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Kultur

Wörter über Liebe, die es auch im Deutschen geben sollte

Natürlich "liebst" du Pizza – nur eben anders als eine Person, mit der du auch schlafen möchtest.
Illustration by Lucy Han

Die klugen Köpfe, die sich im alten Indien die Sprache Sanskrit ausgedacht haben, entwickelten einst über 100 verschiedene Wörter, um die unterschiedlichen Formen von Romantik, Zuneigung und Sehnsucht zu beschreiben. Die sexaffinen alten Griechen hatten einen Katalog mit mindestens sechs Konzepten, aus denen man wählen konnte und die Araber definierten verschiedene Formen von Liebe durch eine Skala mit elf Phasen.

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Und die emotional-verkümmerte deutsche Sprachtradition? Die hat uns – ähnlich wie im Englischen – mit gerade mal einem Wort versehen, mit dem wir gleichzeitig unsere Gefühle für unsere Mutter, unseren Liebhaber und unsere Katze ausdrücken sollen: "Liebe". Die folgenden Konzepte aus anderen Kulturen könnten praktisch sein, wenn du das nächste Mal mit Emojis an deine Grenzen stößt.

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"Shringara" – in Schönheit vereint
Obwohl hinduistische Philosophen auch einem kurzen Techtelmechtel nicht abgeneigt waren, erkannten sie gleichzeitig an, dass Sex ohne Intimität ein Gefühl der Leere hinterlassen kann (hallo, Sonntagmorgen). Deshalb entwickelten sie ein Vokabular mit Ausdrücken für die verschiedenen romantischen Gefühle, die die körperliche Vereinigung bereichern könnten. Darunter ist das Wort Shringara, das eine warme und weiche, lange-Spaziergänge-am-Strand-Atmosphäre beschreiben soll, in der man mit einem Partner Zeit verbringt. Die Art von perfekter Verabredung, bei der dein Date wahnsinnig charmant zuvorkommend ist, ihr beide unglaublich gut angezogen seid und auch sonst einfach alles stimmt.

"Kama" – Sehnsucht
Im Gegenteil zu den prüden jüdisch-christlichen Kulturen ihrer Zeit, sahen die Hindus Sexualität nicht als Quelle der Schande oder Sünde an, sondern feierten das Ausleben dieser. Das Wort Kama bedeutet genau übersetzt ein Verlangen nach sinnlichen Objekten, wurde aber meist verwendet, um körperliche Anziehungskraft zu beschreiben. Während Jesus Predigten vor Neu-Konvertiten hielt, waren die Hindus damit beschäftigt, tiefe Studien darüber durchzuführen, wie sexuelle Sehnsüchte ausgelöst, erfüllt und erhalten werden können. Dokumentiert wurde die Suche im berühmten Kama Sutra. Weise wie sie waren, wiesen die Hindus aber auch darauf hin, dass das Individuum allein durch Sex kein Gefühl der Vollständigkeit erreichen kann (wir machen uns da mal eine mentale Notiz).

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Der Fluss, der in dir fließt, fließt auch in mir.

"Atma Arena" – Selbstliebe
Während der Begriff der Selbstliebe in unserer westlichen Kultur mittlerweile mit Narzissmus verknüpft ist, hat das Wort in der hinduistischen Kultur einen freundlicheren und allgemeineren Klang: Mit Atma Arena wird ausgedrückt, dass wir hinter unseren persönlichen Eigenschaften und Schwächen alle gleich sind. Der indische Mystiker Kabir, der diese Art der Selbstliebe feierte, schrieb dazu: "Der Fluss, der in dir fließt, fließt auch in mir". Soll bedeuten: Wir sehen uns selbst in anderen – und andersherum – und sollten die Liebe deshalb teilen (und vielleicht das nächste Mal kurz innehalten, bevor wir nach links swipen?).

Kleines Bilderrätsel: Welche Form von Liebe könnte hiermit gemeint sein? Foto: Pixabay | Pexels | CC0

"Hawa" – launenhafte Schwärmerei
Hawa ist die erste von elf Phasen der Liebe und damit die klassische, arabische Version davon, was wir einen Schwarm nennen würden. Das Wort hat die gleichen sprachlichen Wurzeln wie die Verben aufblühen, aufsteigen und fallen – und beschreibt so jene flüchtige, wechselhafte und flatterhafte frühe Phase des Verliebtseins. Obwohl das Potenzial da ist, um sich stärker und tiefer zu entwickeln, beschreibt Hawa definitiv eine Phase, in der man sich noch nicht binden will.

"Tadleeh" – emotionales Durcheinander
Am anderen Ende der Skala (nach den Phasen der Liebestrunkenheit und der Versklavung, aber vor dem vollkommenen Wahnsinn) kommt ein Zustand, der vielen vertraut vorkommen wird, die schon einmal Liebeskummer hatten: Chaos. Der Begriff beschreibt einen Punkt, an dem das Herz anfängt, jeglichen Sinn für Vernunft und Gleichgewicht zu verlieren – und langsam bricht. Abgeleitet wird das Wort von einem Begriff, der beschreibt, sich in einem tiefschwarzen oder dunklen Zustand zu befinden. Es wird auch benutzt, um ein Individuum zu beschreiben, das sich in einem Zustand völliger Verwirrung und Fassungslosigkeit befindet und sich auf nichts konzentrieren kann. In der Tadleeh-Phase fängst du also quasi an, "We Found Love" von Rihanna zu hören.

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Trotz ihrem Hang zu verrückten Orgien und Bacchusfesten, konnten die alten Griechen auch durchaus pragmatisch denken.

"Ren" – Nächstenliebe
Wenn die UN eine eigene Form der Liebe hätten, hieße diese wohl Ren. Der Begriff, der von Konfuzius im alten China entwickelt wurde, beschreibt die Verbindungen aller menschlicher Wesen und begründet auf der Idee von kindlicher Frömmigkeit und der Verpflichtung jedes Einzelnen gegenüber der eigenen Familie und Gesellschaft. Außerdem beinhaltet der Begriff die Idee, sich für soziale Verbesserungen und Mitmenschlichkeit einzusetzen. Konfuzius richtete sich damals vor allem an Beamte, die nach seiner Vorstellung Sittlichkeit, Gehalt und Status mit Tugend und Weisheit verbinden sollten. Viel Glück dabei.

"Philia" – tiefe Freundschaft
Wir haben wohl alle schon von Eros gehört, dem Konzept der alten Griechen für sexuelle Leidenschaft. Viel höher angesehen war damals allerdings Philia: ein tiefgründigeres Gefühl von Freundschaft oder Kameradschaft. Sexuelle Leidenschaft – mit seinem ganzen Potenzial für buchstäblichen Wahnsinn – wurde als gefährlich gesehen. Philia hingegen bot eine stabilere und langwierigere Beziehung, die auf Solidarität (typischerweise auf dem Schlachtfeld), Selbstaufopferung und dem Teilen von Gedanken und Emotionen basierte.

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"Pragma" – langjährige Liebe
Trotz ihrem Hang zu verrückten Orgien und Bacchusfesten, konnten die alten Griechen auch durchaus pragmatisch denken. Das beweist zum Beispiel ihr Konzept von Pragma: Die Idee einer reifen und beständigen Beziehungsform (zum Beispiel zwischen verheirateten Paaren), die auf Kompromissen, Geduld und Toleranz basiert. Während viele von unseren großen Vorstellungen von langjähriger Liebe und Leidenschaft in der Realität irgendwann darauf reduziert werden, uns mit unserem Partner über die letzte Nespresso-Kapsel zu streiten, haben die Griechen erkannt, dass Kompromisse, Realismus, gegenseitiges Verstehen und Bemühungen die Grundlage aller langen Gemeinschaften bilden.

Agape – selbstlose Liebe
Agape war die wahrscheinlich radikalste Form der Liebe für die alten Griechen. Der Begriff könnte dir heutzutage in einer Yoga-Stunde begegnen, denn er bedeutet so viel wie selbstlose oder universelle Liebe für die Menschheit. Der Begriff entwickelte sich abseits erotischer Empfindungen und sollte stattdessen eine Form von Liebe beschreiben, die wohltätig, brüderlich und bedingungslos sein sollte (außer natürlich, man war ein Sklave, eine Frau, schwarz oder gehörte sonst irgendeiner anderen Art von Minderheit an).

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