Widerwillig schiebe ich mir einen Lebkuchen mit Vollmilchglasur in den Mund. Er schmeckt nach Zimt, Kardamom und zerstörten Träumen. Vor mir steht außerdem eine halbe Packung Mandelsplitterprinten, in der Küche wartet Spekulatius auf einen weiteren Moment der Schwäche. Während ich das süße Gebäck zerkaue, steigt langsam bittere Galle in meinem Rachen auf. Ich hasse alles. Meine Artikelidee, meine Kollegen, mein Leben. Vor allem aber hasse ich eins: Lebkuchen.
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"Ich würd so gern mal einen Selbstversuch für VICE machen", sagte ich nichtsahnend während unserer Themenkonferenz. "Wie wär's mit einer Woche so viel Lebkuchen essen wie möglich?" Der Plan: möglichst viele Mahlzeiten durch weihnachtliches Gebäck, vor allem Lebkuchen, ersetzen. Auf Redaktionskosten Süßes essen, was könnte schief gehen? Nun, wie sich herausstellt: viel.
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Bevor es losgehen kann, muss ich erstmal einkaufen gehen. Natürlich während der Arbeitszeit. Im nächsten Supermarkt stelle ich fest: Der hat noch gar keine Lebkuchen im Sortiment. Ebensowenig der nächste Laden drei Straßen weiter. Schwierig. Vor lauter Ungläubigkeit laufe ich alle Gänge zwei Mal ab. Doch tatsächlich: Das Weihnachtlichste, das ich finde, ist ein 20er-Pack Teelichter. Unverrichteter Dinge gehe ich zurück ins Büro. Und dann nach Hause. Ist ja schließlich nicht viel zu tun ganz ohne Lebkuchen.Abends fällt mir plötzlich ein, dass ich ja immer noch Lebkuchen besorgen muss. So viel Aufwand hatte ich mir für den Artikel eigentlich nicht vorgestellt. Träge und genervt schleppe ich mich einen ganzen Kilometer zum nächsten Rewe. Als ich mit etwa drei Kilogramm Weihnachtsgebäck an der Kasse stehe und damit etwa die Hälfte des Kassenbands blockiere, sehen mich die anderen Kunden mit einer Mischung aus Bewunderung und Abscheu an. Anfangs hatte ich noch Preise verglichen und möglichst günstig eingekauft, doch dann hatte ich keine Lust mehr und warf wahllos einfach alles in den Korb, das ich finden konnte.
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