FYI.

This story is over 5 years old.

Tech

Forschern ist es gelungen unliebsame Erinnerungen per Laserstrahl auszulöschen

Durch Deaktivierung bestimmter Synapsenschaltkreise konnten Wissenschaftler bei Labormäusen Erinnerungen verschwinden und wieder auftauchen lassen.
rote Laserstrahlen
Bild: imago | Frank Sorge

Wir alle schleppen unangenehme Erinnerungen mit uns herum, die wir lieber aus unserem Hirn löschen würden: eine unglaublich peinliche Abfuhr, den Geschmack der sauren Milch heute früh oder auch einen traumatischen Unfall. Eine Studie, die diese Woche im Magazin Nature veröffentlicht wurde, lässt den Wunsch künstlicher Gedächtnismodifikation nun Wirklichkeit werden.

Benötigt wird lediglich ein Lichtstrahl, der im Rahmen der relativ neuen Technik der Optogenetik eingesetzt wird. Bei der Optogenetik wird Tieren durch genetische Veränderung beispielsweise der Hirnlappen für Lasereinwirkungen sensibilisiert, wodurch die Forscher dann bestimmte neurologische Funktionen durch Stärkungen von Synapsenverbindungen verändern können. Dieser Mechanismus wurde bei Algen abgeschaut wurde, welche ihr Verhalten mit der Sonneneinstrahlung verändern.

Anzeige

Die Grundannahme für diese photogenetischen Techniken ist, dass Erinnerungen das Ergebnis starker Verbindungen zwischen bestimmten Neuronen, raffinierten Furchen oder Kanälen sind, so dass sie gedächtnisspeichernde Schaltkreise formen. Bringst du diese Kanäle und Schaltkreise zum Schweigen, verschwindet die Erinnerung, schaltest du sie wieder ein, kommt sie zurück.

Roberto Malinow ist Professor an der University of California in San Diego und Co-Autor der aktuellen Studie. Er wartet mit einer Zusammenfassung seiner Erkenntnisse auf, die angenehm leicht zu merken ist:

„Unsere Ergebnisse festigen die Annahme, dass das Gehirn Erinnerungen herstellt, indem es Neuronen durch starke Verbindungen oder Synapsen zu Gruppen formt. Desweiteren weisen die Resultate darauf hin, dass eine Schwächung der Synapsen die neuronalen Gruppen trennt und die Erinnerung deaktiviert."

Das Experiment von Malinow und Kollegen funktionierte folgendermaßen: Eine Maus wird darauf konditioniert sich vor einem bestimmten Ton zu fürchten, indem sie zur selben Zeit, wenn dieser Ton gespielt wird, einen Stromschlag in den Fuß bekommt. Ist sie einmal so konditioniert, gefrieren ihre Bewegungen und sie beendet ihr belohnungssuchendes Verhalten, wann immer sie den Ton hört. Dieser Schaltkreis ist bereits als auditorische Angstkonditionierung bekannt.

Die Wissenschaftler waren nun in der Lage, diesen Tonimpuls durch direkte Hirnstimulation per Laser effektiv zu ersetzen. Durch unterschiedliche Lichtmuster war es möglich die neuronalen Verbindungen so zu stärken und zu schwächen, dass die Angstkonditionierung ein- und ausgeschaltet wird. Eine Maus kann also von ihren angstbesetzten Erinnerungen durch die spezifischen Laserimpulse befreit werden.

Praktische Anwendungsgebiete für dieses Wissen auch für den Menschen sind gar nicht so schwer zu finden. Alzheimer beispielsweise beinhaltet eine Schwächung der Synapsenverbindungen als Resultat einer Ansammlung gesundheitsgefährdender Zutaten. Was eine Umkehr dieses Prozesses bedeuten würde, liegt auf der Hand. Andererseits kann es ebenso wünschenswert sein, einige Erinnungsschaltkreise auszuschalten, wie zum Beispiel bei Patienten mit psychischen Störungen.

Der Direktor des National Institute of Mental Health, Thomas R. Insel, jedenfalls ist sich über die vielfältigen Perspektiven der Entdeckung bewusst, wie er in einem Statement verkündete: „Unabhängig von den möglichen Anwendungen bei Erinnerungsstörungen wie Demenz, verbessert die Entdeckung auch unser Verständnis davon, wie das Gedächtnis funktioniert. Wir könnten neue Hinweise dazu erhalten, wie durcheinander geratene emotionale Erinnerungen bei psychischen Krankheiten wie posttraumatischen Belastungsstörungen wieder kontrolliert werden können."