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Menstruation

Wie Reisen deinen Zyklus beeinflusst

Eine Reise durch verschiedene Zeitzonen kann dazu führen, dass sich deine Monatsblutung einfach in Luft auflöst. Doch woran liegt das und wohin verschwindet sie? Wir haben eine Menstruationsexpertin gefragt.
Illustration by Ashley Goodall

Es ist schwer zu sagen, wer die erste Frau war, die im Weltall menstruiert hat. Dafür wissen wir, wer die erste war, die Tampons mit ins All genommen hat: die erste amerikanische Astronautin Sally Ride.

In Vorbereitung auf ihre Mission auf der STS-7 im Jahr 1983 haben Wissenschaftler gerätselt, welche Art von Tampons sie mitnehmen sollte und wie man verhindern könnte, dass die glitschigen Biester entwischen und davonschweben (letztendlich wurden sie einfach alle aneinander gebunden). Ingenieure haben auch versucht zu schätzen, wie viele Tampons sie für eine einwöchige Mission im Weltall benötigen würde. „Sind 100 Stück die korrekte Anzahl?", fragten sie. „Nein", antwortete Sally. „Das ist nicht die korrekte Anzahl."

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Schließlich hat sie in der Schwerelosigkeit menstruiert und kam zurück auf die Erde, um zu berichten, dass alles gut ging. Doch auch auf der Erde können Reisen einen enormen Einfluss auf das Timing und die Dauer des menstruellen Zyklus haben. Wer sich schon einmal auf einem internationalen Flug durch mehrere Zeitzonen begeben hat, hat vielleicht auch schon mal erlebt, dass sich die Monatsblutung irgendwo über dem Atlantik oder dem Pazifik wortwörtlich in Luft aufgelöst hat.

Doch woran liegt das? Wohin verschwindet sie? Wir haben die Wissenschaftlerin Anna Druet gefragt, die für die Menstruations-App Clue arbeitet.

Broadly: Warum bringen internationale Flüge und der Wechsel zwischen den Zeitzonen unseren Menstruationszyklus durcheinander?
Anna Druet: Es gibt viele biologische Vorgänge, die zyklisch verlaufen. [Heißt: Es gibt viele verschiedene Zyklen in unserem Körper.] „Zirkadiane" Rhythmen dauern 24 Stunden und reagieren auf äußere Signale. Sie beeinflussen unter anderem unsere Körpertemperatur, unseren Schlaf, unsere Hormonproduktion und unseren Appetit.

Unser zirkadianer Rhythmus kann auch die längeren Zyklen unserer Fortpflanzungsfunktion beeinflussen und anders herum. Wie genau die beiden zusammenwirken ist nicht bekannt, aber wenn zirkadiane Abläufe nicht mehr synchron mit ihrer Umgebung ablaufen—beispielsweise aufgrund von internationalen Flügen—können davon auch die reproduktiven Hormone betroffen sein.

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Der Menstruationszyklus ist so ähnlich wie ein Staffellauf: Ein Hormon triggert ein anders, das wieder ein anderes triggert, welches die körperliche Antwort triggert, wodurch es zum Eisprung oder eben zur Monatsblutung kommt. Wenn du während des Zyklus beispielsweise weniger Östrogen produzierst, könnte sich der Eisprung verspäten, was nicht nur das Zeitfenster der Fruchtbarkeit beeinflusst, sondern auch die Periode.

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Wenn wir verschiedene Zeitzonen durchqueren, ist es plötzlich zu vollkommen anderen Zeiten hell, als wir es eigentlich gewohnt sind. Das bringt vor allem unseren zirkadianen Rhythmus durcheinander. Wissenschaftler haben gezeigt, dass selbst kleinste Mengen gedimmtes, künstliches Licht hormonelle Veränderungen in unserem Körper bewirken können.

Was bedeutet das für unseren Körper?
Wenn dein zirkadianer Rhythmus wegen eines internationalen Flugs durcheinander kommt, kann auch deine Monatsblutung etwas früher als normal kommen—sie kann aber auch etwas später kommen. Sie kann schwerer oder leichter sein und kann ein wenig länger oder nicht ganz so lang dauern. Das hängt ganz davon ab, zu welchem Zeitpunkt des Zyklus man verreist und ob man bereits ovuliert hat oder nicht. Das kann sich folglich auch auf das Fruchtbarkeitsfenster auswirken. Oh und das führt normalerweise zu schmerzhafteren Monatsblutungen—wir wissen aber nicht, woran das liegt.

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Fällt es unserem Körper leichter, wenn wir in eine bestimmte Richtung fliegen?
Die Menschen erleben in der Regel einen schwereren Jet-lag, wenn sie von Westen nach Osten fliegen. Es fällt dem Körper schwerer, sich an einen kürzeren Tag zu gewöhnen als an einen längeren Tag. Es wird also vermutlich länger dauern, bis du dich an die neue Zeitzone gewöhnt hast, wenn du von New York nach Berlin fliegst, als wenn du von Berlin nach New York fliegst.

Foto: Snapwire | Pexels | CC0

Wenn man als Stewardess arbeitet und die ganze Zeit über unterwegs ist—gewöhnt sich der Körper dann jemals daran? Wie weiß der Körper ohne verlässlichen zirkadianen Rhythmus, wie er sich selbst zu regulieren hat?
Das ist knifflig. Menschen, die andauernd in Schichten arbeiten, leiden häufiger unter Endometriose oder schmerzhaften Krämpfen. Sie ovulieren häufig auch nicht so oft, weshalb sie länger brauchen könnten, um schwanger zu werden. Es gibt auch Beweise für ein höheres Brustkrebsrisiko.

Es bringt auch nichts, sich gleichbleibendem künstlichen Licht auszusetzen, weil es nicht so stark ist, wie natürliches Licht. Doch selbst wenn man den ganzen Tag in einem dunklen Zimmer sitzen würde, würden dein biologischer und dein zirkadianer Rhythmus noch immer weiterlaufen—unser Gehirn hat so eine Art innere Uhr, die das steuert.

Licht dient allerdings zur Einstellung [Synchronisation] unseres Zyklus und synchronisiert unseren biologischen Rhythmus mit unserer Umwelt und unserer Umgebung. Wenn diese beiden Faktoren nicht mehr synchron sind, kann es zu den erwähnten Symptomen kommen.

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Was ist mit Frauen im Weltall? Wenn sie nicht mehr an den zirkadianen Rhythmus der Erde gebunden sind, welchen Einfluss hat das auf ihren Zyklus?
Es gibt nicht sehr viele Daten darüber, wie sich die Schwerelosigkeit auf den weiblichen Zyklus auswirkt. Die Gewöhnung an den neuen Lichtexpositionsrhythmus im All könnte sehr wohl einen Einfluss auf den menstruellen Zyklus haben, aber noch gibt es nicht besonders viele wissenschaftliche Untersuchungen dazu. Bisher hat man sich bei der Erforschung des zirkardianen Rhythmus im All vorwiegend auf den Schlafrhythmus konzentriert.

Welchen Einfluss die Schwerelosigkeit auf die Menstruation hat, wurde bisher auch nicht groß erforscht—eine ursprüngliche Sorge war, dass die veränderten Schwerkraftverhältnisse zu einer retrograden Menstruation führen könnten. Das heißt, dass das Menstruationsblut nach innen in die Beckenhöhle fließt. Untersuchungen haben allerdings gezeigt, dass das wahrscheinlich auch im Weltall nicht häufiger vorkommt als auf der Erde—außerdem scheint es zu keiner Reduktion des Menstruationsflusses und zu keiner Steigerung menstruationsbezogener Symptome wie Unterleibskrämpfe oder Schmerzen in den Schultern zu führen.

Frauen menstruieren aber auch im Weltall, ja. Dein Körper geht nach wie vor durch dieselben hormonellen Hochs und Tiefs.

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Apropos Weltall: Wird unser Zyklus durch die Mondphasen beeinflusst? Es sind ja bekanntlich beide 28 Tage lang. Gibt es eine Verbindung zwischen unserem Körper und dem Mondzyklus?
Nein. Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass hier irgendeine Verbindung besteht. Soweit wir wissen, ist das reiner Zufall. Clue hat eine der größten Untersuchungen durchgeführt, die Menstruationszyklen mit den Mondphasen verglichen hat. Dabei konnte kein Zusammenhang zwischen den beiden Zyklen hergestellt werden.

Aus wissenschaftlicher Sicht also reiner Zufall.

Doch zurück zum Weltall: Die meisten weiblichen Astronauten nehmen die Pille, während sie im All sind, um ihre Monatsblutung zu unterdrücken. Auf eine dreijährige Mission müssten sie dafür allerdings 1.100 Pillen einpacken—ziemlich viel Gepäck für eine Reise ins Weltall.

Anscheinend würde sich nur die Spirale für die unendlichen Weiten des Alls eignen. Allerdings muss auch hier erst noch getestet werden, wie sie sich mit der Schwerelosigkeit verträgt.