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Sex

​Der Vaginacontest hat uns zum Nachdenken gebracht

Ja, heutzutage kann man Muschis im Internet bewerten. Danke 21. Jahrhundert!

Ein Sexspielzeughersteller hat ungefähr den besten Marketingtrick dieses Jahres angewandt. Autoblow hat einen Wettbewerb um die schönste Muschi der Welt ins Leben gerufen. Teilgenommen haben bis jetzt auch durchaus einige Muschis aus den USA und Europa. Das ist in meiner Welt zwar nicht „die Welt", sondern eher „die westliche Welt", aber was weiß ich schon vom Muschi-Business. Da das zumindest die Zielgruppe von Autoblow ist, werden wir uns daran nicht weiter stören.

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Immerhin haben theoretisch beide Kontinente genug Muschi-Vielfalt zu bieten. Auch die Tatsache, dass hier die Töchter von jemandem ihre Vagina in die Kamera halten und zum Bewerten einschicken, um Geld zu gewinnen, stört mich nicht. Ich bin im Zweifelsfall immer dafür, seine Emanzipation mit dem Fotografieren der Geschlechtsteile auszuleben und ich finde einen gewissen Selbstdarstellungstrieb und Hang zum Sexzentrismus sehr sympathisch.

Bevor ich die Seite geöffnet habe, war ich dem Vagina-Contest gegenüber also eher positiv eingestellt. Klar, es ist schwierig und vor allem irgendwie lachhaft, Vaginas zu vergleichen und zu bewerten. Wann tut man das schon jemals im echten Leben? Gibt es wirklich Situationen, in denen man sich zwischen zwei Vaginas entscheiden muss?

Aber wir leben in einer Zeit, in der sogar Oberschenkel einem Schönheitsideal—wie etwa dem Thigh Gap—folgen. Das menschliche Wesen ist nun mal ein vergleichendes und ein oberflächliches. Je nach Intelligenz, können wir uns mehr oder minder von diesen niederen Denkimpulsen im Alltag abheben. Ab und zu gehören sie trotzdem ausgelebt. Beim Öffnen dieser Seite zum Beispiel.

Während sich Typen wahrscheinlich beim Scrollen auf der Seite einen runterholen, suchen Frauen wohl nach ihrem Muschi-Look-alike und vergleichen sich. Ich finde die hoch gerankten Vaginas sehr schön, da haben die User schon recht. Aber je weiter ich runtergergescrollt habe, desto mehr ist mir ein wiederkehrendes Muster aufgefallen—was die hochgerankten Muschis verbindet. Und zwar wirklich genau EIN Muster.

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Screenshot via Vaginacontest.

Weiß, komplett rasiert, unabsichtlich feucht, ein zufällig gebleachtes Arschloch und sehr (nennen wir es) tight. Nun, auch als Heterofrau muss ich zugeben, dass das ein sehr attraktives Muschimuster ist, das ich auch selbst anstrebe. Finde ich das, weil mir die Pornoindustrie seit einem Jahrzehnt einbläut, dass es attraktiv ist? Oder finde ich das, weil uns Menschen der junge, unverbrauchte Look enger Muschis einfach mehr anspricht? Ich kann es nicht sagen. Beide Gedanken sind eher nicht so sexy, wie die Bilder es vielleicht sind.

Was ich aber schon sagen kann, ist, dass ich einige Muschis kenne. Ich kenne sogar sehr viele aus dem Reallife. Als Schwimmerin in der Pubertät und auch heute noch bin ich gegenüber meinen Freundinnen nicht besonders kleinlich, was Nacktheit angeht. Ich kenne sie behaart, gestutzt, mit kleinen Schamlippen, großen Schamlippen, von sehr schlabbrig bis sehr eng. Ich kenne sie in vielen Formen und Ausführungen. Und sie sind alle irgendwo schön. Muschis sind für mich also ein bisschen wie Gesichter.

Auf der anderen Seite ist es zwar schon Geschmacksache, aber wenn du 100 Leute nach dem schönstem Gesicht von 20 Fotos fragst, werden 85 ähnlich antworten. Versteht ihr, was ich meine? Es gibt schon einen—zumindest innerhalb einer Generation vorherrschenden—Kollektiv-Geschmack und im Endeffekt ist es egal, ob wir den Medien, dem System, unseren Ur-Trieben oder der Globalisierung die Schuld dafür zuschieben wollen.

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Wir haben länder- und kontinentenübergreifende Schönheitsideale—das war vor 100 Jahren vielleicht nicht so ausgeprägt. Es wird Zeit, dass wir aufhören, „SCHEISS MEDIEN UND GLOBALISIERUNG!!!" zu schreien und uns mehr darauf konzentrieren, wie wir wieder Vielfalt in das Schöne bringen. Mit verschiedenen, unterschiedlichen Muschis beim Schönheitswettbewerb zum Beispiel.

Deshalb war ich sehr traurig, als ich auf der Contest-Seite nur dieses eine Muster vorgefunden habe. Diesen einen Typ von Muschi sehe ich doch sowieso schon die ganze Zeit in Pornos, da brauche ich ihn nicht auch noch in diesem Wettbewerb—der wohlgemerkt aus Einsendungen besteht, nicht aus Profiporno-Muschis. Im Wettbewerb will ich sie alle sehen. Ich will ehrlich wissen, wie große innere Schamlippen ankommen. Wie eine gestutzte Frisur bewertet wird. Das hat mein Interesse entfacht—nicht einfach 20 identische Muschis auf den ersten 20 Plätzen. Die alle zufällig feucht sind. Mit unnatürlich hellen Arschlöchern.

Ich bin, was dieses Thema anbelangt, komplett ambivalent. Einerseits finde ich selbst dieses Mumuideal als wahrhaftig schön und alle anderen ein bisschen weniger attraktiv. Anderseits weiß ich, dass es falsch und schlecht ist, so zu denken. Bleibt wirklich die Frage, ob die Pornoindustrie einfach nach einem kollektiven Allgemeingeschmack geht und so viel Geschmacksvielfalt, wie wir sie uns einreden, gar nicht besteht—und dieser Wettbewerb ein Beweis dafür ist.

Vielleicht beeinflussen uns unsere Pornos schon so lange, dass wir dieses Prinzip längst verinnerlicht haben. Sowohl die Frauen, die gewinnen wollen, als auch Männer und Frauen, die sie bewerten. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus beidem. Das Schlimme ist, dass ich selber nicht weiß, was man aktiv dagegen tun kann. Ich selbst finde Muschis, die nicht diesem Bild entsprechen, ja auch unattraktiv, obwohl meine Muschi nicht von Natur aus unbehaart und zufällig feucht ist. Wie geht es einem Heteromann, der sich täglich zwei- oder dreimal zu Pornos einen runterholt?

Mein letzter Gedanke richtet sich an Autoblow: Penisse kann man übrigens auch bewerten. Sogar viel besser. Mir ist nämlich aufgefallen, dass in den Pornos oft beschnittene Penisse gezeigt werden, was zu einem guten Teil daran liegt, dass eine ganze Generation an Männern in den USA nun mal beschnitten ist. Und die Pornos für Herren gedreht werden. Lasst uns mal Schwänze bewerten und uns herausfinden, ob es auch da nur das eine Schönheitsideal gibt. Und welches es ist. Daraus könnte man dann Dildos bauen. Die Ladys werden mir recht geben: Wir haben alle Lust, völlig zufällig erigierte Penisse zu bewerten.

Fredi bezeichnet sich auch auf Twitter als feministische Sexistin: @schla_wienerin