Der Reitverein, der sozial benachteiligten Teenagern eine neue Perspektive gibt
All photos by Alana McVerry

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Der Reitverein, der sozial benachteiligten Teenagern eine neue Perspektive gibt

Ob arm, ob reich: Das Glück der Erde, liegt auf dem Rücken der Pferde. Auch wenn man zwischen Plattenbauten umhergaloppieren muss.

Ein Teenager zu sein, ist nie einfach. Die Mädchen im Ebony Horse Club in London haben allerdings einen kleinen Vorteil gegenüber ihren Altersgenossen: Sie können Reiten gehen, um ihre Sorgen einen Moment lang zu vergessen. Die karitative Einrichtung wurde 2006 ins Leben gerufen und möchte sozial benachteiligten Schulkindern die Möglichkeit geben, Reiten zu lernen.

Die meisten Kinder im Ebony Horse Club kommen aus den Bezirken Brixton und Lambeth, in denen die Arbeitslosenquote trotz der zunehmenden Gentrifizierung noch immer weit über dem Durchschnitt liegt und es besonders viele minderjährige Mütter, Schulschwänzer und Obdachlose gibt.

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Mit einer kleinen Koppel und ein paar Ställen zwischen Plattenbauten und stillgelegten Bahngleisen versuchen Sozialarbeiter den Kindern aus der Gegend die Fähigkeiten beizubringen, die ihnen bei einem tierärztlichen Beruf oder einer Karriere im Reitsport nützlich wären.

Die meisten Mädchen im Ebony Horse Club haben Pferde schon immer geliebt, hätten allerdings niemals gedacht, dass sie selbst mal auf einem sitzen würden. Die meisten anderen Reitvereine sind nicht nur weit von Bezirken wie Brixton und Lambeth entfernt, sie sind in der Regel auch extrem teuer. Für eine Stunde im "Riding Club" zahlt man umgerechnet rund 116 Euro. Im Ebony Horse Club kostet der Reitunterricht hingegen weniger als 10 Euro. Außerdem können die Familien zusätzliche Fördermittel beantragen, um das Hobby ihrer Kinder zu finanzieren.


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"Ich habe Pferde schon immer geliebt – schon seit ich klein war. Aber meine Mutter hat immer gesagt, dass der Reitunterricht zu teuer wäre", sagt Leyla Sahebekhtiari. Die 16-jährige Schülerin kommt nach eigener Aussage aus einer "einkommensschwachen Familie mit einer alleinerziehenden Mutter". Hier hat sie "endlich die Möglichkeit, das zu tun, wovon ich schon mein Leben lang träume. Es ist unglaublich."

Im Sattel zu sitzen, ist für die meisten Teenager ein wirksames Gegengift gegen den Stress und die Sorgen des Alltags. Vor allem, wenn man mitten in der Großstadt und ohne Haustiere aufwächst.

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"Es macht mich glücklich bei den Pferden zu sein", erklärt Zoe Cathrew. Sie ist 13 Jahre alt und kommt seit fünf Jahren in den Ebony Horse Club. "Ich fühle mich viel wohler in meiner Haut. Ich muss nicht vorgeben, jemand anders zu sein, sondern kann einfach ich selbst sein."

Wir sind nach Brixton gefahren und haben uns mit den Mädchen unterhalten. Über ihre Liebe zu Pferden, ihre Begeisterung für den Reitsport und den immensen Einfluss, den der Ebony Horse Club auf ihr Leben hatte.

Alle Fotos: Alana McVerry

Grace Mpungi, 13

Man würde nicht erwarten, dass es in Brixton einen Reitverein gibt. Das ist schon ziemlich ziemlich ungewöhnlich: Brixton ist schließlich nicht gerade bekannt für Pferde oder irgendwelche anderen Attraktionen. Wenn man sich aber erst einmal daran gewöhnt hat, dass es hier einen Reitverein gibt, dann kann man sich die Pferde überhaupt nicht mehr wegdenken. Ich lebe schon mein ganzes Leben in Brixton und fühle mich hier sehr wohl.

Ich habe im Umgang mit den Pferden auf jeden Fall gelernt, geduldiger und selbstbeherrschter zu sein. Mit Pferden muss man einfach Geduld haben, weil sie nicht immer auf dich hören. Selbstbeherrschung ist genauso wichtig: Wenn das Pferd nicht tut, was du willst, dann musst du ruhig bleiben können.

Zoe Cathrew, 13

Ich mochte Pferde schon immer, aber ich war noch nie zuvor in einem Reitstall. Alle anderen Reitvereine waren immer zu weit weg oder zu teuer. Bevor ich zum ersten Mal hierher kam, wusste ich nie, was ich tun soll. Ich wusste nichts mit mir anzufangen und hatte auch keine Hobbys. Als ich hierher kam, wusste ich sofort: Pferde sind mein Leben und ich möchte später auch mit ihnen arbeiten. Früher war ich ziemlich schüchtern und habe mit kaum jemandem gesprochen. Hier habe ich gelernt, mich zu öffnen. Wenn ich bei den Pferden bin, bin ich automatisch glücklicher. Der Ebony Horse Club hat mir mit den Pferden wieder Hoffnung gegeben.

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Leyla Sahebekhtiari, 16

Ich komme schon seit vier Jahren in den Ebony Horse Club. Als ich meinen Freunden zum ersten Mal davon erzählt habe, dass ich Reiten war, wollten sie mir überhaupt nicht glauben. "Du hast auf einem Pferd gesessen? Nie im Leben!" Sie waren ziemlich beeindruckt, aber auch überrascht, dass man in London Reiten gehen kann – vor allem in der Gegend, aus der ich komme und mit meinem sozialen Hintergrund.

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Kinder wie ich haben nicht allzu viele Möglichkeiten: Ich komme aus einer einkommensschwachen Familie mit einer alleinerziehenden Mutter. Ohne den Ebony Horse Club hätte ich nicht die Möglichkeit bekommen, Reiten zu gehen oder andere Abenteuer zu erleben. Ich habe das Gefühl, dass ich damit auch gegen bestehende Vorurteilen kämpfe und jede Chancen nutzen kann, die sich mir bietet.