FYI.

This story is over 5 years old.

Medien

Hinter den Kulissen von "Reductress", dem feministischen "Postillon"

Wenn schon Fake News, dann mit Humor, sagten sich die Gründerinnen der Satireseite – und ihr Konzept scheint aufzugehen.
From left: Anna Drezen, Sarah Pappalardo, and Beth Newell. All photos courtesy of Reductress

Wenn schon Fake News, dann mit Humor – so zumindest lautet das Mantra von Reductress. Jeden Tag veröffentlicht die Satireseite Artikel wie "Fünf Anzeichen dafür, dass er dich definitiv besser behandeln wird als seine 35 Ex-Freundinnen", die in schönster Regelmäßigkeit viral gehen. Laut Alexa verzeichnet Reductress pro Monat um die 250.000 Besucher.

Mit How to Win at Feminism: The Definitive Guide to Having it All – and Then Some! veröffentlichten die Frauen hinter dem Projekt außerdem ein satirisches Selbsthilfebuch. "Wir bezeichnen es selbst als eine gut gemeinte, aber schlechte Anleitung, wie man ein Feminist wird", sagt die Gründerin Sarah Pappalardo.

Anzeige

Pappalardo hatte eigentlich nie vor, eine Webseite als komödiantische Plattform für sich zu nutzen. Sie und ihre Freundin Beth Newell fristeten im Jahr 2012 ein eher frustrierendes Dasein als Comedians Ende 20. Sie waren seit Jahren in denselben New Yorker Comedy-Kreisen, machten beide Impro und schrieben Sketche. "Es wurde irgendwann anstrengend, ständig einen Haufen Requisiten ins Theater zu schleppen", erinnert sich Newell. "Wir suchten beide sehnlichst nach einem neuen Weg, um uns kreativ auszudrücken." Nach einem Workshop im Magnet Theater kam Newell schließlich auf Pappalardo zu und schlug vor, ein "Magazin für Fake News" zu machen. Pappalardo war Feuer und Flamme.

Mehr lesen: Carolin Kebekus hat keine Lust mehr "für eine Frau sehr, sehr lustig" zu sein

Sie hatte Erfahrung mit der Arbeit in einer Online-Agentur und auch Newell hatte zuvor schon als Praktikantin und Autorin bei der Satirezeitschrift The Onion gearbeitet. Sie wussten also beide "nur zu gut, wie schwer es werden würde" eine erfolgreiche Webseite ins Leben zu rufen, sagt Newell.

Für den Launch der Webseite im Jahr 2013 mussten sie noch ihre Freunde einspannen, um die ersten Artikel zu schreiben. Mittlerweile haben sie genug Einfluss, um Comedians wie Nicole Silverberg und Anna Drezen von Saturday Night Live zu ihrem Redaktionsteam zählen zu können. Heute arbeiten die beiden Gründerinnen gemeinsam mit Silverberg und zwei weiteren Mitarbeiterinnen in einem kleinen Büro in New York, wo sie Artikel schreiben, einen eigenen Podcast produzieren und Vortragsreihen planen.

Anzeige

Folgt Broadly bei Facebook, Twitter und Instagram.

Es war allerdings nie das Ziel, nur die Leute zu erreichen, die sowieso schon in der feministischen Blase unterwegs sind. "Wir hatten nie den Vorsatz, eine feministische Webseite zu gründen'", erklärt Newell. "Wir wollten einfach nur Frauenmedien parodieren, weil es uns schon immer gestört hat, wie Frauenmedien zu Frauen sprechen." So wie einer ihrer aktuellen sarkastischen Artikel, in dem sie die Produzenten von La La Land mutig nennen, weil sie Moonlight den Oscar überlassen haben. Man braucht keinen Abschluss in Gender Studies, um über den Satz lachen zu können: "Es bedarf schon ziemlich viel Mut einen Oscar abzutreten, der einem gar nicht gehört, aber die Produzenten von La La Land haben es geschafft."

Obwohl Reductress auch viele männliche Leser anzieht (siehe auch: "Fünf feministische Männer, die dich umarmen werden, egal ob du es willst oder nicht"), zielt die Seite vor allem auf Frauen ab, die es satt haben, sich ihr Selbstbewusstsein immer wieder durch die Botschaften von Frauenmagazinen erschüttern zu lassen. "Wenn The Onion ab sofort die Cosmopolitain übernehmen würde, dann käme unsere Seite dabei raus", sagt Newell.

"Ich glaube, es ist einfach erfrischend, wenn man als Frau Content angeboten bekommt, der direkt zu einem spricht", ergänzt Pappalardo. "Es gibt gewisse Dinge, die einfach jeder witzig findet, der schon mal sogenannte 'weibliche Erfahrungen' gemacht hat."

Anzeige

Sarah Pappalardo (links) und Beth Newell

Auch wenn viele herkömmliche Frauenmagazine die Art und Weise ihrer Berichterstattung mittlerweile deutlich modernisiert haben, gibt es auch im Jahr 2017 noch viel zu parodieren. Sei es, dass der Uber-CEO einen Hellseher engagiert, "um der ganzen schlechten Stimmung auf den Grund zu gehen", oder die ganze unsägliche Trump-Debatte. "Wir tun, was wir können, um Themen auf die Erfahrungen von Frauen zu übertragen", sagt Pappalardo. Als Beispiel nennt sie den Artikel "Fünf Aktivitäten für regnerische Tage, mit denen man seine Kinder beschäftigen kann, nachdem das Kindermädchen abgeschoben wurde".

Von solchen Schlagzeilen fühlen sich wenig überraschend auch jede Menge Internet-Trolle angezogen. Reductress hat die Kommentarfunktion zwar gesperrt, um zu verhindern, dass ihre Autoren belästigt werden, doch auf Twitter gehören solche Angriffen nach wie vor zum Alltag. Die schlimmsten Beschwerden kommen dabei von Menschen, die Reductress fälschlicherweise mit einer Nachrichtenseite verwechseln. "Menschen kritisieren uns vor allem dann, wenn sie denken, dass wir das alles ernst meinen. Deswegen geraten wir auf Twitter immer wieder unter Beschuss", erklärt Newell. Kritischer Gegenwind kommt dabei übrigens auch von eigentlich "wohlmeinenden Feministinnen, die denken, dass wir das alles ernst meinen würden und die deshalb verärgert reagieren."

Mehr lesen: Wir haben Comedians gefragt, ob man Vergewaltigungswitze machen darf

Die Macherinnen verstehen das. Solange es da draußen aber weiterhin Magazine gibt, die derartige Artikel erst meinen, werden sie sich auch weiterhin über genau das lustig machen.

"Wir leben aktuell in einer komischen Zeit", sagt Pappalardo. "Wir sind die ganze Zeit davon ausgegangen, dass wir eine Präsidentin haben werden, die wir neckisch kommentieren können. Stattdessen sind wir wieder zurück bei Problemen, gegen die wir vor 15 Jahren schon gekämpft haben – in politischer Hinsicht, aber auch sonst."