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Symbolfoto: IMAGO / ITAR-TASS

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Sex

Warum junge Frauen Kissen und Stofftiere bespringen

Frauen haben bereits die seltsamsten Haushaltsgegenstände zu Sexspielzeugen umfunktioniert, dabei hatten wir das Beste schon immer direkt vor der Nase. Zeit für eine Liebeserklärung an unser Kissen.

R. Kelly hat sich schon in vielen Dingen geirrt, aber mit einer Sache hatte er doch irgendwie recht: nothing wrong with a little bump 'n' grind. Viele Mädchen und junge Frauen sammeln ihre ersten sexuellen Erfahrungen damit, sich an Kuscheltieren oder Kissen zum Höhepunkt zu reiben. Kein Wunder also, dass ebenjene unschuldigen Bettgefährten häufig genannt werden, wenn auf Plattformen wie Reddit nach den „seltsamsten Dingen, mit denen ihr jemals masturbiert habt" gefragt wird. Ebenfalls dabei: elektrische Zahnbürsten und Smarties-Rollen.

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„Pillow humping", für das es im Deutschen keine wirklich zufriedenstellende Entsprechung gibt (oft wird es als "Kissenreiten" bezeichnet), wird vom Urban Dictionary als„Akt des einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs mit einem Kissen (denn ein Kissen sagt niemals nein)" definiert. Auch wenn diese Definition geschlechtsneutral gehalten ist, sind Kissen (und Plüschtiere) vor allem für pubertierende Mädchen das Sexspielzeug der Wahl.

Dass Mädchen weiche, anschmiegsame Gegenstände für ein ultimatives Masturbationserlebnis bevorzugen, mag vielleicht kontraintuitiv wirken, aber warum fühlt es sich dann so verdammt gut an, sich an einem Kissen oder einem Kuscheltier zu schubbern?

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Zu einem ist die Klitoris—entgegen der gängigen Annahme—nicht nur der kleine Teil, der sichtbar ist. Tatsächlich befindet sich ein Großteil der Klitoris innerhalb des Beckens. Der sichtbare Knubbel markiert nur ihren Anfang. Wenn die Klitoris stimuliert wird, strahlt dieses Gefühl auf die äußeren Schamlippen und auf die Gegend um die Vaginalöffnung herum aus. Wichtig ist auch im Hinterkopf zu behalten, dass die Klitoris die nervenreichste Region des weiblichen Körpers ist. Oder, wie es auf der Website der Columbia University zusammengefasst wird: „Stell dir vor, sämtliche Nervenenden eines Penis würden auf die Größe einer Erbse gebracht."

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So masturbieren Frauen

Nur zu, stell es dir vor.

Plötzlich macht es nämlich Sinn, dass sich die sanfte Berührung eines Kissens (oder eines riesigen Scooby-Doo-Plüschtiers) angenehmer anfühlen kann als ein schlagbohrerartiger Vibrator. Darüber hinaus berichten Frauen auch häufiger von einer Ganzkörperstimulation als Männer. Während sich Männer beim Masturbieren auf den Penis konzentrieren, bringen Frauen oft auch die Nippel, die Schenkel oder andere „sekundäre" erogene Zonen mit ins Spiel und mit einem riesigen Scooby Doo trifft man diese Hotspots einfach leichter als mit einem Vibrator, einer Smartiesrolle oder einem Lockenstab.

„Moment mal," denkst du jetzt vielleicht gerade, „willst du damit sagen, dass ich gerade 100 Euro für einen Vibrator mit Häschenohren ausgegeben habe, obwohl ich auch genauso gut meine Nackenrolle hätte nehmen können?"

Möglicherweise, aber im Endeffekt weißt nur du allein, was dir gefällt. An dieser Stelle geht es vor allem darum, dass sich unser Verständnis von den sexuellen Empfindungen einer Frau oftmals auf Männer und ihrer phallozentrische Auffassung von Erregung beziehen.

Sigmund Freud war einer der Ersten, der versucht hat, die Geheimnisse der Vagina zu erforschen. In seiner praktischen Arbeit als Psychoanalytiker hat er sich primär um reiche Frauen gekümmert, deren Probleme seiner Meinung nach auf sexuelle Blockaden zurückzuführen waren—insbesondere auf die falsche Art von Orgasmus. Er glaubte, dass nur junge Mädchen klitorale Orgasmen erleben würden, diese jedoch nur eine „unreife sexuelle Empfindung" wären, aus der sie herauswachsen würden, sobald sie von ihrem Mann oder ihrem Liebhaber penetriert würden. Danach könnten Frauen dann „reife" vaginale Orgasmen bekommen, Babies gebären und die Welt würde sich wie gewohnt weiter drehen.

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Jahrelang wurden sexuelle Funktionsstörungen bei Frauen nach dieser Theorie behandelt: Mach, dass sie vaginalen Sex mag, denn ihr Problem ist nur ihre unreife Klitoris. Wie sich herausgestellt hat, konnte diese These vollständig widerlegt werden: Zum einen geben nur vier Prozent der Frauen an, allein durch vaginale Penetration zum Höhepunkt, zum anderen sind auch vaginale Orgasmen in Wahrheit klitoral.

Ein weiterer Grund, warum Frauen in ihrer Jugend so gerne Kissen bumsen ist, dass ein Kissen nicht so einschüchternd wirkt wie ein Vibrator oder irgendetwas anderes, mit dem man sich selbst penetrieren kann. (Auch ein Tampon wirkt für viele junge Mädchen erst einmal beängstigend, wenn sie ihn sich zum ersten Mal einführen.)

Darüber hinaus sind Stofftiere und Kissen für junge Mädchen auch einfach leichter zugänglich als Vibratoren. Eine Studie der Universität von Indiana hat Männer und Frauen im Alter von 14 bis 90 Jahren zu ihren sexuellen Gewohnheiten befragt. Dabei haben die Forscher herausgefunden, dass Masturbation die einzige oder hauptsächliche sexuelle Aktivität junger Frauen ist. Nachdem man laut Jugendschutzgesetz erst mit 18 Zutritt zu Sexshops hat, wird klar, warum die Frauen auf Reddit so viele Geschichten über improvisierte Sexspielzeuge (aus ihrer frühen Jugend) parat hatten und sie eher von Kissen als von Häschenvibratoren erzählt haben.

Hut ab, vor der Sparsamkeit und dem Einfallsreichtum junger Mädchen auf der ganzen Welt!