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Sex

So ist es, wenn die eigene Frau es liebt zu swingen

Über Eifersucht, Swinger-Etikette und einen erfüllten Abend.
Foto aus dem Club 487

Früher oder später musste es wohl dazu kommen. Jedenfalls führte die Metropolitan Police und Beamte des Lewisham Councils letzte Woche eine Razzia im Club 487 durch—Londons letztem Pornokino.

Die Beamten stürmten Donnerstag um 13:30 Uhr South Londons letzten Wichsfilmtempel. Sergeant Mark Alger informierte per Twitter, dass „es sich bei den Räumlichkeiten wahrscheinlich um ein Pornokino handelt. Eine Handvoll Männer mittleren Alters wurden angetroffen und des Gebäudes verwiesen. Die LFB [die Londoner Feuerwehr] führt Sicherheitsüberprüfungen durch. Eine Überprüfung der entsprechenden Lizenzen findet ebenfalls statt."

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Die armen Wichser durften das Gelände ohne Anzeige verlassen und das Kino bleibt auch weiterhin geöffnet. Dem Club zufolge ereignete sich der Vorfall, nachdem unbegründete Berichte über Drogen und illegalen Alkoholverkauf die Runde gemacht hatten. Die Polizei, die nichts dergleichen feststellen konnte, verließ das Grundstück wieder.

„Zwei der Bullen, die bei der Razzia dabei waren, haben mir sogar gestern einen guten Morgen gewünscht, als sie an mir vorbeigingen", sagte Danny, der Manager, als ich ihn zu dem Vorfall befragte.

Also alles entspannt. Zweifelsohne wäre es ein Segen für Londons swingende Halbwelt, wenn das Etablissement auch in Zukunft ohne weitere Störungen durch die Jungs in Blau friedlich weiterexistieren könnte. Zum Beispiel auch für Leute wie Vern, einen höflichen Mann in den späten 40ern, mit Brille und einem gemütlichen blauen Pullover. Ich hatte mich eine Woche vor der Razzia noch mit ihm im Inneren des 487 nett unterhalten—auch wenn es gar nicht mal so einfach ist, eine vernünftige Unterhaltung zu führen, wenn du mit jemandem sprichst, dessen Frau direkt daneben von einer Gruppe Typen durchgenommen wird.

„Fuchtel damit besser da vorne rum—nicht in seinem Gesicht", keucht seine Frau Melissa. „Was, wenn er plötzlich losgeht?"

Sie liegt auf dem Boden in einer der beiden privaten Kabinen, mit denen der Laden ausgestattet ist. Das einzige Licht kommt von dem freizügigen Streifen Uniform Fantasies, der über einen kleinen HD-Fernseher flackert. Sie ist das Epizentrum von drei Typen—alle willig und bereit—, die darauf warten, etwas orale Aufmerksamkeit von ihr zu bekommen. Ein anderer hat währenddessen Sex mit ihr und gibt dabei laute Stöhn- und Grunzgeräusche von sich. Plötzlich hört er abrupt auf, steht auf und macht sich seine Hose zu.

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„Wooow, das war gut", sagt er—ein groß gewachsener, gut aussehender Mann.

„Melissa ist ein toller Fick", sagt Vern. „Sie ist ein gutes Mädchen. Danke Kumpel!"

„Nein, ich danke dir", antwortet der Typ.

Er scheint das durchaus ernst zu meinen.

In Internetforen kündigen Melissa und Vern kurzfristig ihre Besuche in den verschiedenen Läden Londons an und laden einzelne Typen und Pärchen dazu ein, vorbeizuschauen und ein bisschen Spaß zu haben. Der Club 487 mit seinen dunklen Gängen und der anonymen Atmosphäre ist dafür genau der richtige Ort. Sie sind heute Abend den weiten Weg aus Acton in West London hierhergekommen, nachdem Vern mit seinem Job auf dem Garagenhof fertig war, wo er arbeitet.

„Wir mögen es dreckig", erklärt Vern. „Der Laden hier ist super für uns. Man weiß, dass hier eine Menge Jungs runterkommen und Melissa nimmt gerne viele Jungs durch."

Und hat Vern auch Sex mit anderen Frauen?

„Nein—das brauche ich nicht", antwortet er knapp.

Melissa ist, wenn sie nicht gerade die ungeteilte Aufmerksamkeit diverser Typen genießt, die nicht ihr Mann sind, eine fröhliche, geradezu überschwängliche Frau mit wasserstoffblonden Haaren, die hier im Dunkeln zu leuchten scheinen. Sie läuft in Dessous und schwarzen Stiefeln umher, dabei immer ein Glas Whiskey in der Hand, und teilt jedem, der es hören möchte, lauthals mit, es sei eine Schande, dass immer mehr Läden wie dieser hier in London geschlossen werden. Vern ist da etwas ruhiger und reflektierter. Er verschönert sich den genussvollen Blick auf das Treiben seiner Frau mit einer gelegentlichen Nase Amylnitrit.

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Melissa und Vern sind seit 22 Jahren verheiratet und seit 15 Jahren in der Swingerszene aktiv. Vern scheint das alles wirklich zu genießen. Er feuert zwischendurch sogar die zahlreichen Liebhaber seiner Frau an. Trotzdem frage ich mich, ob er wirklich glücklich ist.

„Wir sind vorsichtig. Wir lassen uns regelmäßig testen und alles. Das muss man, wenn man swingt. Selbst, wenn man Kondome verwendet, muss man sichergehen, dass alles safe ist", sagt er.

Aber wie fühlt er sich, wenn er dabei zuschaut, wie wildfremde Typen mit seiner Frau Würstchenverstecken spielen? Macht ihn das an?

„Es war schon ziemlich hart am Anfang", sagt er. „Beim ersten Mal gab es schon Diskussionen—viel Eifersucht."

Wie ist er damit klargekommen?

„Vielleicht war es einfach die falsche Situation. Der falsche Typ. Wir haben es dann mit einem anderen Kerl probiert und es war einfach perfekt. Netter Typ, auf dem Boden geblieben, hat mit uns geplaudert—verstehst du? Und wir mochten ihn, also war alles gut. Das hat mich dann auch angemacht."

Und du stehst da jetzt drauf?

„Ja, total. Wir machen das jetzt seit 15 Jahren, also sollte ich das wohl, oder nicht?"

Ich schätze, am Ende braucht es die ganze Eifersucht auch nicht, weil du ja mit der Person nach Hause gehst, oder?

„Genau. Ich glaube, das war es auch, was es beim ersten Mal so hart gemacht hat. Was ist, wenn ihr der Sex besser gefällt und dann mit dem anderen Typen durchbrennt? Aber es wird leichter mit der Zeit."

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Kurz darauf geht ein anderes Pärchen im dunklen Gang an uns vorbei—eine attraktive junge Brünette in ihren 20ern und ihr Partner, ein kräftig aussehender Typ mit rasiertem Kopf. Sie gehen in den großen Kinosaal.

„Das ist Angelina. Ein nettes Mädchen. Melissa hatte sie vorhin."

Melissa ist ganz schön fleißig.

„Sie liebt Sex. Sie ist ein gutes Mädchen."

Ich folge Angelina und ihrem Freund. Sie sind jetzt mit einem anderen Typen in der letzten Reihe beschäftigt. Angelina liegt horizontal vor ihnen und kümmert sich hingebungsvoll um beide. Auf der Leinwand läuft ein neuer Film mit dem Namen Twin Cheeks. Melissa, die mittlerweile fertig ist, kommt mit Vern zusammen rein, um zuzuschauen.

„Sie ist viel zu schnell", ruft sie. „Mach etwas langsamer!"

Es ist wie in einem Live-Porno und sie ist die Regisseurin.

„Sie weiß genau, was sie macht. Sie hat in 15 Jahren schon einige Typen gehabt", merkt Vern an.

„Sie squirtet auch viel", sagt ein anderer Kerl. „Ich hatte mit ihr vor einer halben Stunde was und meine Ärmel sind immer noch durchnässt."

Vern blickt stolz auf seine Frau, lächelt und nickt langsam—als hätte jemand ein Kompliment über ihre sportlichen Fähigkeiten gemacht.

„Sie ist ein gutes Mädchen", wiederholt er.

„Ich hatte sie schon alle", berichtet Melissa. „Fußballer—selbst einen MP [Mitglied des britischen Parlaments]."

Das ist definitiv ein beeindruckendes Portfolio. Kurz darauf sind auch Angelina und ihre Freunde fertig und der Abend ist vorbei. Man reicht sich zum Abschied die Hand und verspricht sich gegenseitig, sich auch ja bald wieder zu sehen.

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„Toller Fick, Kumpel", sagt ein Typ, gibt Vern einen Fistbump und Melissa einen Kuss auf die Wange.

Fremdvögeln im großen Stil ist bestimmt nicht jedermanns Sache, aber für die Besucher des Club 487 gehört das einfach zu einem erfüllten Abend.

„Wir machen uns besser auf den Weg", sagt Vern. „Es wird ewig dauern, nach Hause zu kommen und ich habe morgen Früh einen Zahnarzttermin."

Vern und Melissa müssen jetzt einmal quer durch London nach Hause fahren. Vielleicht ist es ein weiter Weg, aber für sie ist es ein Geschenk des Himmels, dass Läden wie der Club 487 noch existieren.

Thumbnail Foto von Guillermo Cervera, aus seiner Serie Sex Club.