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Teenager

Mädchen, die ihrer Mutter nahestehen, haben später Sex

Forscher haben herausgefunden, dass Teenager seltener sehr früh sexuell aktiv werden, wenn sie eine enge Beziehung zu ihren Müttern haben. Die Autorin der Studie erklärt, warum.
Photo by Carolyn Lagattuta via Stocksy

Die meisten rational denkenden Erwachsenen merken irgendwann im Leben, dass sich Probleme nur selten in Luft auflösen, wenn man sie ignoriert. Hierzu gehören auch: Blasenentzündungen, E-Mails von Vorgesetzten und Steuernachzahlungen.

Dieselbe Logik lässt sich auch auf die Situation übertragen, wenn es darum geht, Teenager über Sex aufzuklären. Wenn man so tun, als gäbe es Sex nicht—oder seine Tochter so erzieht, dass sie sich keine Fragen zu stellen traut, weil ihr das alles viel zu peinlich ist —, dann wird sie wahrscheinlich eher in jungen Jahren Sex haben. Zu diesem Ergebnis ist zumindest eine neue Studie gekommen, die in der Zeitschrift Pediatrics erschienen ist.

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Forscher der Erasmus-Universität in Rotterdam haben hierzu die Daten von 2.931 Jugendlichen im Alter von 12 bis 16 Jahren ausgewertet, die in Rotterdam und Umgebung zur Schule gehen. Konkret haben sich die Forscher auf eine Gruppe von Kindern konzentriert, die zu Beginn der Studie 12 Jahre alt waren und gegen Ende 14 Jahre.

Im Alter von 12 Jahren wurden die Mädchen und Jungen zur Qualität ihrer Beziehung zu ihrer Mutter beziehungsweise zu ihrem Vater befragt. Unter anderem stellten sie ihnen Fragen wie: „Stehst du deiner Mutter/deinem Vater nahe?", „Redest du mit deiner Mutter/deinem Vater über deine Probleme und Gefühle?" und „Verbringst du gerne Zeit mit deiner Mutter/deinem Vater?" Nach zwei Jahren wurden die Jugendlichen noch einmal befragt, um herauszufinden, ob sie bereits sexuell aktiv waren.

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Bei Mädchen, die eine starke Bindung zu ihren Müttern hatten, war die Wahrscheinlichkeit, dass sie schon früh Sex hatten, im Vergleich zu ihren Altersgenossen um ganze 55 Prozent geringer—obwohl bei den Jungen, die eine ähnlich starke Bindung zu ihren Vätern hatten, kein Unterschied festzustellen war.

„Das könnte daran liegen, dass die Mutter in vielen westlichen Gesellschaften nach wie vor die primäre Betreuungsperson ist und sich auch um die sexuelle Aufklärung der Kinder kümmert", sagt Raquel Nogueira Avelar e Silva, die Autorin der Studie. Sie verweist auf den Mangel an akademischen Untersuchungen hinsichtlich der Bedeutung der Eltern in der sexuellen Entwicklung ihrer Kinder. „Die vorherrschende Theorie ist", meint sie weiter, „dass Mädchen mehr von ihren Müttern und Jungen mehr von ihren Vätern lernen. Eine hohe Beziehungsqualität mit der Mutter könnte aber auch dazu beitragen, dass häufiger über Sexualität gesprochen wird, was wiederum dazu führt, dass sie seltener in jungen Jahren Sex haben." Man könnte also sagen: Die Jugendlichen, die nicht aufgeklärt werden, versuchen eben selbst herauszufinden, was es mit diesem „Geschlechtsverkehr" eigentlich auf sich hat.

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Von grotesken Enthaltsamkeitsschwüren, die auf den jungfräulichen Frauenidealen aus dem Alten Testament beruhen, bis hin zu jungen Frauen, denen gesagt wird, dass die Verhütung versagen oder ihnen schaden würde—auf der ganzen Welt gibt es Mütter und Väter, die nach wie vor verschweigen oder leugnen, dass Sex ein wesentlicher und schöner Bestandteil des Lebens ist. Viele von ihnen schaffen es nicht, angemessen mit ihren Töchtern zu sprechen. Allerdings haben zahlreiche Studien gezeigt, dass die Indoktrinierung junger Frauen mit falschen Informationen und Scham in Bezug auf ihre Sexualität nichts nutzt und die Wahrscheinlichkeit für Teenagerschwangerschaften und sexuell übertragbare Krankheiten nur erhöht.

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Dennoch hält sich diese Einstellung. Silva hat das Gefühl, dass das Ganze an einen sexistischen Doppelstandard liegen könnte. „In unserer westlichen Gesellschaft wird nach wie vor erwartet, dass Jungs früher Sex haben, um ihre Männlichkeit zu beweisen und Mädchen erst später sexuell aktiv werden", erklärt sie. „Dieser Doppelstandard ist nach wie vor existent." Infolgedessen würden viele junge Frauen erst zu spät, gar nicht oder nicht ausreichend aufgeklärt.

Wie diese Problem gelöst werden kann? Indem man offen, ehrlich und wertungsfrei mit jungen Mädchen über Sex spricht—angefangen mit unseren Töchtern.


Foto: Nikolay Osmachko | Pexels | CC0