FYI.

This story is over 5 years old.

Sex

Kann man seinen Kater mit Sex heilen?

Ich habe mich im Namen der Wissenschaft zwei Tage in Folge betrunken, um meine Theorie an der naheliegendsten Person zu testen: mir selbst.
Image by Branislava Živić via Stocksy

Die größten Wissenschaftler besitzen eine intensive und schon beinahe obsessive Neugier. Sie wollen wissen, wie die Welt funktioniert und würden alles tun, um an Antworten zu kommen. Diese Neugierde hat bei vielen Forschern schon einige Male dazu geführt, dass sie ihre Experimente an den ihnen nahestehendsten Versuchspersonen durchgeführt haben: sich selbst. Jonas Salk hat seinen Polioimpfstoff zuerst an sich selbst und seiner Familie ausprobiert. Der berühmte Chemiker und Erfinder von LSD Albert Hofmann hat seine erste Dosis am 19. April 1943 genommen und ist danach mit dem Fahrrad durch eine magische Welt voller Wunder nach Hause gefahren. (Bis heute feiern Acid-Enthusiasten deshalb ihm zu Ehren am 19. April den „Fahrradtag"). August Bier war einer der Vorreiter der Spinalanästhesie. Hierfür hat er seinem Assistenten und anschließend sich selbst Kokain in die Wirbelsäule gespritzt.

Anzeige

Ich habe beschlossen, in ihre Fußstapfen zu treten und im Selbstversuch die These zu entkräften, man könne mit Sex seinen Kater heilen. Im Namen der Wissenschaft habe ich mich deshalb zwei Nächte lang königlich abgeschossen und habe dann versucht, gegen bohrende Kopfschmerzen und allgemeine körperliche Zerstörtheit anzuvögeln. Schickt mir meinen Nobelpreis bitte einfach in die Broadly-Redaktion!

Mein Plan sah so aus: Sonntag- und Montagabend wollte ich so viel trinken, dass ich einen leichten bis mittelschweren Kater habe. Ich wollte nicht, dass mein Kater so schlimm wird, dass ich mich nicht mehr bewegen kann, weil wie sollte ich dann Sex haben? Am Montagmorgen habe ich nichts getan. Dafür hatte ich am Dienstag Sex mit meinem Mann. Den Rest der Tages verbrachte ich damit, die Qualität meines Katers zu bewerten. Um den bestmöglichen Kater zu kriegen, habe ich all das getan, was man eigentlich nicht tun sollte: Ich habe Whiskey getrunken, weil dunkler Alkohol mehr Kongenere enthält (also extra Chemikalien, die deinen Kater noch schlimmer machen), habe geraucht und zuckerhaltige Getränke getrunken, die den Kater am nächsten Morgen angeblich noch schlimmer machen sollen.

Mehr lesen: Was hilft gegen eine Überdosis Koffein?

Viele Leute glauben, dass Dehydratation der Grund dafür ist, dass man einen Kater bekommt, aber obwohl man bei einem Kater ähnliche Symptome hat (trockener Mund, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten), stimmt der Elektrolythaushalt bei verkaterten Menschen nicht mit dem von dehydrierten überein.

Anzeige

„Während der Intoxikation beeinflusst Alkohol die Harnausscheidung, da der Körper vermehrt Adiuretin produziert—ein Hormon, das den Flüssigkeitshaushalt reguliert", sagt Damaris H. Rohsenow, stellvertretende Leiterin des Zentrum für Alkohol- und Suchtstudien der Brown University. „Während dem Kater nimmt das Adiuretin-Niveau dann wieder ab."

Rohsenow erklärt mir die verschiedenen vermeintlichen Gründe für einen Kater per Mail. Ein weiterer Übeltäter, der vor Kurzem ausgeschlossen werden konnte, ist Glucose. Früher dachte man, dass der Blutzuckerspiegel während einem Kater in den Keller gehen würde. Doch laut Rohsenow „konnte in mehreren Studien kein Zusammenhang zwischen dem Blutzuckerspiegel und der Schwere des Katers festgestellt werden, sodass es keine Beweise gibt, die diese These stützen würden."

Die naheliegendste Antwort ist laut der Alcohol Hangover Research Group (AHRG), dass es sich um eine Immunantwort der Körpers handelt. Wissenschaftler haben festgestellt, dass nach dem Trinken entzündungsfördernde Zytokine im Körper aufgebaut werden. Zytokine sind kleine Proteine, die den Zellen in deinem Körper das Signal geben, alle möglichen Sachen zu tun. Die Zytokine, die sich beim Trinken konzentriert anreichern, haben zur Folge, dass es im Gewebe zu Entzündungen kommt, ähnlich wie bei einer allergischen Reaktion. Entzündungsfördernde Zytokine könnten auch für die Übelkeit, die Kopfschmerzen und die allgemeinen Schmerzen verantwortlich sein. Sogar Erinnerungslücken, die durch exzessives Trinken manchmal entstehen, könnten darauf zurückzuführen sein.

Anzeige

Foto: Yuris Alhumaydy | Unsplash | CC0

Die Frage, die ich mir stellte, war also: Wirkt Sex entzündungshemmend? Und wenn ja, reicht das aus, um einen Kater zu kurieren?

Wenn wir einen Orgasmus haben, wird unser Körper mit Hormonen durchflutet. Eines davon ist Oxytocin, das sogenannte „Bindungshormon." Oxytocin hilft uns dabei, Empathie zu empfinden, eine Bindung zu unseren Partnern aufzubauen und Wunden zu heilen und es wirkt darüber hinaus auch entzündungshemmend. Eine Studie aus dem Jahr 2010 hat herausgefunden, dass Paare, die eine Übung zum Teambuilding erfolgreich absolviert haben, ein erhöhtes Oxytocin-Niveau und darüber hinaus auch eine bessere Wundheilung hatten. Die Studie vermutet, dass das Oxytocin, das die Paare aufgrund der Zusammenarbeit ausgeschüttet haben, die Produktion von Zytokin blockiert hat.

So kam ich zu meiner Hypothese: Wenn man Sex hat, könnte es sein, dass der Körper genug Oxytocin ausschüttet, um die Zytokinproduktion zu blockieren, was folglich auch meinen Kater lindert. Das Einzige, was ich noch tun musste, war, meine Theorie in der Praxis zu erproben.

Während ich mich an der Bar im Namen der Wissenschaft betrunken habe, habe ich Leute gefragt, ob sie ihren Kater schon einmal mit Sex heilen konnten. „Ich glaube, ich hatte bereits Erfolg damit", erzählte mir mein Barkeeper vom Sonntagabend. „Die Kater waren aber nie so schlimm. Wenn der Kater zu heftig ist, wäre Sex aber wohl auch das Letzte, woran ich denken würde."

Anzeige

„Ich denke, das lenkt einen ab, aber ich glaube nicht, dass es ein Heilmittel ist", sagte eine meiner Trinkkumpaninnen. Ihr Freund stimmte dem zu, was der Barkeeper gesagt hat: schlimme Kater und Sex passen nicht gut zusammen. „Wenn ich aufstehe und mich bewege, fühle ich mich danach manchmal besser", sagt er, „aber Stoßbewegungen sind die falsche Art von Bewegung. Ein Blowjob geht natürlich immer, aber Sex? Eher nicht."

Ich hatte zwar einen Kater, aber keinen allzu schlimmen. Wenn mein Kater ein Celebrity gewesen wäre, dann wäre er Chris Evans.

Am Montagmorgen bin ich kurz vor elf aufgestanden, habe so viel Wasser wie nur irgend möglich getrunken und habe mir mehrere Folgen von The Vampire Diaries angesehen. Ich hatte zwar einen Kater, aber keinen allzu schlimmen. Wenn mein Kater ein Celebrity gewesen wäre, dann wäre er Chris Evans: Er macht durstig, ist aber harmlos. Meine Lebensqualität an diesem Montag würde ich mit einer 7,5 bewerten.

Am Dienstagmorgen bin ich irgendwann um Acht aufgestanden, um Sex mit meinem Mann zu haben, bevor er zur Arbeit musste. Wir haben den Akt vollbracht, ich bin gekommen und habe mich danach nochmal hingelegt. Um die Mittagszeit bin ich wieder aufgewacht und habe mir gewünscht, ich könnte einfach wieder einschlafen. Ich bin wie ein Zombie durch die Küche gestolpert und bin bei jedem kleinen Geräusch zusammengezuckt. Außerdem fühlte sich meine Haut ganz gereizt an. Wenn ich diesen Kater mit einem Promi vergleichen müsste, wäre er Sami Slimani: Er verschwindet nicht und ist einfach nur anstrengend. Meine Lebensqualität an diesem Tag würde ich mit einer 4 bewerten: schon fast unerträglich.

Anzeige

Am zweiten Tag habe ich mich definitiv sehr viel schlechter gefühlt. Mein Mann hatte schon geahnt, dass das passieren würde. „Ich bin dabei", schrieb er mir per SMS, nachdem ich ihm das Konzept erklärt hatte, „aber ich zweifle, dass es funktionieren wird. Ich schätze auch, dass viel von dem Nutzen dadurch verloren gehen wird, dass du so früh aufstehen musst." Obwohl ich in beiden Nächten gleich viel geschlafen habe, wurde mein Schlafplan am Dienstagmorgen vom Sex unterbrochen.

Mehr lesen: Drunkorexia—Wenn man weniger isst, um mehr trinken zu können

„Ich habe bei meiner Forschungsarbeit festgestellt, das objektiv messbare Schlafunterbrechungen (z.B. geringe Schlafeffizienz, vermehrte Wachphasen, Zahl der Wachphasen) im Zusammenhang mit schwerwiegenderen Katersymptomen standen", sagt Rohsenow. Die AHRG stellte in ihrer Untersuchung aus dem Jahr 2008 fest, dass Katerstudien in der Regel vergaßen, den Schlafmangel nachzuahmen, unter dem man normalerweise leidet, wenn man die ganze Nacht getrunken hat: „Einige der Symptome, die man am Tag nach dem exzessiven Alkoholgenuss erlebt, stehen in direktem Zusammenhang mit der Schlafdauer und -qualität und nicht mit der Menge an Alkohol, die man getrunken hat."

Es kann also sein, dass man den Müdigkeitskater mit dem Alkoholkater verwechselt—vor allem, wenn man sich besonders träge fühlt.

Sich den Schmerz wegzubumsen, funktioniert vielleicht, wenn man sowieso früh aufstehen muss, aber die zuverlässigsten Heilmethode ist es noch immer, seinen Kater einfach auszuschlafen. Um eine noch bessere Methode zu finden, wird es aber noch viel mehr mutige Forscher wie mich erfordern.

Folgt Broadly auf Facebook, Twitter und Instagram.