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_Dies ist ein Auszug aus dem Kapitel "Erst wir. Dann du" aus Shahaks Buch DAS WIRD MAN JA WOHL NOCH SCHREIBEN DÜRFEN!_Eines meiner größten Probleme als Neuling in der deutschen Pampa war die Unsicherheit darüber, was mich beleidigen sollte und was nicht. Ab welchem Punkt aus einem Witz eine Beleidigung wird, ist eine äußerst subjektive und komplizierte Angelegenheit. Für Millionen von Menschen ist eine Karikatur ihres Propheten eine Beleidigung, groß genug, um einen Heiligen Krieg vom Zaun zu brechen.Dabei sind Propheten eigentlich zum Brüllen. Moses zum Beispiel. Ich meine, haben Sie schon mal so viel Rauch von einem brennenden Busch mitten in der Wüste inhaliert, dass Sie geglaubt haben, Gott würde mit Ihnen sprechen? Beim Burning-Man-Festival gehört so was zur Tagesordnung. Dann noch ein langhaariger Hippie, der übers Wasser laufen kann, und ein Mann Anfang 50, der eine Neunjährige heiratet? Das könnte doch der nächste Hangover-Film sein.Allein die Kreuzigung Jesu erfüllt einen mit Trauer. Den einzigen Menschen, der aus Wasser Wein machen konnte, aus der Welt zu schaffen, war nicht nur grausam und ungerecht—es war auch taktisch unklug.Wer bestimmt also, was beleidigend ist? Die Gesellschaft? Vielleicht. Allerdings hielt die Gesellschaft vor Jahren auch die Sklaverei für eine gute Idee, und heute guckt sie Frauentausch auf RTL II. Manchmal spielt die Beleidigung selbst kaum eine Rolle, sondern vielmehr, wer sie ausspricht. Der Unterschied zwischen einem Judenwitz, der von einem Juden erzählt wird, und einem Judenwitz, der von einem Nichtjuden erzählt wird, ist gigantisch.
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