Zwei junge Männer und eine junge Frau mit Supreme-Klamotten bei der Eröffnung des Supreme-Stores in Mailand; wir haben dort mehrere junge Menschen gefragt, wie es um den Hype um die Streetwear-Marke steht und was die Brand für die bedeutet
Drei der jungen Menschen, die wir bei der Eröffnung des Supreme-Stores in Mailand befragt haben | Alle Fotos: Vincenzo Ligresti
Popkultur

Junge Menschen erzählen, warum sie immer noch für Supreme anstehen

"Wen kümmert eigentlich irgendein Hype? Wenn dir die Klamotten gefallen, dann kauf sie dir einfach." – Federico, 19
Vincenzo Ligresti
Milan, IT
Carlo Casentini
Milan, IT

Es lässt sich nicht leugnen, Supreme hat sich seit der Gründung 1994 in New York von einer Underground-Skateboardmarke zu einer der berühmtesten Streetwear-Brands aller Zeiten entwickelt. Der Erfolg der Marke basiert vor allem auf Exklusivität: Um Supreme herum hat sich eine große Schar von leidenschaftlichen Sammlerinnen und Resellern gebildet. Letztere stellen seltene Supreme-Klamotten und exklusives Merchandise bei Plattformen wie Klekt oder Depop rein – natürlich zu weit höheren Preisen.

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Kritiker sagen aber, dass Supreme sein edgy Image verloren habe. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Marke 2020 von VF Corporation, einem der größten Bekleidungsunternehmen der Welt, aufgekauft wurde – für lässige 1,7 Milliarden Euro. Dennoch bleiben die Fans der Marke treu. Das lässt sich vor allem immer wieder beobachten, wenn Supreme einen neuen Laden eröffnet und die Leute Schlange stehen – so wie im Mai 2021 in Mailand. Das Geschäft dort ist nach London und Paris der dritte Supreme-Store in Europa und der dreizehnte weltweit.

Durch ein Schaufenster blicken wir in den Supreme-Store in Mailand, wo mehrere Kleidungsstücke schick aufgehangen sind und sich im Hintergrund mehrere Leute anstellen

Der Supreme-Laden in Mailand

Um den Mailänder Supreme-Laden am Tag der Eröffnung überhaupt betreten zu dürfen, mussten sich die Leute vorher anmelden und hoffen, dass ihr Name aus dem Lostopf gezogen wird. Die ausgewählten Kundinnen und Kunden durften sich dann nur 15 Minuten lang im Geschäft aufhalten und jeweils nur ein Exemplar der Kleidungsstücke kaufen. Das begehrteste Teil war dabei ein T-Shirt, das exklusiv für die Eröffnung designt wurde und mit einer Illustration von Leonardo da Vincis Wandgemälde Das Abendmahl bedruckt war. Im Laden kostete das Shirt noch relativ günstige 44 Euro, inzwischen wird es auf der Resell-Plattform StockX für über 500 Euro angeboten.

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Wir haben uns am Eröffnungstag unter die Menge gemischt und Supreme-Fans gefragt, warum sie solche Mühen auf sich nehmen, um ein T-Shirt zu kaufen – und ob der Hype um die Streetwear-Marke wirklich abnimmt.

Angelo, 19: "Wie viele andere Dinge hat auch Supreme an Bedeutung verloren."

Ein junger Mann in hellblauem Kapuzenpullover, Sonnenbrille und medizinischer Maske steht vor dem Supreme-Store in Mailand und blickt in die Kamera

Angelo hat es nicht in den Laden geschafft, wollte sich das Spektakel aber dennoch nicht entgehen lassen

VICE: Ist Supreme immer noch so gehypt wie vor ein paar Jahren?
Angelo:
Wie viele andere Dinge hat auch Supreme an Bedeutung verloren, als die Marke immer beliebter wurde. Was ich anfangs so cool fand: Supreme war damals noch fest in der New Yorker Skateboard-Szene verwurzelt. Ich skate allerdings nicht. Deswegen wäre es etwas vermessen von mir, wenn ich kritisieren würde, dass sich das verändert hat.

Vergiss Supreme, Lidl ist der neue Streetwear-Hype

Ich rege mich aber richtig darüber auf, dass die Leute, die die Supreme-Klamotten wirklich tragen wollen, jetzt mit den ganzen Resellern konkurrieren müssen, die nur am Profit interessiert sind. Durch die ganzen Bots ist es inzwischen fast unmöglich geworden, Supreme-Sachen zum Ladenpreis zu bekommen. Ein Beispiel: Den Kapuzenpullover, den ich gerade trage, musste ich für rund 40 Euro mehr als normal kaufen.

Du bist ja nicht in den Laden gekommen. Hast du deshalb jemanden beauftragt, das limitierte T-Shirt für dich zu kaufen?
Realistisch gesehen würde das wohl kaum jemand für mich machen, weil man ja immer nur ein Exemplar bekommen hat. Wenn allerdings jemand aus dem Laden kommen und mir das Shirt für einen höheren Preis verkaufen würde, dann würde ich sofort zuschlagen, es einrahmen und irgendwo aufhängen.

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Chung, 33: "Am besten gefällt mir, dass die Kleidungsstücke so selten sind."

Ein asiatischer Mann mit schwarzem Supreme-Hoodie, Cap und Maske steht in Mailand vor einer Straßengabelung

Chung verkauft in Italien gekaufte Luxusklamotten an Koreanerinnen und Koreaner weiter

VICE: Du bist hier wegen der Ladeneröffnung?
Chung:
Ich habe erst ganz spät und eher zufällig davon erfahren. Deswegen konnte ich mich nicht mehr für die Verlosung registrieren. Ich hoffe aber, dass ich trotzdem irgendwie in den Laden komme.

Bist du Supreme-Fan?
Ich finde den weiten Schnitt der Klamotten super. Und dass die Marke die Skateboard-Kultur repräsentiert. Am besten gefällt mir aber, dass die Kleidungsstücke so selten sind. Ich lebe seit zwei Jahren in Mailand und betreibe eine Website auf Koreanisch, auf der ich hier in Italien gekaufte Luxusklamotten – zum Beispiel von Prada, Fendi oder Chanel – weiterverkaufe.

Supreme auch?
Nein, Supreme kaufe ich nur für mich selbst – und fast immer nur online.

Was ist dein seltenstes Kleidungsstück von Supreme?
Am meisten habe ich für eine Jacke aus der Kollektion mit Stone Island ausgegeben, das waren über 1.000 Euro.

Andrea, 27: "Ich versuche, mindestens einmal pro Jahr in einen Supreme-Laden zu gehen."

Ein junger Mann in Jeans, Sneakern und heller Jacke steht mit zwei Supreme-Einkaufstaschen in der Hand vor einer Hausmauer und blickt in die Kamera

Andrea war der erste in der Warteschlange

VICE: Du warst der allererste Kunde, der den Laden betreten durfte. Wie lange hast du auf diesen Moment gewartet?
Andrea:
Seit ich 2016 die ersten Gerüchte gehört habe. Ich versuche, mindestens einmal pro Jahr in einen Supreme-Laden zu gehen, wenn es einen Drop gibt, der mich besonders interessiert. Ich war schon in den Filialen in Paris, London und Los Angeles. Die Eröffnung in San Francisco habe ich leider um eine Woche verpasst.

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Wie viele Supreme-Klamotten besitzt du?
Viele. Die, an die ich nicht in den Läden gekommen bin, habe ich Resellern abgekauft. Leider schaffe ich es nur selten, etwas über die offizielle Website zu ergattern. Deswegen versuche ich, viel mit anderen Sammlern zu tauschen, um nicht zu viel Geld auszugeben.

Was hast du hier gekauft?
Ich habe das berüchtigte Shirt mit dem Abendmahl-Motiv bekommen, dazu eine Jeansjacke, ein Polohemd und ein Skateboard, das ich wahrscheinlich irgendwo an eine Wand hänge.

Ginevra, 23: "Mein Freund und ich wollen unbedingt den Panton Chair von Supreme."

Eine junge Frau mit langen, blonden Haaren und Gesichtsmaske hält ein speziell für den italienischen Store entworfenes Supreme-Shirt in die Kamera

GINEVRA und das speziell für den Mailänder Laden entworfene Supreme-Shirt

VICE: Du bist großer Supreme-Fan?
Ginevra:
Ich verfolge die Marke jetzt seit eineinhalb Jahren, mein Freund hat mich dafür begeistert. Schon cool, dass es jetzt einen Laden in Mailand gibt. Ich habe echt Glück, dass ich direkt am ersten Tag reinkonnte.

Und dein Freund hat es nicht geschafft?
Nein, er wurde nicht ausgewählt. Ich habe bei Verlosungen aber irgendwie immer Glück. Nachdem ich die Bestätigung bekommen hatte, blieb mir nur wenig Zeit, um zu antworten. Natürlich hatte ich genau da kein Guthaben mehr auf meinem Handy und musste schnell los, um es wieder aufzuladen. Aber letztendlich klappte dann alles.

Warum sind nur so wenige Frauen hier?
Die Streetwear-Szene ist von Männern dominiert. Natürlich mischen auch einige Frauen mit, aber das sind nur wenige – auch wenn sich das langsam ändert.

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Was hast du dir heute gekauft?
Ich habe Socken, das T-Shirt mit dem Mailand-Logo und eine Jeansjacke bekommen. Mein Freund und ich wollen aber unbedingt den Panton Chair von Supreme, weil wir gerade unsere Wohnung renovieren. Ich studiere Design und würde unser Zuhause gerne in diesem Stil einrichten.

Francesco, 22: "Ich bin für die Eröffnung extra aus der Toskana angereist."

Ein junger Mann mit roter Supreme-Cap und weißem Shirt steht vor dem Supreme-Laden in Mailand und hält seinen Einkauf in die Kamera

Francesco ist seit zweieinhalb Jahren Supreme-Fan

VICE: Du bist gerade aus dem Laden gekommen, wie wars?
Francesco:
Besser als erwartet. Alles war sehr gut organisiert. Ich habe Videos von den Warteschlangen vor der Londoner Supreme-Filiale gesehen, dort waren viel mehr Leute enger zusammengedrängt.

Was hast du dir gekauft?
Natürlich das T-Shirt mit dem Mailand-Logo, dazu ein Sweatshirt mit rosafarbenem Supreme-Logo aus der Kollektion mit dem Künstler KAWS, eine Jeansjacke, Caps, Socken und ein Skateboard-Deck, das ich mir nicht entgehen lassen konnte. Ich skate zwar nicht, aber es macht sich gut in meiner Sammlung.

Erzähl uns mehr über deine Supreme-Leidenschaft.
Ich bin seit zweieinhalb Jahren Supreme-Fan, in dieser Zeit habe ich rund 25 Supreme-Teile gekauft – meistens T-Shirts. Mein seltenstes Sammlerstück ist das Shirt mit dem COVID-19-Logo. Normalerweise kaufe ich die Sachen online, aber die Eröffnung des ersten Supreme-Ladens in Italien durfte ich nicht verpassen. Ich bin dafür extra aus der Toskana angereist.

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Hast du schon Teile aus deiner Supreme-Sammlung weiterverkauft?
Ich bin jetzt kein Reseller per se, aber manchmal mache ich das schon, um mir andere Supreme-Sachen kaufen zu können.

Federico, 19: "Wen kümmert eigentlich irgendein Hype?"

Ein junger Mann in einem weinroten Supreme-Kapuzenpullover und Gesichtsmaske steht vor dem Mailänder Supreme-Store und blickt in die Kamera

Federico wollte bei der Eröffnung vor allem Material für seinen YouTube-Kanal drehen

VICE: Bist du schon lange Supreme-Fan?
Federico:
Supreme ist schon immer meine Lieblingsmarke. Ich stehe allgemein total auf Streetwear und Skateboarden. Außerdem finde ich es super, dass Supreme keine Luxusmarke ist – für 30 Euro kann man sich ein Kleidungsstück kaufen, das später sehr viel mehr wert ist.

Herrscht um die Marke immer noch der gleiche Hype wie vor ein paar Jahren?
Der Hype ist kleiner geworden, was ich aber gut finde. So sind die Klamotten wieder leichter zu bekommen. Aber wen kümmert eigentlich irgendein Hype? Wenn dir die Klamotten gefallen, dann kauf sie dir und trag sie einfach.

Rebecca, 20, und Francesca, 18: "Das Ganze wird wohl so in fünf oder sechs Jahren zu Ende sein."

Eine blonde junge Frau in Jeans und hellem Oberteil und eine dunkelhaarige junge Frau in Jeans und schwarzem Oberteil stehen in einer Fußgängerzone und posieren für die Kamera

Rebecca und Francesca wagen eine Zukunftsprognose für die Streetwear-Szene

VICE: Was gefällt euch an Supreme?
Rebecca und Francesca:
Supreme ist eine der wichtigsten Streetwear-Brands überhaupt. Wir sind Fans, seitdem der Hype richtig aufkam. Zwar besitzen wir noch keine Supreme-Klamotten, aber wir würden gerne ein bisschen was von allem haben – vor allem das ikonische T-Shirt mit dem roten Logo. Einer unserer Freunde wurde bei der Verlosung gezogen und darf in den Laden, hoffentlich bringt er uns was mit.

Es gibt vergleichsweise wenige weibliche Supreme-Fans. Woran liegt das?
Streetwear braucht bei Frauen immer etwas länger. Außerdem ist Supreme eher für Männer interessant, weil die Kleidungsstücke zwar als Unisex vermarktet werden, aber trotzdem einen sehr maskulinen Schnitt haben. Deswegen sind sie für Frauen schwieriger zu tragen, wenn sie nicht gerade auf diesen Skater-Style abfahren. Heute ist die Szene aber schon viel vielfältiger als noch vor ein paar Jahren. 

Wie sieht die Zukunft von Streetwear eurer Meinung nach aus?
Streetwear wird immer modischer, aber das Ganze wird wohl so in fünf oder sechs Jahren zu Ende sein – wie es mit Trends eben immer ist. Dann folgt die Rückkehr zu einem klassischeren Stil, und alles beginnt von vorn.

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