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Popkultur

NICHT durchhalten! Diese Serien könnt ihr noch vor dem Ende abdrehen

Die Feiertage sind die perfekte Zeit, um zwischen Verwandtenbesuchen und fettem Essen staffelweise Serien nachzuholen. Aber auch, wenn ihr sonst nichts zu tun habt—diese fünf solltet ihr trotzdem auslassen.

Jetzt, wo die Feiertage ums Eck linsen wie ein perverser alter Exhibitionist im Santa Claus-Mantel, der nur darauf wartet, uns einen Blick auf seine behäbigen Glocken zu Weihnachten zu schenken, gibt es eigentlich nur eine Sache, die uns alle beschäftigt: Serien.

Gut, uns beschäftigen natürlich auch Geschenke (nach denen wir in überfüllten Einkaufsstraßen jagen) und Gerüche (die uns in überfüllten Weihnachtsmärkten und Straßenbahnen hinterher jagen), aber ich meine hier Dinge, die wir uns als Beschäftigung aktiv ausgesucht und nicht solche, die wir uns wie ein Körnchen erkaltete Hundescheiße in völliger Dunkelheit um 16:01 Uhr eingetreten haben.

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Im Gegensatz zu Feiertagen und Familienmitgliedern gehören Serien zu den Dingen, die man sich aussuchen kann. Genau wie bei Feiertagen und Familienmitgliedern tendieren aber erstaunlich viele Menschen in meinem Umfeld dazu, das, was sie einmal begonnen haben, auch zu Ende zu bringen—nicht, weil es ihnen Spaß macht, sondern einfach aus einem seltsamen Pflichtbewusstsein gegenüber unabgeschlossenen Geschichten, das man eigentlich nur beim jährlichen Besuch der Großtante haben sollte.

Das ist einerseits komisch, weil wir doch angeblich alle nach Individualismus und Selbstbestimmung streben und uns die große Auswahl an popkulturellen Konsumgütern eigentlich mehr denn je zuvor die Möglichkeit bietet, Sachen, die auch nur ein bisschen stinken, sofort zu kippen und gegen etwas Besseres auszutauschen.

Andererseits ist es auch nur logisch, weil Serien heute mehr denn je dafür designt sind, uns eskapistische Parallelwelten zu entwerfen, die nicht zwangsweise nett oder angenehm oder entspannend sein müssen, sondern die in erster Linie so authentisch wie möglich sein und uns in ihren Story-Sog ziehen sollen.

Eine Serie, die funktioniert, ist heute kein banales Konsumgut mehr—sie ist wie das Leben selbst, in dem man sich ja auch oft mit stinkenden Dingen auseinandersetzen muss, aber dafür auch gelegentlich belohnt wird.

Gerade in der Zeit um Weihnachten und Silvester ist es daher naheliegend, dass sich viele von uns staffelweise zum Binge-Watching der dümmsten Drecksserien knechten lassen, einfach nur wir weil sowieso Zeit haben und von den ständigen Verwandtenbesuchen und der damit verbundenen Aperitif-Apokalypse schon komplett weichgequirlt sind.

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Ich bin hier, um euch die frohe Kunde zu bringen, dass das dieses Jahr nicht sein muss. Eine andere Welt IST möglich—und sie liegt nur eine Top-5-Liste weit entfernt. Am Ende dieses Artikels werdet ihr aufstehen, euch die Ketten von den Gelenken reißen und gelernt haben, die seriell geschaltete Blödheit des Binge-Watchings zu eurem Bitchboy zu machen, der nur noch tut, was ihr wollt. Ihr werdet euch trauen, tief Luft zu holen und zu sagen „JA, DIESE SERIEN SIND ÜBEL UND ICH HABE KEINE AHNUNG, WELCHE TRENDHURE MICH DA GERITTEN HAT".

Hier sind die fünf Serien des Jahres, die ihr definitiv nicht zu Ende schauen müsst (wenn ihr noch nicht habt—sonst einfach für die nächste Staffel merken). Und bedenkt: Hier könnten auch fünf andere, fast genauso schlimme Serien stehen—es gibt da draußen ja einige und die hier versammelten sind nur die Spitze des Keksbergs. Das Wichtigste ist aber, dass ihr generell nichts durchdrücken müsst, nur weil irgendwer auf Facebook sein Titelbild auf ein Promofoto geändert hat. Hier gibt es übrigens eine Liste von Serien, die keine Zeitverschwendung sind. Schönes Feiertags-Schauen!

1. DRACULA

Foto via Forget Today

Genau wie alle anderen Hype-Opfer habe auch ich die Pilotfolge sofort und bis zu ihrem katastrophalen Ende geschaut, obwohl ich die meiste Zeit keine Ahnung hatte, was eigentlich passiert. Zu viele Fragen schwirrten dabei gleichzeitig durch meinen Kopf:

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Wie genau bringt der Vampirgraf mit seinem überdimensionalen Kesselkeller die Galagesellschaft dazu, an kabellose Elektrizität zu glauben? Wann hat die brasilianische Telenovela das Vampir-Genre erobert? Und warum sehe ich mir gerade bärtige Schaufensterpuppen bei Fechtduellen an, die wirken wie Chanel Nr. 5-Werbespots?

Die Antwort ist natürlich auf alle diese Fragen dieselbe: SCHALT. AB. Leider habe ich diese Botschaft erst im Abspann verstanden, als ich bereits sexuell verwirrt und vom Hochglanz überglasiert war. Sicher, irgendwie geht Dracula wahrscheinlich als Guilty Pleasure durch und lässt sich als halbwegs okayer Softsex-Ersatz für prüde Mädchen rechtfertigen, denen True Blood schon zu viel Porno ist. Aber glaubt mir, ihr werdet nach keiner einzigen Folge NICHT weinend unter der Dusche sitzen und „Gott, war das umsonst, Gott, war das dumm" vor euch hin flüstern.

2. ALPHA HOUSE

Scheinbar sind semi-ernste Comedy-Serien der beste Einstieg ins TV-Biz, wenn du eine Plattform betreibst, die eigentlich etwas anderes als TV (aber schon auch irgendwie dasselbe) machen will. Netflix hat es vorgemacht und sein Original Programming damals mit der Sopranoesken Exil-Mafioso-Serie Lillyhammer gestartet.

Jetzt versucht Amazon mehr oder weniger dasselbe und dreht ebenfalls eine Drama-Serie durch den Comedy-Scrambler. Diesmal ist es House of Cards (bezeichnenderweise ein Netflix-Original), das als ungefähres Vorbild für die Polit-Parodie Alpha House dient und wenn auch nicht auf dessen Story, dann doch zumindest auf dessen grobem Erfolgsrezept basiert.

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Auch hier geht es um den Blick in die Senatoren-Schickeria von Washington, die anhand einer Republikaner-WG mit Hausherr John Goodman exemplarisch vorgeführt wird. Als Grundlage dient eine wahre Geschichte, von der Alpha House aber schon bei der Parteizugehörigkeit der WG-Bewohner abweicht (in Wirklichkeit sind es drei Demokraten).

Leider ist der lustigste, griffigste Moment schon im Intro der Pilotfolge verpackt—ich sage nur: Bill Murray weint und rasiert sich gleichzeitig!—und wird danach eigentlich nur noch von einer hartnäckigen Abwesenheit von Highlights umspielt. Lasst euch auch vom Colbert-Cameo nicht den Geruchsinn trüben; nur weil die Kacke in einem Flacon daherkommt, ist sie noch lange kein Parfum.

3. HELLO LADIES

Foto via Film Thrasher

Das Konzept des kultivierten Fremdschämens hat schon so einige Serien quasi im Alleingang erhalten: Neben The Office und vor allem Peep Show basiert im weitesten Sinne auch Girls mit seiner Besetzung aus anti-empathischen Sozialautisten auf der Idee, immer einen peinlich berührten Facepalm zwischen dem Bildschirm und uns Zuschauern zu schalten. Und das ist gut so.

Facepalm und Fremdscham sind zwei Quellen fast nie versiegender Freude—solange das ganze furchtbare, ignorante Treiben zumindest hin und wieder (wenn auch nur von einer einzigen weniger beschissenen Figur) gebrochen wird. Bei Hello Ladies bekommen wir das unangenehme Gefühl des totalen (sozialen) Versagens quasi als eingekochte Wintermarmelade auf die Hirnrinde geschmiert, von der man sich während jeder einzelnen Episode wünscht, dass sie einem abfällt und nur ein rudimentäres, unempfindsames Stammhirn zurücklässt.

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Auch, wenn die formal knackige 20-Minuten-Serie von Stephen Merchant stammt (der mit Ricky Gervais und Karl Pilkington den erfolgreichsten Podcast der Welt betreibt), reicht hier der britische Black-Humor-Ansatz einfach nicht als Rechtfertigung, weshalb man sich jede Woche wieder dem Scheitern eines Engländers in Hollywood/L.A. hingeben sollte.

Dafür ist die Serie einfach zu gallig und gleichzeitig zu wenig lustig. Protagonist Stuart Prichart ist genau der ungustiöse Proto-Macho, der Kenny Powers geworden wäre, wenn er um ein Haar schlauer und weniger von sich selbst geplagt gewesen wäre. Und das Schlimmste: Dort, wo Eastbound & Down seinem Kenny Powers etwas entgegenstellt, bleibt Hello Ladies schulterzuckend auf der Seite seines idiotischen Idols. Neeeeext!

4. AGENTS OF S.H.I.E.L.D.

Foto via Agents of S.H.I.E.L.D.

Nichts gegen Comics und nichts gegen Marvel. Marvel ist wie ein barockes Schloss, wo in den Zwischenwänden Tausend Bedienstete herumkriechen, von denen die Herrschaften gar nichts mitbekommen müssen, solange sie die Maschine am Laufen halten. Genau wie so ziemlich alles im Barock ergibt auch die Welt von Marvel in ihrer Gesamtheit nie wirklich Sinn—obwohl der Barock mit seinen menschgefüllten Fleischpasteten und Wunderkammern voller Katzenklaviere definitiv noch eine Klasse über dem Comic-Universum steht. Aber das macht alles nichts, weil es dafür meistens bunt und auf esoterische Art tiefsinnig zugeht.

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Jede neue Geschichte bringt irgendwie auch ihre eigenen Welterklärungsmodelle mit sich; jede Figur ist wie die Comic-Version des Universalgelehrten Athanasius Kircher, der laut NYTimes der coolste Typ war, der jemals lebte. Aber genug vom Barock. Hier geht es nämlich um die eine Serie, mit der Marvel sich vom Barock abwendet.

Agents of S.H.I.E.L.D. bemüht sich sehr, modern und anders zu sein Vielleicht gerade deshalb ist das, was dabei rauskommt, nicht mehr als ein Abklatsch von Lois & Clark, nur ohne den Vorteil, schon in den 90er Jahren gedreht worden zu sein. Vom Humor ist Agents auf Jar-Jar Binks-Niveau und ästhetisch so flach wie die Vorderseite von Keira Knightley oder der Schritt von Jude Law. Da reden wir noch nicht mal über solche Kleinigkeiten wie die fehlende Schärfentiefe und den generell scheinbar auf einen Küchen-Fernseher der 80er ausgelegte Detailreichtum in der Kadrierung.

Wenn ihr mich fragt hätte Marvel bei seinem neo-barocken Wahnsinn bleiben sollen. (Post-)Moderne ist etwas, das nur Watchmen richtig gut kann.

5. BROOKLYN NINE-NINE

Foto via TV's Fault

Noch so eine Serie, die sich mit einer trojanischen Pilotfolge den Weg durch die Stadttore unseres geöffneten Herzens spielt, nur um dann im Mittelpunkt unserer atrophierten Herzkammern in einem Sturm aus Scheiße zu explodieren. Das Gefühl von Kackebröckchen, die zwischen dem ganzen Hämoglobin durch unseren Metabolismus treiben und alle paar Zentimeter wieder für einen Blutstau sorgen, durchzieht leider den Großteil von Brooklyn Nine-Nine, bei dem es um ein keckes Polizeipräsidium in, naja, Brooklyn geht und das leider ein bisschen wie die letzte Staffel von Scrubs (also die ohne Stamm-Cast und ohne Kern-Witz) daherkommt.

Ja, Brooklyn hat seine Momente und wir bekommen die „Polizei ist geil"-Pille wenigstens mit der nötigen Portion selbstironischer Zuckerl-Donuts serviert—aber die ganze fehleranfällige Alltäglichkeit, die verbürokratisierte Langeweile und das politisch gar nicht mal so korrekte Prozedere im New York der Jungen, Hippen und der Alten, Uncoolen geht dann leider doch im ziemlich schnell im banalen Sitcom-Schmäh unter, der genauso in den 80ern geschrieben worden sein könnte.

Brooklyn macht Comedy aus jener Zeit, wo das Publikum noch lachte, weil etwas lustig gemeint war—und wo „etwas lustig meinen" noch hieß, dass man zehn Sekunden lange Grimassen zog. Orange is the New Black, Lillyhammer oder auch Louie sind in dieser Welt nie passiert.

Andy Samberg ist nur genau so lustig, wie Saturday Night Live-Darsteller eben lustig sind—also eh sehr, aber nicht für 20 Minuten ohne Pause und auch nicht in der einzigen Hauptrolle. Dass sie außerdem den skurrilen, menschenverachtenden Charakter April Ludgate aus Parks and Recreation quasi 1:1 kopiert haben, macht die Serie nicht besser. Originell ist nur die Vorstellung, dass Brooklyn Nine-Nine Sambergs fiktives Bio-Prequel zu seiner Saturday Night Live-Zeit sein könnte. Aber vielleicht ist mein Sinn für Humor auch schon von zu vielen schlechten Serien getrübt.