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Ernährung

Neun Monate ohne Serrano

Dass Schwangere voll auf Eiscreme und saure Gurken abfahren, ist wohl allseits bekannt. Hier trotzdem mal ein kleiner Ausblick, kann ja nicht schaden.

Dass Schwangere angeblich total auf Eiscreme und saure Gurken abfahren, ist ein allseits bekannter Mythos. Dass sie aber gelegentlich Appetit auf noch weitaus weniger delikate Speisen verspüren, wissen wohl die wenigsten. Und überhaupt, wie und warum verändert sich das Essverhalten in der Schwangerschaft? Ein kleiner Ausblick.

Die Ernährung in der Schwangerschaft sollte nährstoffreich und ausgewogen sein – soweit so gut. Täglich frisches Obst, Gemüse, mageres Fleisch, Käse und statt zum Nutellatoast lieber mal zur Vollkornstulle greifen. Sicherlich darf's hier und da auch ein bisschen mehr sein, schließlich muss frau ja nun für Zwei essen, oder? Na ja, ganz so einfach verhält es sich dann doch nicht und gewisse Regeln und Vorsichtsmaßnahmen, welche die Nahrungsaufnahme des trächtigen Weibchens betreffen, machen durchaus Sinn.

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Der eine oder die andere meint, ein Gläschen in Ehren könne man auch in der Schwangerschaft nicht verwehren. Fakt ist, Alkohol kann irreversible Schäden beim Ungeborenen anrichten. Greift man guten Gewissens auf alkoholfreie Alternativen zurück, heißt es: Obacht! Der als alkoholfrei deklarierte Gerstensaft darf in Deutschland bis zu 0,5% Alkohol enthalten. Daher hurtig ein Post-it an den Kühlschrank geklebt mit dem neuen (zum Glück nur vorübergehenden) Lebensmotto: Fusel ist böse! Was trinkt man denn dann, um die Stimmung zu heben? Kaffee! Die Koffeinjunkies unter uns müssen nicht komplett auf diese lebenserhaltende Maßnahme verzichten, zwei Tassen Kaffee pro Tag sind drin, aber die XXL-Dose RedBull sollte sich die baldige Frau Mama eher nicht mehr reinzwitschern.

Doch nicht nur das Verlangen nach Ethanol und Koffein sollte gezügelt werden, auch beim Verzehr von rohem Fleisch und Fisch sowie Rohmilchkäse ist Vorsicht geboten. Diese können die Bakterien Listerien enthalten und zur Gefahr für den Nachwuchs werden. Schwangere haben aufgrund ihres geschwächten Immunsystems ein 12fach erhöhtes Risiko an einer Listeriose zu erkranken. Im Steakrestaurant ist für die nächsten neun Monate also „well done" angesagt, Salami, roher Schinken und Brie werden zu entfernten Bekannten und um den Mettigel macht man bei der nächsten Party sicherheitshalber auch einen großen Bogen. Rotes rohes Fleisch sollte noch aus einem weiteren Grund vorerst nicht auf dem Speiseplan stehen. Es kann einen Parasiten enthalten, der die Krankheit Toxoplasmose hervorruft. Eine Infektion während der Schwangerschaft kann bis zum Absterben des Fötus führen. Viele Frauen hatten bereits vor ihrer Gravidität unbemerkt Kontakt mit dem Erreger und haben Antikörper gebildet. Ein Bluttest gibt hier Sicherheit.

Durch die Veränderung des Hormonhaushaltes verspüren einige schwangere Frauen Heißhungerattacken auf seltsame Kombinationen oder Dinge, die sie bislang überhaupt nicht mochten. Häufig kommt es sogar vor, dass bisherige geschmackliche Vorlieben plötzlich Abneigung hervorrufen. Bei Gelüsten nach Speisen, die rohes Ei enthalten, z.B. Tiramisu, drohen die kleinen Biester namens Salmonellen. Die schaden zwar nicht direkt dem Baby, aber im Bauch ist während der Schwangerschaft ja schon genug los. Da hat ein ordentlicher Dünnpfiff gerade noch gefehlt! Nun gut. Kein Alkohol und keine rohen Lebensmitteln. Noch irgendwas? Ja, es gibt bestimmte Fischsorten, die Schwangere eher meiden sollten, da sie Quecksilber enthalten. Dazu gehören z.B. Hai und Schwertfisch sowie Süßwasserfische. Mein lieber Scholli, das wird für viele nicht einfach, auf ihre tägliche Ration Hai zu verzichten. Aber sicher ist sicher!

schwertfisch

Nach der roten Liste der Lebensmittel, die eine Frau guter Hoffnung lieber nicht zu sich nehmen sollte, gibt es natürlich auch eine Reihe von „guten" Sachen. Nicht überraschend gehören dazu die allseits gepriesenen „5 am Tag", fettarme Milchprodukte, eiweißreiche Nahrungsmittel, unraffinierte Kohlenhydrate und besonders wichtig: eisenreiche Produkte. Der Bedarf an den Mikronährstoffen Folsäure, Eisen und Jod ist in der Schwangerschaft erhöht und wie sehr man sich auch ins Zeug legt, diesen Bedarf ausschließlich über die Ernährung zu decken, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Daher sind Präparate zur Nahrungsergänzung nach Absprache mit dem Arzt empfehlenswert. Und wovon kann die werdende Mutter ebenso nicht genug bekommen? Richtig: Vitamine! Das heißt, fast richtig mit einer Ausnahme. Zu viel Vitamin A kann beim Baby u.a. zu Wachstumsstörungen und Augenschäden führen. Deshalb verzichtet die Schwangere lieber auf Leber, die zwar einen 1A-Eisenlieferanten darstellt, aber gleichzeitig enorm viel Vitamin A enthält. Bei manchen Frauen, denen es an den wichtigen Spurenelementen wie Eisen, Zink oder Kalzium mangelt, kann es in der Schwangerschaft vorkommen, dass sie einen Heißhunger auf Kohle, Zahnpasta oder Erde verspüren. Dieses Phänomen nennt sich Pica-Syndrom und ist heutzutage eher selten. Aber es kommt vor! Der nächsten Schwangeren, die neben euch im Kino sitzt und genüsslich ihre Briketts knabbert, könnt ihr nun wissend zuzwinkern.

Foto via Flickr von Zipporah