. Wie die Hindustan Times berichtet, fuhren die Männer anschließend wiederholt mit einem Auto über ihren Körper, um sie zusätzlich zu entstellen.

"Das Opfer wurde erst unter Drogen gesetzt, indem sie ihr Beruhigungsmittel in einen Softdrink gemischt haben. Es wird angenommen, dass sie vergewaltigt und getötet wurde, nachdem sie bereits das Bewusstsein verloren hatte", sagte Dr. SK Dhatarwal, der die Obduktion vorgenommen hatte, gegenüber der Daily Mail. "Ihr Kopf wurde brutal zertrümmert [und] wir haben gebrochene Knochen gefunden. Die Angeklagten wollten ihr Gesicht zerstören."

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Die Polizei von Haryana reagierte schnell – vielleicht auch, um der Kritik zu entgehen, der sich ihre Kollegen bei dem Delhi-Fall im Jahr 2012 stellen mussten. Bisher befinden sich zwei Verdächtige in Polizeigewahrsam: Sumit Kumar, sowie ein Kollege von ihm, der nur unter dem Namen Vikas bekannt ist. Die Beamten glauben allerdings, dass bis zu sieben Männer an der Gruppenvergewaltigung beteiligt waren.

#Rohtakgangrape, murder case: 2 accused sent to 7 days police remand#Rohtakgangrapecase #Haryanagangrape pic.twitter.com/1UbEiQDhMk
— News Leak Centre (@NewsLeakCentre) 15. Mai 2017

"Sumit hat bereits gestanden und ausgesagt, dass sie das Opfer nach der Vergewaltigung umgebracht haben", erklärte ein Polizeisprecher gegenüber der Mail.

Die Familie des Opfers sagte aus, dass Kumar die Frau verfolgt und belästigt haben soll, nachdem sie sich geweigert hatte, ihn zu heiraten. Außerdem erklärten sie, bereits einen Monat vor dem Vorfall wegen der Belästigung durch Kumar bei der Polizei gewesen zu sein. Auf ihre Beschwerden hätten die Beamten allerdings nicht reagiert. (Die Polizei widerspricht dieser Darstellung. Laut ihnen hätte sich die Familie geweigert, eine schriftliche Beschwerde abzugeben und später mitgeteilt, dass es keinen Grund für polizeiliches Einschreiten gäbe.)

Nach dem Fall von Nirbhaya gab es ernsthafte Versuche, den Rechtsschutz der Opfer zu stärken. Im Jahr 2013 wurden umfassende neue Gesetze gegen sexualisierte Gewalt erlassen, die unter anderem die Todesstrafe forderten, falls ein Opfer infolge einer Vergewaltigung verstirbt oder ins "Wachkoma" fällt. Außerdem ist es seither auch möglich, Polizisten zur Rechenschaft zu ziehen, wenn sie in Fällen von sexuellem Missbrauch nicht ermitteln. Kritiker sagen allerdings, dass der verstärkte Rechtsschutz zwar begrüßt würde, aber trotz allem nichts gegen die anhaltende Frauenfeindlichkeit und die Kultur der Opferbeschuldigung ausrichten könne, die diese Verbrechen überhaupt erst ermöglichen.

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"Obwohl Indien strengere Gesetze erlassen hat, scheint sich die Situation nicht verbessert zu haben", sagt Jayshree Bajoria von Human Rights Watch. "Eigentlich sollten die strengeren Gesetze den Vergewaltigungsopfern helfen. Davon sehen wir momentan allerdings noch nichts. Solche Verbrechen sind nach wie vor keine Seltenheit."

Über die meisten Fälle wird aus rein praktischen Gründen nicht berichtet. Der einzige Grund, warum über die Gruppenvergewaltigung in Sonipat so exzessiv berichtet wird, liegt laut ihr daran, dass es so nah an Indiens Hauptstadt Delhi liegt.

"Wenn man sich die nationalen Verbrechensstatistiken ansieht, dann sieht man, dass es in Haryana eigentlich sehr viele Fälle von sexualisierter Gewalt gibt", erklärt Bajoria. Doch die khap panchayats – die inoffiziellen Gerichte, die von den Gemeindeältesten geleitet werden – haben noch immer einen großen Einfluss in Haryana. "In vielen Fällen erlassen sie Urteile, die zu noch mehr Gewalt und Diskriminierung gegen Frauen führen."

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Im Oktober 2014 geriet der Ministerpräsident von Haryana in die Kritik, weil er Frauen die Schuld an den hohen Vergewaltigungszahlen in Indien gab. "Wer sich dezent kleidet, der wird auch von keinem Mann falsch angesehen", sagte der Ministerpräsident Manohar Lal Khattar.

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"Es gibt seit 2013 zwar strengere Gesetze gegen sexuelle Gewalt und auch mehr Polizei, doch es fehlen die entsprechenden Maßnahmen, um auch die Polizisten zur Verantwortung ziehen zu können. Außerdem kann noch immer nicht sichergestellt werden, dass die Justiz unvoreingenommen gegenüber den Opfern ist", sagt Bajoria. Ihrer Meinung nach wäre es dringend notwendig, dass öffentliche Plätze sicherer werden und mehr Aufklärung in den Schulen stattfindet. Außerdem, sagt sie, sollten Polizisten und gewählte Funktionäre ein Gender-Sensibilitätstraining absolvieren.

Bis es soweit ist, blickt ganz Indien darauf, ob zumindest im Fall von Sonipat Recht gesprochen wird.

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Titelfoto: Nilroy | Wikimedia Commons | CC BY-SA 3.0