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Menstruation

Das Mysterium der männlichen Menstruation

Ein Student hat kürzlich gegenüber einer britischen Zeitung behauptet, solidarisch Krämpfe zu bekommen, wenn seine Mitbewohnerin ihre Periode hat. Aber ist das überhaupt möglich? Wir haben nachgefragt.
Photo by Andrijana Kostova via Stocksy

Ist es möglich, dass ein Mann so viel Zeit mit einer Frau verbringt, dass er anfängt, sich an ihren Menstruationszyklus anzupassen, zur selben Zeit wie sie Krämpfe bekommt, zu Filmen von Hugh Grant weint und denselben Heißhunger auf diese eine Geschmacksrichtung von Ben and Jerry's hat? Laut der Sun ist genau das dem 22-jährigen George Fellows passiert. Seit er seine beste Freundin und Mitbewohnerin Amber-May Ellis kennengelernt hat, leidet er unter „mysteriösen Schmerzen", die seit zwei Jahren jeden Monat in etwa zur selben Zeit wie Ellis Periode wiederkehren. Er sagt auch, dass er während dieser Zeit im Monat „super emotional" wird.

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„Eines Tages war ich in der Uni, als die Schmerzen plötzlich anfingen. Ich bin ein bisschen hypochondrisch, deshalb habe ich Panik bekommen", sagt er in dem Artikel. „Amber sagte spontan: ‚Ich habe im Moment meine Tage. Jetzt weißt du, wie ich mich fühle.' Ich habe mir zuerst nichts dabei gedacht, aber im darauffolgenden Monat—wie ein Uhrwerk—habe ich wieder diese Schmerzen bekommen. Nach drei Monaten wussten wir, dass irgendwas nicht stimmt."

Ich zweifle nicht an der platonischen Hingabe der beiden zueinander (sie haben immerhin dasselbe Wingdings-Tattoo). Trotzdem klingeln bei Fellows Geschichte natürlich sämtliche „Schwachsinn!"-Alarmglocken. Obwohl wir von dem Betroffenen selbst keinen Kommentar bekommen haben (anscheinend ist er im Moment bei Press Association unter Vertrag und er möchte seine Geschichte nur gegen Bezahlung erzählen), war die aufgeworfene Frage trotzdem ziemlich interessant: Können Männer aus Solidarität menstruieren?

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Vouchercloud hat dazu eine Umfrage mit über 2.000 Menschen aus Großbritannien durchgeführt. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass es möglich ist—oder zumindest denken Männer das gerne. Als die männlichen Teilnehmer gefragt wurden, ob sie bereits Erfahrung mit der „Männermenstruation" gemacht haben, antworteten 26 Prozent mit Ja. Die meisten von ihnen zählten jedoch als Symptome auf, dass sie sich „müder als normal" fühlten oder „mehr Heißhunger" hatten. Nur 5 Prozent berichteten davon, dass sie physische Schmerzen wie Krämpfe erlebt haben. Darüber hinaus ist es schwierig, irgendein eindeutiges Ergebnis aus einer Umfrage zu ziehen, die von dem britischen Äquivalent von Groupon durchgeführt wurde und die Teilnehmer dazu aufforderte, rückblickend zyklische Veränderungen in Bezug auf ihr Verhalten und ihre Stimmung zu identifizieren. Darin sind Menschen einfach nicht gut.

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Also habe ich Dr. Tomi-Ann Roberts, eine Psychologin von der Gesellschaft zur Erforschung des Menstruationszyklus, gefragt, ob sie bereits von diesem Phänomen gehört hat. Um es kurz zu machen: Nein, hat sie nicht. Sie hat aber auch nicht vollständig ausgeschlossen, dass es existieren könnte. Nachdem es immer mehr Beweise für das sogenannte Couvade-Syndrom gibt—ein psychologischer Zustand, bei dem Männer, deren Partnerinnen schwanger sind, ebenfalls Symptome einer Schwangerschaft erleben—sagte sie, dass „vorstellbar ist, dass es hierzu auch ein Äquivalent während der Periode geben könnte."

Viele Männer berichten von den Symptomen des Couvade-Syndroms. Dazu gehören beispielsweise Übelkeit, Bauchschmerzen, Aufgedunsenheit, veränderter Appetit, Krämpfe in den Beinen und Rückenschmerzen. Laut Arthur Brennan, der 2005 eine Studie zu diesem Phänomen durchgeführt hat, erleben 25-52 Prozent aller Männer solche Symptome während der der Schwangerschaft ihrer Partnerin.

Eine Theorie aus der Psychoanalytik, die Brannen in der Washington Post beschreibt, besagt, dass das Couvade-Syndrom darauf beruht, dass „der Mann neidisch ist auf die Gebärfähigkeit der Frau". Das könnte auch auf die Menstruation übertragen werden, obwohl mir nicht ganz klar ist, warum Männer auf wiederkehrende zyklische Schmerzen, Blähungen, Stimmungsschwankungen und allgemeines Unwohlsein neidisch sein sollten.

„Um das wirklich begreifen zu können, muss man verstehen, was für eine genaue Bedeutung [die Menstruation] für diese Person und in dieser Beziehung hat", sagt die Psychologin Dr. Amy Altenhaus in Bezug auf Fellows psychischer Menstruation. Sie hat keinen Zweifel daran, dass es möglich ist, dass jemand psychosomatische Schmerzen bekommt, die mit dem monatlichen Menstruationszyklus einer anderen Person zusammenhängen. Dennoch, sagt sie, hat sie es in der Praxis noch nie erlebt.

Doch auf der Suche nach kalten, harten, wissenschaftlichen Fakten findet man kaum etwas darüber, dass ein enger Freund oder der Partner einer menstruierenden Frau empathische Schmerzen erlebt. Es gab eine Studie, die besagt, dass der Testosteronspiegel von Männer sinkt, wenn die Partnerin schwanger ist. Aber ob die Menstruation einer Frau die Hormone ihres Partners beeinflusst, das wurde noch nicht genauer untersucht. Eine aktuelle Studie kommt sogar zu dem Ergebnis, dass nicht einmal Frauen untereinander ihren Zyklus aufeinander abstimmen und dass es reiner Zufall ist, wenn zwei Frauen, die sich nahestehen, gleichzeitig ihre Periode haben.

Generell sind Regelschmerzen eine Erfahrung, die uns Männer gerne wegnehmen könnten. Aber wie sich rausgestellt hat, ist das trotz allem leider einfach nicht möglich.