FYI.

This story is over 5 years old.

Böser Bulle, böser Bulle

Die vertrottelten NSU-Ermittler gegen den Preisboxer

Wer ist grausamer? Die Nürnberger, die der Tochter eines NSU-Mordopfers ihr Erbe vorenthalten, oder der Bereitschaftspolizist, der einen umzingelten Demonstranten bewusstlos schlägt?

Polizisten sind auch nur Menschen. Manchmal sind sie sogar ziemlich schlechte Menschen. Das wird zum Problem, wenn man bedenkt, wie viel mehr Macht so ein Polizist im Verhältnis zu einem Normalbürger hat. Wenn er seiner schlechten Laune mal freien Lauf lässt, kann das für Umstehende gefährlich werden. Hier stellen wir euch ein paar eurer Freunde und Helfer vor, die gerade bei ziemlich schlechtem Benehmen erwischt wurden:

Anzeige

Die vertrottelten NSU-Ermittler

Foto: Avij | Wikimedia | Gemeinfrei

Das generelle Versagen der Ermittlungsbehörden rund um die vom NSU verübte Mordserie ist bereits in die Geschichte der deutschen Strafverfolgung eingegangen. Trotzdem tauchen immer neue Pannen auf, die die Schlampigkeit der Ermittler bei der Aufklärung der lange nur als „Döner-Morde“ bezeichneten Anschläge eindrucksvoll bezeugen.

Diese Woche wurde zum Beispiel bekannt, dass die Nürnberger Polizei 2005 nach dem Mord an Ismail Yaşar mehr als 23.000 Euro Bargeld, Schmuck und Inventar sicherstellte. Obwohl sie seine Tochter verhört hatten, entschied sich die Polizei, das gesamte Vermögen Yaşars Exfrau auszuhändigen und der eigentlichen Erbin zehn Jahre lang kein Wort davon zu sagen.

„Das ist unfassbar“, erklärte die Tochter in der BILD. „Schließlich haben sie mich nach dem Mord doch vernommen. Aber als es um die Aushändigung des Erbes ging, hat man mich angeblich vergessen. Jetzt wundert mich nicht mehr, dass diese Ermittler den Naziterroristen nicht auf die Spur kamen."

Die Nürnberger Polizei hat den Irrtum mittlerweile zugegeben, weigert sich aber, der Tochter das Geld zu erstatten. „Die Beamten sagen, ich solle doch meine Stiefmutter fragen, ob die mir was abgibt“, erklärte die Tochter. „Die behauptet natürlich, alles sei bereits ausgegeben." Ihr Anwalt droht nun mit einer Klage, sollte die Polizei ihren Fehler nicht schnell beheben.

Anzeige

Der Preisboxer aus Münster

So sieht ein Schädel-Hirn-Trauma im Röntgenbild aus. Foto: Glitzy_queen00 | Wikimedia | Gemeinfrei

Diese Woche wurde außerdem bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Münster das Verfahren gegen einen Polizisten eingestellt hat, der im März 2012 einen unbewaffneten Demonstranten während der Verhaftung ins Krankenhaus geprügelt haben soll. Der Beamte musste 750 Euro Schmerzensgeld an den Demonstranten und 750 Euro an den Kinderschutzbund zahlen. Laut der Münsterschen Zeitung gilt er damit zwar nicht als verurteilt—aber auch nicht als unschuldig.

Das Opfer hatte am 12. März 2012 an einer Gegendemonstration des Bündnisses „Keinen Meter den Nazis“ teilgenommen. Im Laufe der Demo will die Polizei den Demonstranten beim Flaschnwerfen beobachtet und sich zu seiner Festnahme entschlossen haben. Die erfolgte dann laut indymedia, indem der völlig überraschte Demonstrant von einem Trupp Polizisten von den Füßen gerissen und auf den Boden geschleudert wurde. Der angeklagte Beamte soll laut Augenzeugenberichten noch mehrmals mit voller Wucht gegen den Kopf des Verhafteten geschlagen haben, so dass dieser am Ende der Verhaftung das Bewusstsein verlor und sofort auf die Intensivstation gebracht werden musste. Dort wurde ihm ein Schädel-Hirn-Trauma diagnostiziert. Laut indymedia wurde die „Art der Gewaltanwendung und die durch sie verursachten Verletzungen … auch von der Staatsanwaltschaft bestätigt.“

Anzeige

Trotzdem entschied die Staatsanwaltschaft bereits in einem ersten Verfahren, der Polizist habe aus Notwehr gehandelt, da der Verhaftete „um sich geschlagen“ habe. Es „seien drei Schläge notwendig gewesen, um den jungen Mann unter Kontrolle zu bekommen“. Offensichtlich ist die Staatsanwaltschaft Münster nicht auf die Idee gekommen, dass eine Gruppe ausgebildeter Bereitschaftspolizisten vielleicht auch noch andere Methoden zur Verfügung haben sollte, um einen einzigen Demonstranten ruhig zu stellen. Auf die Klage der Anwältin des Opfers hin, hob das Oberlandesgericht Hamm die Entscheidung aus Münster auf und ordnete eine Wiederaufnahme des Verfahrens an.

Da es allerdings auch im zweiten Verfahren die Kollegen des Beamten waren, die gegen ihn ermitteln sollten, ist es vielleicht nicht verwunderlich, dass es zu diesem Ergebnis kam. Das Bündnis bezeichnete die Einstellung sinnigerweise als „weiteren Schlag ins Gesicht für ein Opfer von Polizeigewalt“. Die Entscheidung ist endgültig, es bleibt kein Rechtsweg mehr offen.

Hier könnt ihr abstimmen:

Welche Polizisten sind grausamer?

(Gewinner der letzten Woche: die gastfeindlichen Hamburger.)

Und der gute Polizist der Woche: der Ex-Polizist, der mit einem Komplizen einen Wiener Geldtransporter überfallen und rund drei Millionen Euro erbeutet hat, um sie einem Hilfsprojekt in Ghana zu spenden. Nein, nur ein Scherz, sowas macht man natürlich trotzdem nicht! Zumindest sollte man sich nicht erwischen lassen.