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Wie Twitter-Trolle versuchten, mit einer Pro-AfD-Kampagne das TV-Duell zu kapern

Ein Blick auf die zentralen Propaganda-Accounts, die gestern Abend Stimmung gegen Schulz und Merkel gemacht haben. Wie ticken sie und wie erfolgreich war die Aktion?
Bild: Screenshot, Twitter

Tausende Menschen diskutierten gestern Abend live auf Twitter über das TV-Duell zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kanzlerkandidat Martin Schulz. Wer die Tweets mit Äußerungen zu Themen wie Flüchtlinge, Rente oder Maut verfolgte, stieß dabei auch schnell auf den Hashtag #Verräterduell.

Dieser wurde von Hunderten Accounts dazu genutzt, gezielt Stimmung gegen die Sendung, Merkel und Schulz sowie deren politische Agenda zu machen. Dabei wurden auch einige Propaganda-Memes pro AfD verbreitet.

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Der erste Tweet mit dem Hashtag #Verräterduell wurde erst eine Stunde vor dem Start der Sendung abgesetzt. Bis zum Montagvormittag um 10:20 Uhr, folgten dann rund 2.300 Tweets und Retweets. An der Aktion waren 388 Twitter-Accounts beteiligt.

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Wie BuzzFeed News recherchiert hat, hatten sich die Initiatoren des Hashtags #Verräterduell über die Chat-Plattform Discord "zum Angriff auf das TV-Duell" organisiert. Chat-Verläufe auf Discord zeigen, dass die Trolle dabei gezielt neue Twitter-Accounts anlegen wollten, um ihre Inhalte auf Twitter zu verbreiten.

Eine Datenanalyse von Motherboard legt nahe, dass die Trolle dies auch tatsächlich taten: 159 der 388 an der Aktion #Verräterduell beteiligten Konten, also rund 41 %, wurden erst am 3. September, also dem Tag des TV-Duells, angelegt.

Angesichts der Tatsache, dass laut Angaben der Organisatoren rund 1.500 Mitglieder auf den Discord-Servern aktiv gewesen sein sollen, erscheint die tatsächliche Beteiligung auf Twitter gering. Allerdings haben die Trolle es mit vergleichsweise wenigen Accounts geschafft, ihre Inhalte vielen Twitter-Nutzern zumindest kurz zu zeigen, die gestern Abend zum TV-Duell getweetet haben. 63% der Verräterduell-Tweets nutzen dabei auch den Hashtag #TVDuell und tauchten somit in der Timeline von am TV-Duell interessierten Nutzer auf.

Die Frequenz dieser eingeschleusten Tweets, die nur eigene Propaganda verbreiteten aber nichts zum tatsächlichen Inhalt des Duells sagten, ist dabei immerhin so hoch, dass sie fast jeder Nutzer, der das Hastag #TVDuell anschaute, zumindest einmal gesehen haben dürfte.

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Doch trotzdem schaffte es die Verräterduell-Aktion nicht in die Twittertrends. Die Menge an Tweets, die die Trolle verbreiteten, ist nämlich im Vergleich zur Masse an Tweets zum #TVDuell verschwindend gering. Ihr Anteil liegt bezogen auf den gesamten Zeitraum der Diskussion zum #TVDuell seit Sonntag bei nur knapp über 1 Prozent.

Wie die User drauf sind, die das Hashtag besonders verbreitet haben

Schaut man sich die neun Twitter-Accounts an, die während der #Verräterduell-Aktion die meisten Retweets für sich beanspruchen können, lassen sich einige Auffälligkeiten finden. So kommen die erfolgreichsten Tweets der Aktion von Accounts mit vergleichsweise kleinen Followerzahlen, oft einstellig, maximal jedoch wenige Hundert. Die Accounts, die nicht erst im September, extra für die Trollaktion erstellt wurden, twittern dabei oft schon seit Monaten, wenn nicht Jahren über die Themen der AfD: Flüchtlinge, gewalttätige Linksextremisten, die Bedrohung der Meinungsfreiheit im Netz durch Heiko Maas und das Netzdurchsetzungsgesetz.


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Bezeichnend bei den älteren Accounts sind die Inhalte, die sie selbst retweeten. Dazu gehören neben Politikern wie Erika Steinbach, Frauke Petry oder Alice Weidel Tweets von Anführern der Identitären Bewegung sowie des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders. Auch Medien wie das Compact Magazin, das selbsternannte Sprachrohr der Pegida-Bewegung, sowie YouTuber, die sich dem Anti-Feminismus zuordnen lassen, gehören zu Inhalten, die diese Nutzer verbreiten, wenn sie nicht zur Bundestagswahl twittern.