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Wissenschaft

Sind Freundschaften stärker als Morphium?

Eine neue Untersuchung der Oxford University hat herausgefunden, dass Leute, die mehr Freunde haben, weniger schmerzempfindlich sind.
Photo by KKGAS via Stocksy

Zum Entsetzen aller BFFs auf der ganzen Welt hat im März eine Studie enthüllt, dass angeblich nur dumme Menschen viele Freunde haben. Nun könnte uns eine weitere (unabhängige) Studie einen genaueren Einblick in das Wesen dieser „dummen Menschen mit vielen Freunden" geben. Sind all diese Dummköpfe vielleicht nur süchtig nach der betäubenden, wohligen Wirkung, die Freunde auf uns haben? Die Oxford University (OU) will nämlich herausgefunden haben, dass Freunde ein ziemlich effektives Schmerzmittel sein können.

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Laut der OU hat Katerina Johnson, eine Doktorandin aus dem Fachbereich Psychiatrie und experimentelle Psychologie, diese Entdeckung gemacht, als sie versucht hat, die Theorie zu beweisen, dass „soziale Interaktionen positive Emotionen hervorrufen, wenn sich Endorphine an die Opiumrezeptoren im Gehirn binden, was wiederum das gute Gefühl hervorruft, das wir empfinden, wenn wir Freunde treffen", sagte sie gegenüber der Universität.

Die Theorie wurde mit dem Wissen getestet, dass Endorphine eine stärkere schmerzstillende Wirkung haben als Morphium. „Falls die Theorie richtig ist, würde das bedeuten, dass Menschen mit einem größeren sozialen Netzwerk eine höhere Schmerztoleranz haben", berichtet die OU. „Das wiederum konnte durch die Studie bestätigt werden."

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Die Teilnehmer der Studie mussten im Rahmen der Untersuchung eine Reihe von Fragen zu ihren persönlichen Beziehungen und ihrem sozialen Netzwerk beantworten. Anschließend mussten sie „Wandsitzen"—das ist die Übung aus dem Sportunterricht, bei der man mit den Knien im 90-Grad-Winkel an der Wand hockt. „Die Untersuchung hat ergeben, dass die Leute, die diesen Schmerztest länger ausgehalten haben, in der Regel auch ein größeres soziales Netzwerk hatten", schreibt die OU.

Dr. Robert Sternberg ist Professor für menschliche Entwicklung an der Cornell University und spezialisiert auf Intelligenz und Beziehungen. In einem Interview mit Broadly erklärt er, dass diese Untersuchungsergebnisse nicht unbedingt bedeutungsvoll sind, da die Studie lediglich Wechselwirkungen und keine Ursachen erforscht. In anderen Worten heißt das, dass die Tatsache, dass die Teilnehmer mit mehr Freunden weniger schmerzempfindlich waren, nicht bedeutet, dass ihre Freundschaften die Schmerzlinderung bewirkt haben. „Aus solchen Korrelationsstudien werden häufig falsche Schlüsse gezogen", erklärt er. „Die Kunst ist es, die Ursache zu ermitteln."

Als eine Studie im März angeblich gezeigt hat, dass nur dumme Menschen viele Freunde haben, hat Broadly mit Mensa gesprochen, der weltgrößten und ältesten Gesellschaft für Menschen mit einem hohen Intelligenzquotienten. Eine Sprecherin hat uns erklärt, dass sich „sehr intelligente Menschen manchmal von den Menschen um sie herum isoliert fühlen, weil sie die Welt anders sehen und wahrnehmen." Das Prinzip, dass sich intelligente Menschen häufiger isoliert fühlen und deshalb in der Regel weniger Freunde haben, lässt sich auch auf die Forschungsergebnisse von Johnson übertragen.

„Menschen, die häufiger unter Schmerzen leiden, sind vielleicht nicht in der Lage, sich öfter mit Freunden zu treffen, weil sie mit ihren Schmerzen beschäftigt sind", sagt Sternberg. Das heißt, dass die einsamen, schmerzgepeinigten Wandsitzer aus der OU-Studie weniger Freunde haben, weil sie eine niedrigere Schmerztoleranz haben. „Menschen, die—aus welchem Grund auch immer—stärkere Schmerzen haben, verbringen aufgrund der Schmerzen vielleicht mehr Zeit im Krankenhaus, in Behandlung oder zuhause und sind deshalb vermutlich seltener bei Freunden", sagt Dr. Sternberg.