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Beziehung

Warum du deinen Partner besonders dann willst, wenn er dich nicht mehr will

Forscher vermuten, dass Oxytocin womöglich kein Liebes-, sondern vielmehr ein Krisenhormon ist.
Foto: Imago | Westend61

Es ist immer wieder dasselbe: Sobald die Partnerin oder der Partner das Weite sucht oder einem auch nur die kalte Schulter zeigt, sieht sie oder er nicht nur schlagartig besser aus, sondern wirkt auch noch viel interessanter und witziger. Und mit einem Mal ist alles, worüber ihr euch jemals gestritten habt, vergeben und vergessen.

Wir haben in solchen Momenten vermutlich alle schon mal an unserem gesunden Menschenverstand gezweifelt und mussten uns fragen, ob nicht vielleicht doch eine masochistische Ader in uns schlummert. Aber keine Sorge: Es liegt nicht an dir. Es liegt am Oxytocin. Einer aktuellen Studie zufolge lässt uns das Liebeshormon nämlich nicht nur auf Wolke sieben schweben, sondern nimmt auch in emotionalen Krisenzeiten Einfluss auf die Wahrnehmung unserer Beziehung.

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Was die Wirkung von Oxytocin betrifft, verfolgen Wissenschaftler momentan noch ganz unterschiedliche Ansätze. Einige von ihnen gehen davon aus, dass Oxytocin vor allem zu Beginn einer Beziehung ausgeschüttet wird, sodass wir alles durch die rosarote Brille sehen und uns schneller an den anderen binden. Andere glauben, dass das Hormon dann zum Einsatz kommt, wenn die Beziehung in Gefahr zu sein scheint.

Forscher der Technisch-Naturwissenschaftliche Universität Norwegens (NTNU) und der University of New Mexico haben nun versucht, die beiden Theorien in Einklang zu bringen: Sie gingen davon aus, dass das Gehirn Oxytocin ausschüttet, wenn wir befürchten, "dass die Beziehung in Gefahr sein könnte und mit unserem emotionalen Engagement zu kollidieren droht", schreiben sie. In anderen Worten: Es könnte sein, dass Oxytocin kein Liebeshormon, sondern ein "Krisenhormon" ist.

Um ihre Hypothese zu überprüfen, führten die Forscher zwei verschiedene Studien durch. Sie begannen damit, Speichelproben von 75 amerikanischen Paaren zu nehmen, bevor und nachdem diese schriftlich analysiert haben, wie ihnen ihr Partner zeigt beziehungsweise zeigen sollte, dass er sich mit ihnen verbunden fühlt. Anhand eines Fragebogens untersuchten die Forscher zusätzlich, wie engagiert die Studienteilnehmer in ihrer Beziehung waren.

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Anschließend wurde eine vergleichbare Untersuchung mit 148 norwegischen Probanden durchgeführt. Der Unterschied lag vor allem darin, dass unter den norwegischen Studienteilnehmern keine romantischen Partner waren und sie daher selbst einschätzen mussten, wie sehr sich die Freundin oder der Freund in der Beziehung engagierten.

Das Ergebnis war allerdings immer dasselbe: "Wie erwartet, konnte anhand des hohen Engagements der Probanden, aber auch anhand des geringen Engagements ihrer Partner vorausgesagt werden, ob es durch die schriftliche Analyse der Beziehung zu einer vermehrten Oxytocinausschüttung kommen würde oder nicht", heißt es in der Studie. "Die Unterschiede und die Diskrepanz zwischen dem eigenen Einsatz und dem des Partners stellten in beiden Untersuchungen eine relevante Einflussgröße dar, die Voraussagen über die Veränderung der Oxytocinausschüttung zuließ. Dieses Muster konnte sowohl bei den männlichen als auch bei den weiblichen Studienteilnehmern beobachtet werden."

Andreas Aarseth ist einer der Autoren der Studie und arbeitet als psychologischer Forschungsassistent an der NTNU. Er drückt das Ganze ein bisschen einfacher aus: "Wenn Menschen merken, dass ihr Partner weniger Einsatz in einer Beziehung zeigt als sie selbst, dann schüttet der Körper mehr von dem beziehungsbildenden Hormon aus." Das führt letztendlich dazu, dass wir die notwendige Motivation bekommen, um etwas gegen die vermeintliche Bedrohung unserer Beziehung zu unternehmen. Und: dass wir in Krisenzeiten eher der Überzeugung sind, nicht ohne die vermeintliche Liebe unseres Lebens leben zu können.

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Nick Grebe, der führende Autor der Studie und Psychologie-Doktorand an der University of New Mexico, erklärt gegenüber Broadly: "Die meisten Menschen glauben, dass es erstrebenswert wäre, wenn der Körper mehr Oxytocin ausschüttet – immerhin kann man sich inzwischen schon oxytocinhaltiges Nasenspray bei Amazon bestellen. Doch wie viel Oxytocin der Körper ausschüttet, sagt nichts darüber aus, wie 'verliebt' oder zufrieden wir in einer Beziehung sind. Letztendlich könnte es auch ein Hinweis darauf sein, dass wir an der Beziehung arbeiten müssen."

Eine höhere Oxytocinausschüttung muss also nicht zwangsläufig bedeuten, dass in einer Beziehung alles rund läuft, sagt Grebe. "Es könnte auch sein, dass wir selbst sehr engagieren und mit einem Partner zusammen sind, der nicht den Einsatz zeigt, den wir uns wünschen würden."

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