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Musik

Die Sängerin, die zeigt, wie nah Liebe und Erniedrigung beieinanderliegen

In "Love You Like I Should" betrauert Janice eine gescheiterte Beziehung. Das Video inszeniert sie als geschändetes Sexobjekt. Uns erklärt die Schwedin, was das eine mit dem anderen zu tun hat.
Screenshot: YouTube

Wer "Love You Like I Should" von Janice nebenbei guckt, könnte sich denken: Tolle Stimme. Dramatischer Song über eine von diesen Beziehungen, in denen elementare Dinge falsch gelaufen sind. Musikvideo in Schwarz-Weiß, aber nicht zwingend düster. Eher stylisch. Nichts besonderes, also.

Wer genauer hinguckt, dem fällt dann allerdings ein Flimmern auf. Während sich die schwedische Sängerin über den Boden windet, tauchen plötzlich für Sekundenbruchteile gezeichnete Männer neben ihr auf, die auf ihren Körper urinieren. Andere Szenen zeigen Janice mit einem Gagball im Mund, am Kreuz, neben einem riesigen Penis. Das scheinbare Ziel: Zeigen, wie Frauen in der Gesellschaft oft nach wie vor noch unterdrückt und erniedrigt werden. Wir wollten wissen, was sonst noch hinter dem Video steckt – und haben Janice einfach mal angerufen.

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Broadly: Du hast schon relativ früh damit angefangen, zu singen. Wie bist du dazu gekommen, das Ganze zu deiner Karriere zu machen?
Janice: Bei uns zu Hause ging es immer viel um Musik. Meine Eltern haben immer gerne gesungen und viel Musik gespielt. Meine Schwester ist Tänzerin, mein Bruder ist mittlerweile DJ und Produzent. Ich war also immer von Musik umgeben, richtig angefangen zu singen habe ich dann aber mit Elf. Whitney Houston war der Grund dafür, dass ich überhaupt damit angefangen habe. Als ich sie das erste Mal gesehen und gehört habe, konnte ich überhaupt nicht glauben, dass jemand so klingen könnte. Für mich war sie immer diese wunderschöne, starke Frau, die so viel durchgemacht hat. Dinge, mit denen ich mich irgendwie auch identifizieren konnte.

Meine Eltern haben mich dann in eine Schule gesteckt, bei der man Musikunterricht hatte, aber es auch viel um Theater und Tanz ging. Später habe ich viele Leute kennengelernt, die in der Musikindustrie arbeiten und meine Freunde geworden sind. Durch sie habe ich die Leute getroffen, mit denen ich jetzt zusammenarbeite.

"Love You Like I Should" klingt an sich nach einer traurig geendeten Liebesgeschichte. Durch das Video bekommt das Ganze aber noch mal einen deutlich düsteren Anstrich. Was bedeutet der Song für dich?
Für mich geht es um eine starke, sehr zerstörerische Beziehung. Gleichzeitig legt er aber auch die Rollen offen, die wir in einer Beziehung und innerhalb der Gesellschaft annehmen. Es geht darum, wie man nie gut genug ist – weder gegenüber seinem Partner, noch als Frau gegenüber der Gesellschaft. Du bist immer mit diesen Erwartungen dir gegenüber konfrontiert. Wie du zu sein hast oder wie du eben nicht sein solltest.

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Generell möchte ich, dass die Leute daraus mitnehmen, wie wichtig es ist, die Gedanken, Meinungen und Gefühle anderer zu akzeptieren. Wir müssen nett zueinander sein. Egal, ob man über, unter oder auf Augenhöhe mit jemandem ist. Wenn du mit jemandem zusammen bist, der das nicht kann: Werde ihn los. Da draußen gibt es genug andere, die dich respektieren. Halte dich lieber an die.

Hast du selbst Erfahrungen gemacht, die das widerspiegeln, was du im Song ansprichst?
Ziemlich viele, um ehrlich zu sein. Wenn ich zum Beispiel mit meinen Freunden unterwegs bin und mir jemand – natürlich ein Typ – an den Hintern fasst. Einfach, weil er denkt, dass das angemessen oder sein Recht ist. Oder wenn ich in Meetings mit großen Songwritern und Produzenten sitze, die mich nicht ernst nehmen, weil ich eine Frau bin. Weil ich "nur" die Sängerin bin. Das höre ich oft, obwohl ich meine eigenen Songs schreibe. In 90 Prozent der Fälle ist das ja auch nicht so und ich werde akzeptiert. Aber diese anderen zehn Prozent sollte es einfach gar nicht geben.

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Glaubst du, dass Frauen in Beziehungen tendenziell mehr von sich aufgeben als Männer, um "liebenswert" zu sein?
Nicht unbedingt. Das hat eher etwas mit der jeweiligen Person zu tun, als mit dem Geschlecht. Ich persönlich habe aber sehr viele Beziehungen und zwischenmenschliche Situationen durchgemacht, die damit geendet haben, dass ich einfach nicht "genug" war. Natürlich gibt es dafür auch andere Gründe, daran ist nicht nur der männliche Part schuld.

Ist Musik für dich ein gutes Instrument, um soziale und zwischenmenschliche Ungerechtigkeit zu thematisieren?
Ja, auf jeden Fall. Musik ist ein wunderbarer Weg, um Menschen zum reden zu bringen. Sie dazu zu bringen, etwas zu sehen und zu verstehen, was sie vorher noch nicht gesehen haben. Es hilft aber auch den Künstlern selbst. Egal ob du schreibst oder Filme machst: Wenn du einen Plattform und eine Stimme hast, um dein Wissen mit anderen zu teilen und unsere Welt besser zu machen, nutze sie.

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