Die Justizminister wollen in Sachen Cannabis-Legalisierung zwei Schritte zurück
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Drogen

Die Justizminister wollen in Sachen Cannabis-Legalisierung zwei Schritte zurück

Nur zwei Bundesländer wehren sich gegen eine deutschlandweite Sechs-Gramm-Obergrenze, die jetzt gefordert wird.

Wir befinden uns im Jahr 2018 n. Chr; ganz Deutschland ist von konservativen Cannabis-Hassern besetzt … Ganz Deutschland? Nein! Ein von unbeugsamen Hippies bevölkertes Dorf namens Berlin hört nicht auf, den Kostverächtern Widerstand zu leisten.

OK, die ganze Cannabis-Kiste ist nicht ganz mit Asterix, den Galliern und den Römern vergleichbar, aber tatsächlich leistete zunächst einzig das Bundesland Berlin hörbaren Widerstand dagegen, das Leben von Gelegenheits-Komsumenten in Deutschland schwieriger zu machen.

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Die Justizminister der Länder haben am Donnerstag auf ihrer Konferenz in Eisenach eine deutschlandweite Cannabis-Obergrenze von sechs Gramm gefordert. Soll heißen: Wird jemand künftig mit sechs Gramm oder weniger erwischt, kann das Verfahren gegen ihn eingestellt werden, muss es aber nicht zwangsläufig. Ist die Menge höher, mahlen die Mühlen der Justiz los. Bisher besteht in Deutschland ein Flickenteppich an verschiedenen Obergrenzen. Je nachdem, in welchem Bundesland jemand mit Gras erwischt wird, ist ein Verfahren wahrscheinlicher oder eben nicht.

Beschließen können die Justizminister die neue Regelung aber nicht selbst, sie geben eine Empfehlung an das Bundesjustizministerium. Über den deutschen Bundestag könnte die Sechs-Gramm-Grenze aber doch irgendwann kommen. In ganz Deutschland, und damit auch in Berlin.

Dort können bislang Besitzdelikte bis zu 15 Gramm eingestellt werden – und dabei soll es auch bleiben, wenn es nach der regierenden rot-rot-grünen Koalition geht. Ein Sprecher der Justizverwaltung sagte, es gebe "keinen Änderungsbedarf" bei dem Thema. Kein Wunder, ist die Hauptstadt doch bei der Drogenpolitik sowieso liberal eingestellt. Der Fraktionsvorsitzende der regierenden SPD, Raed Saleh, hat zuletzt eine "kontrollierte Abgabe an Erwachsene" vorgeschlagen, was nichts anderes heißt als: Legalize it!

Genau die bisherige Kakophonie gesetzlicher Regelungen ziehen nun vor allem die Justizminister konservativ geführter Länder zu Felde. Grundsätzlich lässt sich, etwas vereinfacht, sagen: In Deutschland sind die drei Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen eher Kiffer-freundlich, die südlichen Bundesländer sind eher restriktiv, die anderen liegen mit ihrer Einstellung zu Cannabis irgendwo dazwischen.

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Hanfverband: "Es geht um viel"

Der Deutsche Hanfverband, wichtigste Lobby-Truppe der Cannabis-Freunde im Land, weist aber daraufhin, dass selbst die neue Obergrenze von sechs Gramm keine einheitliche Regelung wäre. Denn das Gesetz sieht nur vor, dass Verfahren bis sechs Gramm eingestellt werden können, aber nicht müssen. "Repressive Bundesländer wie Bayern, Baden-Württemberg oder Sachsen könnten jedoch auch bei der angedachten Regelung weiterhin bei den kleinsten Krümeln Cannabis Strafen verhängen, wenn es bei einer 'Kann'-Einstellungsregel bleibt und keine 'Muss'-Einstellungsregel eingeführt wird", schreibt der Hanfverband.

Weiter erklärt der Hanfverband: "Es geht um viel: Die Justizminister der Länder würden mit einer solchen Obergrenze eine große Chance versäumen, weitere Entkriminalisierungsschritte zu gehen, um Polizei und Justiz von den unverhältnismäßigen Ermittlungen wegen kleinerer Besitzdelikte zu entlasten." Schließlich wurden die Obergrenzen vor allem eingeführt, um Konsumenten nicht länger zu kriminalisieren und Polizei und Justiz zu entlasten, die sonst selbst kleinste Mengen verfolgen mussten.

Ob Berlin als gallisches Dorf eine grüne Insel in einem zunehmend restriktiven Deutschland wird, hängt jetzt vor allem von der Bundesregierung und dem Bundestag ab. Und auch davon, ob Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller und sein Fraktionschef Saleh ein gutes Asterix-und-Obelix-Duo abgeben. Ein Sprecher des Justizministeriums sagt allerdings gegenüber VICE, man werde die Empfehlungen zur Kenntnis nehmen. "Eine unmittelbare Notwendigkeit zu handeln, besteht dadurch nicht."

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Update: Auch Thüringen hat gegen die Vorlage der Justizministerkonferenz gestimmt. „Es gibt keinen Anlass diese Regelung zu ändern“, sagte Thüringens Justizminister Dieter Lauinger in einer Pressemitteilung. Die sogenannte geringe Menge bleibt in Thüringen bei zehn Gramm.