Eine Frau und ein Mann in Fetischkleidung vor Zuschauern, bei der Sins Party in Seoul gibt es BDSM-Performances.
Die BDSM-Performer Oleeverr (rechts) und Flowerbomb bei der Sins Party von Shade Seoul | Alle Fotos: Kanghyuk Lee
Sex

Fotos: Bei einer BDSM-Party in Südkorea

Techno und Kink gibt es nicht nur in Berlin.
Junhyup Kwon
Seoul, KR
KL
Fotos von Kanghyuk Lee

Ein Mann kniet auf dem Boden eines dunklen Clubs. Er ist spärlich bekleidet, trägt nur einen Lederharness, einen Tanga und Schuhe. Eine Frau in schwarzem Fetisch-Outfit hält ihn an der Leine und versohlt ihm mit einer Peitsche den Hintern. Drumherum stehen Partygäste und schauen fasziniert zu. Es ist Juni und wir sind auf der Sins Party in Seoul. In Berlin, wo sich jede zweite Technoparty als sexpositiv versteht, sind solche BDSM-Performances vielleicht nichts Besonderes, im konservativen Südkorea schon.

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Peitschen und andere BDSM-Utensilien liegen auf dem Boden eines Clubs

Foto: Kanghyuk Lee

Ein DJ steht in blauem Licht in einer DJ-Booth vor CDJs und einem Mixer

Foto: Kanghyuk Lee

Die Sins Party gibt es seit 2018. Organisiert wird sie von dem DJ- und Party-Kollektiv Shade Seoul, bestehend aus Lindsay Ryklief, auch bekannt als Ligrye, den DJs Net Gala und Seesea. Neben Sins veranstalten sie auch noch Shade, ihre Hauptparty, sowie Glow und Femme. Jede Reihe widmet sich einem anderen Musikgenre und Thema. Sins ist die härteste und düsterste. Hier läuft Techno und Industrial, dazu gibt es besagte Fetischperformances.

Eine Frau und ein Mann in Fetischkleidung, die Frau peitscht den Mann

Oleeverr (rechts) und Flowerbomb bei ihrer Performance | Foto: Kanghyuk Lee

Eine Frau und ein Mann in Fetischkleidung, die Frau peitscht den Mann

Foto: Kanghyuk Lee

BDSM und andere Fetische gelten in Südkorea noch weithin als Tabu. Viele sehen Kinks als abnormale Vorlieben, die durch Gewalterfahrungen und Misshandlungen entstehen. Wenn südkoreanische Medien dann doch mal über BDSM berichten, ist häufig von einer pervertierten Libido die Rede. Als 2022 die südkoreanische Liebeskomödie Love and Leashes auf Netflix erschien, gab es eine große Diskussion darüber, ob man BDSM so prominent in der Öffentlichkeit thematisieren sollte.

Eine Frau mit blondierten Haaren und Fetischoutfit posiert mit einer Kette

Flowerbomb | Foto: Kanghyuk Lee

Aber langsam zeichnet sich eine Veränderung ab, zumindest unter jungen Menschen in der Hauptstadt. Laut Shade Seoul kommen zu jeder Sins rund 400 Gäste. Viele von ihnen wollen dort ihre Fantasien ausleben, ohne dafür verurteilt zu werden. "Wer zur Sins Party kommt, bekommt Einblicke in BDSM und kann es danach selbst erkunden", sagt Shade-Gründungsmitglied Ligrye. "Nimm die Eindrücke mit nach Hause und schau, was dich anspricht. Du kannst Sub sein oder Puppy, mit Wachs spielen oder dich mit Shibari-Bondage beschäftigen." 

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Die Partyreihe ist auch eine Reaktion auf die gestiegene Nachfrage nach härterer Musik in Clubs. Und zu Techno und Industrial passen für die Shade-Crew BDSM-Performances mit Peitschen und Ketten. "Wir wollen aber eher eine Ahnung von BDSM vermitteln. Wir sagen nicht, dass BDSM so auszusehen hat. Es ist nur ein BDSM-Thema für eine Party. Dieser Unterschied ist uns wichtig", sagt Ligrye.

Eine Person posiert in einem Gothic-Outfit

Rust | Foto: Kanghyuk Lee

Die Veranstalterinnen und Veranstalter von Shade Seoul können sich noch gut an die Wachs-Show erinnern, bei der die Performer sich mit heißem Kerzenwachs übergossen haben, oder die Funken-Show, bei der Funken aus Metallstacheln an den BHs der Performerinnen schossen. Aber Shade kollaborierte für Sins auch häufig mit bekannten Namen wie der Burlesque-Tänzerin Flowerbomb oder Musikerinnen wie Arca, Juliana Huxtable und Yaeji.

Eine Frau posiert in einem Fetisch-Outfit in einem Club

DJ Seesea | Foto: Kanghyuk Lee

Die Partys finden in der Regel im Cakeshop statt, einem Underground-Club in Seouls Ausgehviertel Itaewon. Dort befinden sich auch viele andere LGBTQ-Bars und Clubs. Das Shade-Kollektiv versucht sein Bestes, die Party zu einem Safe Space für alle Gäste zu machen. Es gibt eine Nulltoleranzpolitik gegenüber Belästigungen und diskriminierendem Verhalten.

Die dunkle Tanzfläche eines Clubs

Foto: Kanghyuk Lee

Der Fotograf Kanghyuk Lee, der die Party für uns festgehalten hat, bestätigt das. "Es ist wirklich schön hier. Du kannst diese Party besuchen – ganz egal, was deine Geschlechtsidentität oder deine Sexualität ist."

In Seoul sei es fast unmöglich, einen Club oder eine Party zu finden, wo sich alle so gut zusammenfinden. "Überraschenderweise meinten sogar meine schwulen Freunde, dass sie bei der Veranstaltung mehr Spaß hatten und sich freier fühlten als bei reinen Schwulenpartys", sagt er. Es sei viel offener.

Eine Frau und ein Mann in Fetischkleidung vor Zuschauern

Foto: Kanghyuk Lee

"Ich hoffe, dass es hier in Zukunft mehr solche Veranstaltungen gibt", sagt Kanghyuk. "Unsere sexuellen Bedürfnisse werden in Südkorea unterdrückt. Menschen brauchen eine Möglichkeit, sich sexuell ausleben zu können. Wie soll man sonst leben?"

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