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Geheimnis geknackt: Forscher erklären den rätselhaften Sound des Fingerknackens

Die Wissenschaft hinter der geräuschvollen Marotte.
​Bild: University of Alberta, Edmonton

Knack knack. Der eine fühlt sich umgehend erleichtert und hat seine geräuschvolle Marotte befriedigt, der andere rollt entnervt und angewidert mit den Augen. Neben Nägelkauen und Haarelutschen ​gibt es kaum eine zwiespältigere Angewohnheit, den Mitmenschen seinen Körper subtil aufzudrängen, als genüsslich die Finger knallen zu lassen.

Nachdem sich die Wissenschaft schon seit 1947 den Kopf über die Ursprünge des mysteriösen Geräusches zerbricht, nahm sich Greg Kawchuk, Professor für Rehabilitations Medizin an der University of Alberta in Kanada, nun erneut dem Thema an und veröffentlichte seine Ergebnisse diese Woche in der Wissenschaftspublikation  ​PLOS one.

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Die Idee für seine Studie wurde ihm quasi vor die Füße gelegt, als ihn der Chiropraktiker Jerome Fryer mit seinen eigenen Vermutungen zur Ursache des Knackens in der Uni aufsuchte. Vielleicht nicht ganz uneigennützig, denn Fryer, ein leidenschaftlicher Knacker, erklärte sich gerne dazu bereit, jeden seiner Finger in einem Kernspintomographen so lange bearbeiten zu lassen, bis das erhoffte Geräusch erklang. (Ist es nicht herrlich, Hobby und Beruf so fruchtbar miteinander zu verbinden?)

Greg Kawchuk. Alle Bilder: University of Alberta

„Es sah nicht so aus als benötigten wir noch eine weitere Idee", erzählt Kawchuk  im  ​Guardian. „Wir mussten einfach nur ins Gelenk hineinsehen und gucken was dort passiert."

Da diese spezielle Fingerforschung keine völlig neue neue Disziplin in der Medizin ist, konnte Kawchuk auf wertvollen Erkenntnissen seiner vorherigen Kollegen aufbauen. Die ersten offiziellen Knackwissenschaftler waren ​Ärzte am St. Thomas Hospital in London, die mit einer Kraft von sieben Kilogramm an den Fingern zogen und feststellten, dass die Knochen knackten indem sie sich um einen halben Zentimeter voneinander entfernten.

Dieser plötzliche Zug an den Knochen ließ eine Blase im Gelenk entstehen, welche der Grund für das Geräusch zu sein schien. Im Anschluss dauerte es nun ganze zwanzig Minuten bis erneut geknackt werden konnte. Im Jahr 1971 fügten  ​Wissenschaftler der Universität in Leeds dieser Erkenntnis ein kleines, aber entscheidendes Detail hinzu. Ihre wesentliche Zusatzinfo besagte, dass nicht nur eine Blase entsteht, sondern deren Platzen das Geräusch herbeiführt.

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Jerome Fryer im MRT.

Kawchuk konnte also auf Basis dieses Forschungsstands weiterarbeiten und erkannte Folgendes bei seinen Kernspin-Untersuchungen: Sobald die Knochen des Gelenks entweder durch Dehnung oder Zug von einander entfernt werden, füllt sich der entstandene Zwischenraum mit Gelenkflüssigkeit. Verringert sich nun der Druck innerhalb dieser Flüssigkeit entsteht eine Gasblase, ein alltägliches Phänomen, das jeder schon einmal beim Öffnen eines kohlensäurehaltigen Getränks erlebt hat.

„Wenn du mal in das Vergnügen gekommen bist, Glasplatten abzuspülen, weißt du, dass sich diese manchmal im nassen Zustand kaum voneinander trennen lassen. Der dünne Film aus Wasser zwischen den Platten erzeugt eine Spannung, die erst einmal überwunden werden muss", erklärt Kawchuk. „So verhält es sich auch mit Gelenken. Wenn du an ihnen ziehst, weigern sie sich erst und geben dem Druck dann irgendwann nach."​

Zu möglichen Gelenkproblemen, die durch ein permanentes Knacken ausgelöst werden könnten, äußert sich Kawchuk nicht, schließt sie aber auch nicht aus. Er sieht seine Studie eher als praktische Grundlage für Ärzte, die ihre Patienten mit diesen Erkenntnissen nun besser verstehen und auf dieser Basis weiter forschen können.

Vielleicht ist Kawchuk ja nun auch auf den Geschmack des Fingerknackens gekommen und liefert uns demnächst Antworten auf weitere spannende Fragen zum Thema: Warum können manche Menschen knacken und andere nicht? Was macht den eigentlichen Reiz daran aus? Und: Wie kann man wieder aufhören?

Vor allem die Antwort auf die letzte Frage wäre wahrscheinlich ein Segen für viele Freunde, Kollegen und Ehepartner der elendigen Routineknacker.

Facebookbild: Bild: flickr, Jaysin Trevino | CC BY 2.0