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Antifeminismus

Zwei Männerrechtsgruppen wurden als "Hate Groups" eingestuft – zu Recht

"Die Juden haben es wieder auf mich abgesehen", twitterte Roosh V. Dabei zeigten Männerrechtler bereits mehrfach, dass Frauenhass tödlich sein kann.
Collage: Broadly

"A Voice for Men" und "Return of Kings": So heißen die beiden Männerrechtsgruppierungen, die jetzt offiziell als Hassgruppen gelten. Sie wurden in den 2017er "Year in Hate"-Bericht der US-amerikanischen gemeinnützigen Organisation Southern Poverty Law Center (SPLC) aufgenommen. Eine solche Einordnung hat es vorher noch nie gegeben. "Beide Organisationen machen kategorisch alle Frauen schlecht ", sagt Keegan Hankes, ein Datenanalyst des SPLC. "Sie reden von genetischer Überlegenheit und von manipulativen, dummen Frauen. Am Leid der Männer seien ausschließlich Frauen schuld."

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Auch in Deutschland vermischt sich die Grenze zwischen unsicheren Single-Männern und rechten Frauenfeinden zunehmend. Die Verehrung zu Pickup-Artists geht oft Hand in Hand mit AfD-Propaganda und Ausländerhass.

2009 rief Paul Elam mit A Voice for Men die beliebteste Website der Männerrechtsbewegung ins Leben. Der gescheiterte Vater weigert sich, Unterhalt für seine Kinder zu zahlen, und interessierte sich mit 13 zum ersten Mal für das Thema männliche Überlegenheit – nachdem seine Mutter ihn zwingen wollte, ein Medikament gegen Durchfall zu nehmen. Return of Kings hingegen ist ein Blog, der seine Zielgruppe als "heterosexuelle, maskuline Männer, für die Männer maskulin und Frauen feminin sein sollen" definiert. Online ging er im Jahr 2012, dahinter steckt Daryush Valizadeh alias Roosh V, der schon offen damit angegeben hat, Frauen zu vergewaltigen. Letztes Jahr hat man ihn dabei fotografiert, wie er ungepflegt aussehend im Keller seiner Mutter steht, in dem er seit längerem wohnen soll.


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"Die Juden haben es wieder auf mich abgesehen", twitterte Valizadeh als Reaktion auf die Erwähnung in dem SPLC-Bericht – eine seltsame Art, sich von der Einordnung als sogenannte Hate Group zu distanzieren. Gegenüber der Washington Post bezeichnete er den Bericht als einen Haufen von Lügen. Return of Kings sei eine Website, die er ganz alleine betreibe, beschwerte er sich. "Wie kann der Blog eines einzigen Menschen eine 'Hassgruppe' sein?" Elam schlug in die gleiche Kerbe, er nannte das Ganze "eine absolute Farce".

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Auch wenn die meisten Männerrechtsgruppen nur im Internet aktiv sind, überträgt sich ihre Ideologie und ihr Hass auch auf die echte Welt. Ihr wollt Beispiele? Wir haben Beispiele.

Der Amoklauf von Elliot Rodger

"Wenn man von Äußerungen spricht, die online getätigt und anschließend in die Tat umgesetzt wurden, kommt einem sofort Elliot Rodger in den Sinn", sagt Hankes. 2014 erschoss und erstach der damals 22-Jährige Rodger in der Nähe University of California, Santa Barbara sechs Menschen und verletzte 14 weitere. Vor seinem Amoklauf, bei dem er sich am Ende selbst umbrachte, schickte er einigen Freunden und Verwandten ein 137-seitiges Dokument mit dem Titel "Elliot Rodger Manifesto: My Twisted World". Darin hatte er die Beweggründe für seine Tat festgehalten: allem voran Frauen und ihren Unwillen, mit ihm zu schlafen.

"Ich werde alle Frauen zerstören, weil ich sie niemals haben kann. Weil sie mich zurückgewiesen haben, werde ich sie leiden lassen. Ich werde mich mit tödlichen Waffen ausrüsten und einen Krieg gegen alle Frauen und gegen die Männer beginnen, auf die sie stehen", schrieb er. Sein Vorhaben bezeichnete er als die "Endlösung für all die Ungerechtigkeiten", die ihm Frauen und die Gesellschaft angetan haben sollen.

Rodger gehörte zu den Stamm-Usern der inzwischen offline genommenen Männerrechtsseite PUAHate. Dort wurden ihm laut eigener Aussage viele seiner Theorien dazu bestätigt, wie "bösartig und degeneriert" Frauen seien.

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George Sordinis Angriff auf ein Fitnessstudio

2009 stürmte George Sordini einen Aerobic-Kurs für Frauen in einem Pittsburgher Fitnessstudio und erschoss drei Teilnehmerinnen, verletzte neun weitere und tötete sich anschließend selbst. Vor der Tat hatte er fast ein Jahr lang einen Blog betrieben, in dem er offen über sein Vorhaben sprach.

Genauso wie bei Elliot Rodger waren sexuelle Zurückweisung und fehlendes weibliches Interesse die Hauptgründe für Sordinis Tat. "Warum ich jungen Frauen so etwas antuen will?", schrieb er. "Frauen mögen mich einfach nicht. In den USA gibt es 30 Millionen begehrenswerte Frauen (meine Schätzung) und ich finde keine."

In einigen Männerrechtsgruppen gilt Sodini als Held. Er selbst sah sich als "ungewollt enthaltsam" an. Dieser Begriff lässt sich (vor allem in der englischen Abkürzung "incel") auf vielen Männerrechtsseiten finden. Damit werden Männer beschrieben, die keinen Sex haben, aber weder asexuell sind, noch freiwillig abstinent leben. In anderen Worten: Sie finden keine Frauen, die mit ihnen schlafen wollen. Vergangenes Jahr wurde das "incels"-Reddit-Unterforum gelöscht, weil man darin zu Gewalt gegen Frauen aufrief.


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A Voice for Men veröffentlicht private Daten von Frauen

2011 stellte Paul Elam von A Voice for Men die Website register-her.com online. Dort sollten Informationen zu Frauen gesammelt werden, die Männer fälschlicherweise der Vergewaltigung oder häuslichen Gewalt bezichtigt hätten. In der Praxis lief das Ganze natürlich etwas anders: Immer wieder landeten Frauen auf der Website, die sich lediglich online gegen Männerrechtsaktivisten geäußert hatten oder einfach nicht der gleichen Meinung wie Elam waren.

Laut Southern Poverty Law Center waren zeitweise 250 Frauen auf register-her.com gelistet, mehrere von ihnen wurden von Elam verbal angegriffen. In einem Fall hetzte er seine Gefolgschaft auf eine Bloggerin, die es nicht gut fand, dass im Kindergarten ihres Nachwuchses Männer den Mädchen beim Gang aufs Klo halfen. Nachdem die Männerrechtler die Bloggerin verteufelt und an den Pranger gestellt hatten, entschuldigte sie sich. Aber das schien nicht zu genügen.

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"Du hast es ausschließlich auf Väter abgesehen", antwortete Elam auf die Entschuldigung. "Ich glaube, du musstest noch nie für deine Handlungen geradestehen. Das Konzept, für seine Taten vollends Verantwortung zu übernehmen, scheint dir vollkommen fremd zu sein."

Nachdem die feministische Autorin Jessica Valenti zum Ziel der Seite und von Elam persönlich wurde, musste sie das FBI einschalten und sich wegen Sicherheitsbedenken temporär ein neues Zuhause suchen.

Gamergate

2014 schrieb Eron Gjoni einen abfälligen Blogpost über seine Exfreundin, die Spieleentwicklerin Zoe Quinn. Im Anschluss entfaltete sich eine angebliche Diskussion über "Ethik im Gaming-Journalismus", die aber vor allem in einem mündete: der gezielten Beleidigung und Bedrohung von Quinn und anderen bekannten Frauen der Gaming-Welt. In Männerrechtsforen und auf anderen Websites wie 4chan oder Reddit plante man mit erschreckender Effizienz regelrechte Belästigungsfeldzüge: Viele Frauen wurden bedroht, schikaniert oder sogar komplett aus der Spieleindustrie gejagt.

Kaum überraschend: Return of Kings war bei dieser Bewegung ganz vorne mit dabei. Valizadeh verfasste sogar Artikel, die sich direkt gegen Quinn richteten und in denen er andere Männer dazu aufrief, sich an den Online-Angriffen zu beteiligen. "Jeder kann etwas gegen den Feind ausrichten. Man braucht keine 10.000 Follower, um einen Unterschied zu machen", schrieb er.

Roosh V will Vergewaltigungen legalisieren

2015 veröffentlichte Valizadeh den Artikel "How To Stop Rape". Darin spricht er sich dafür aus, Vergewaltigungen zu legalisieren. Er habe eine Lösung gefunden, wie man Vergewaltigungen stoppen könne, schreibt er. "Vergewaltigungen sollten legal sein, wenn sie auf privaten Grundstücken stattfinden. Ich schlage vor, dass es nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird, wenn sich ein Mann außerhalb der Öffentlichkeit gewaltsam eine Frau nimmt. Ohne den Schutz von Vater Staat würden sich Frauen auf keinen Fall mehr mit unbekannten oder unvertrauten Männern in Privatzimmer zurückziehen, wenn sie sich nicht absolut sicher sind, dass sie mit ihnen schlafen wollen."

Einwilligung käme in dem Moment zustande, in dem die Frau die Türschwelle übertreten würde. Schließlich wüsste sie dann, dass der Mann alles mit ihr machen könne, was er will. Der Großteil der Öffentlichkeit reagierte wenig überraschend entsetzt auf diesen Vorschlag. Später behauptete Valizadeh, dass der Artikel satirisch gemeint sei. Allerdings hat er in seinen Büchern auch schon mehrfach damit angegeben, Frauen zu vergewaltigen. Als der selbsternannte Flirt-Profi noch im selben Jahr ein "Seminar" in Berlin abhielt, wurde er von einem deutschen Anhänger gefragt, wie man verhindern könne, dass sich eine Frau im letzten Moment doch gegen Sex entscheide. Seine augenzwinkernde Antwort: "Vergewaltige sie!"

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