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Beziehung

Wie betrogene Frauen am Ende doch gewinnen

„Du bist nicht allein und es wird wehtun", sagt der Forscher Craig Morris. In einer neuen Studie hat er allerdings auch herausgefunden, wie sich schlimme Trennungen positiv auf uns auswirken können.
Screenshot via iTunes

Beyoncé und ihr neues visuelles Album Lemonade sind in aller Munde. Das liegt zum Einen daran, dass nicht jede Woche ein aufwändiges, einstündiges Video erscheint, in dem einer der Megastars des internationalen Popzirkus zeigt, dass es nach wie vor nicht viele gibt, die ihm musikalisch das Wasser reichen können. Grund für die allgemeine Aufregung waren aber vor allem diverse Textzeilen, die darauf hinwiesen, dass Jay Z seine Angetraute betrogen haben könnte. Queen B als eifersüchtige, verletzte Gattin, die ihrem Frust nur musikalisch Luft machen kann—das hätte sich vor ein paar Jahren wahrscheinlich auch noch niemand vorstellen können. Immerhin: Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass betrogen werden nicht nur negativ sein muss.

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Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie der US-amerikanischen Binghamton University „gewinnen" Frauen, die einen untreuen Partner an eine andere Frau verlieren, auf lange Sicht, weil sie lernen, besser mit Trennungen umzugehen. Die Studie liefert die bisher umfangreichsten Ergebnisse zum Thema Trennungen und gibt Antworten auf die Frage: „Intrasexuelle Konkurrenz und Trennungen: Wer gewinnt wirklich?". Mehr als 5.700 Personen haben an der Online-Umfrage teilgenommen, darunter 61 Prozent Frauen, die sich als ausschließlich heterosexuell identifizieren und von denen 2.843 bereits eine Trennung hinter sich haben.

Nachdem man seinen untreuen Partner „losgeworden" ist, kehren viele in die „Datingszene" zurück und sind „besser in Form" als jemals zuvor, erklärt der Forscher und leitender Autor der Studie, Craig Morris, in einer Mail an Broadly.

Das liegt unter anderem an der „höheren Paarungsintelligenz", wie es der biokulturelle Anthropologe und Evolutionsforscher nennt. Das heißt, dass eine Frau nach dem Ende einer miesen Beziehung oftmals Erfahrungen gewonnen hat, die ihr helfen, beim nächsten Mal einen besseren Partner zu wählen.

Denkt man an Trennungen, dann kommen einem normalerweise Szenen von nach außen gekehrter Trauer in den Sinn: sozialer Rückzug, Lethargie, Interessensverlust in der Schule, im Studium und auf der Arbeit, Konzentrationsprobleme und Depressionen. Diese Erfahrung ist für die meisten Menschen ziemlich schlimm. Morris und sein Team haben jedoch herausgefunden, dass diese Reaktionen einen wichtigen und äußerst lehrreichen Zweck erfüllen. „Möglicherweise fördern diese Symptome die Selbstreflektion und die persönliche Entwicklung", sagt Morris. Es stellt sich also heraus, dass all die einsamen, traurigen Wochenenden, die man Serien guckend im Bett verbracht hat, nicht zwingend umsonst waren. „Im Vergleich zu Männern nutzen Frauen die Zeit anscheinend fast ausschließlich dazu, über ihren ehemaligen Partner, sich selbst und ihr Leben im Allgemeinen nachzudenken. Dieses ‚positive Nachsinnen" scheint dazu zu führen, dass ihre Rückkehr auf den Beziehungsmarkt (wenn sie den Entschluss dazu gefasst haben) sehr viel erfolgreicher ist."

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Und was ist mit dem miesen Ex? Laut Morris hat er den Erfolg der Fremdgeher in ihren neuen Beziehungen nicht untersucht, aber die Daten „deuten an, dass die Beziehung zwischen dem Fremdgeher und der ‚anderen Frau' auf lange Sicht wenig Erfolg hat." Morris sagt zudem, dass eine weitere Untersuchung klären soll, wie sich seine Hypothese über die Untreue auf nicht heterosexuelle Beziehungen anwenden lässt.

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In Morris Augen war eine Studie über Trennungen und der Konkurrenz zwischen Frauen zwingend notwendig, da es zahlreiche Forschungen gibt, die aufzeigen, wie und warum wir einen bestimmten Partner wählen—aber keine, die sich damit beschäftigt, warum wir uns von bestimmten Partnern trennen oder was danach passiert. „Ich wollte diese Lücke in der Literatur schließen, da das Thema für viele, viele Menschen relevant sein dürfte." So endet nach Daten des statistischen Bundesamtes ungefähr jede dritte Ehe mit einer Scheidung und fast jede zweite Beziehung in einer Trennung.

Nach unserem Gespräch über seine Forschungsergebnisse habe ich Morris gefragt, ob er als Experte irgendwelche hilfreichen Ratschläge in Bezug auf Trennungen hat: „Du bist nicht allein und es wird wehtun", sagt er. Das hört sich fast so an, wie der Rat, den mir meine Mutter gegeben hat, als ich mit 20 meinen ersten schlimmen Liebeskummer hatte. „Sei traurig und lern daraus. Das wird vergehen."

An einer Stelle kommt dann doch noch einmal der Evolutionsforscher und nicht der Vater in ihm durch: „Wenn unsere Vorfahren nicht über Trennungen hinweggekommen wären und sich erfolgreich weiterentwickelt hätten, dann wären wir alle gar nicht hier."