Die unglaublichen Schmerzen von Endometriose-Betroffenen – in Ölgemälden
Ellie Kammer neben einem ihrer Gemälde | alle Bilder mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin

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Feminisme

Die unglaublichen Schmerzen von Endometriose-Betroffenen – in Ölgemälden

Ellie Kammer war 24, als Endometriose bei ihr diagnostiziert wurde. Mit ihrer Kunst will sie auf eine Krankheit aufmerksam machen, die Millionen Frauen betrifft und kaum jemand kennt.

Ellie Kammers Gemälde sind ebenso grotesk wie exquisit. Mit Ölfarben und ausdrucksstarken Pinselstrichen porträtiert sie nackte Frauen, die sich vor Schmerzen winden. Gekrümmte Figuren, die sich an den blutigen Unterleib fassen. Das tiefe Rot visualisiert die pulsierende Wut weiblicher Körper, deren Schmerz überhört wird. Für Kammer sind die Gemälde eine Art Aufschrei, der ihr eigenes Leid deutlich machen, aber eben auch etwas verändern soll.

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Die Australierin merkte 2014 das erste Mal, dass mit ihrem Körper etwas nicht stimmte. Als durch die Straßen des französischen Ortes Toulouse lief, bekam sie plötzlich "unglaubliche Schmerzen, die mit einem plötzlichen Blutgerinnsel zusammenfielen", erzählt sie gegenüber Broadly. Kammer ging zurück in ihr Hotelzimmer, doch die Blutungen hörten einfach nicht auf. Erst später begriff sie, dass sie gerade eine Fehlgeburt erlitten hatte.

Danach veränderte sich ihre Menstruation. Die Blutungen wurden stark, die Schmerzen ebenfalls. Im Dezember 2015 wurde bei ihr Endometriose diagnostiziert.

Endometriose ist eine Krankheit, bei der Gewebe ähnlich der Gebärmutterschleimhaut auch außerhalb des Uterus’ wächst. Das führt zu extremen Schmerzen während der Menstruation und kann unter anderem auch zu Unfruchtbarkeit und Fehlgeburten führen. Weltweit sind schätzungsweise 176 Millionen Frauen betroffen, trotzdem wissen viele Menschen nicht einmal, dass die Krankheit überhaupt existiert. Auch, weil Endometriose oft nicht korrekt diagnostiziert, oder die Schmerzen der betroffenen Frauen einfach nicht ernst genug genommen werden.

Ellie Kammer bekam später eine weitere Diagnose: Adenomyose. Bei dieser Unterform der Endometriose wuchert die Gebärmutterschleimhaut bis an die Uteruswand. Um die Symptome zu lindern, unterzog sich Kammer 2015 einer Operation. Danach wurde sie depressiv. "Ich hatte Probleme damit, mich selbst als krank zu sehen, das war eine total neue Erfahrung für mich", erinnert sie sich. "Plötzlich musste ich die Entscheidungen in meinem Leben sehr sorgfältig abwägen, habe sehr viel Geld in meine gesundheitliche Versorgung investieren und musste regelmäßig behandelt und operiert werden."

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Was die Situation nicht besser machte: Online gibt es kaum Informationen zu Endometriose, die reproduktive Gesundheit von Frauen wird auch heute noch nicht ernst genug genommen. Weil sie sich alleine und isoliert von dem fühlte, was mit ihrem Körper passierte, suchte Kammer nach einem Ventil für ihren Schmerz – und wandte sich der Kunst zu.

Als sie ihr erstes Gemälde "Endometriosis (Coagulate)" (zu deutsch: "Endometriose (Gerinnen)") malte, fühlte sich Kammer, als würde sie ihre Frustration aus ihrem Körper spülen. Es dauerte nicht lange, bis sie sich entschied, aus dem Bild eine ganze Bilderserie zu machen.

Mittlerweile ist die Australierin 27 und hat sich neue Ziele gesetzt. Jetzt will sie nicht mehr nur ihren persönlichen Schmerz zu Kunst machen, sie will mit ihren Bildern außerdem die Aufmerksamkeit auf eine Krankheit lenken, die vielen absolut unbekannt ist. Ein weiterer wichtiger Punkt für sie ist, das Stigma aufzubrechen und betroffene Frauen zusammenzubringen. Auf Instagram teilt Kammer deswegen nicht nur ihre Kunst, sie informiert ihre fast 34.000 Follower in den Bildunterschriften außerdem über ihr Leben mit der Krankheit.

"Ich hoffe, dass Betroffene sich durch meine Arbeit bestärkt und unterstützt fühlen", sagt die 27-Jährige. "Und für all jene, die noch nie zuvor von der Krankheit gehört haben, hoffe ich, dass sie jetzt interessiert genug sind, um Fragen zu stellen.

Im Herbst 2017 wurde eine breitere Öffentlichkeit auf Kammer aufmerksam, als sie sich mit Lena Dunham zusammenschloss. Die Schauspielerin geht sehr offen damit um, an Endometriose zu leiden – und beschrieb in einem Artikel für Vogue, wie sie sich schließlich dafür entschied, ihre Gebärmutter entfernen zu lassen. Kammer kontaktierte sie über Instagram und fragte, ob sie Dunham malen könnte, um das Gemälde anschließend zugunsten einer australischen Endometriose-Organisation zu versteigern. Der Girls-Star stimmte zu.

Kammers nächstes Projekt soll sich ebenfalls um Endometriose drehen, sich allerdings nicht mehr auf die körperlichen Folgen der Krankheit fokussieren. Nun will sie zeigen, wie sich das Leid der Betroffenen auf die Familie und das Umfeld auswirkt. Auch wenn Endometriose als "Frauenkrankheit" gilt, leiden nicht nur die Erkrankten unter den Folgen. "Manche Kinder müssen mitansehen, wie ihre Mütter unter Schmerzen in einem Krankenhausbett liegen und durch einen Schlauch atmen", sagt Kammer. "Diese Krankheit ist eine echte Krise und dass sie nur auf ein Geschlecht bezogen wird, hilft niemandem."

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