Lisa wäre es auch lieber, keine strafrechtlichen Konsequenzen mehr fürchten zu müssen. "Wenn ich mit Drogen erwischt werden würde, hätte es extreme Konsequenzen. Mit einer Vorstrafe würde ich einfach keinen Job mehr finden, in dem Bereich in dem ich arbeiten will. Ich hätte keine sauberes Leumundszeugnis mehr. Dafür reicht schon ein positiver Drogentest", meint sie."Ökonomisch und juristisch würde sich am meisten verändern."
Was er sich persönlich durchaus vorstellen könnte, wäre eine kontrollierte Abgabe von Cannabis. "Cannabisfreigabe wäre sicherlich sinnvoll. Zwar nicht für mich, aber für andere schon. Dann müsste ich halt wieder Scheidungsfälle übernehmen oder so", lacht er. Der Großteil seiner Fälle dreht sich derzeit um Cannabis.Mit den harten Fällen beschäftigt sich Dr. Mag. Barbara Gegenhuber, Leiterin des Schweizer Haus Hadersdorf, das stationäre und ambulante Therapien bei Abhängigkeitserkrankungen anbietet. 80 Prozent ihrer Patienten sind auf Grund einer starken Opiat- oder Polytox-Abhängigkeit mit dem Gesetz in Konflikt geraten und haben hier, im Zuge des Angebots "Therapie statt Strafe", die Möglichkeit die notwendige Behandlung zu bekommen. Die restlichen 20 Prozent kommen von sich aus ins Schweizer Haus."Etwas zu legalisieren, wo man gar nicht weiß, was dann wirklich drinnen ist? Da müsste man die Drogen irgendwie staatlich produzieren, was keiner tun wird."
Stellt sich heraus, dass man suchtkrank ist, beginnen unterschiedliche Systeme zu greifen und man versucht, den Betroffenen zu helfen, ohne sie auszugrenzen oder wie Verbrecher zu behandeln. Der Konsum und Besitz wird nach mehrmaligem Aufgreifen zwar nur mit einem Bußgeld geahndet. Es wird aber der Gesellschaft signalisiert, dass Drogen nicht harmlos sind und zu Schäden führen. Der Verkauf ist weiterhin strafbar. Ein System, das als überaus erfolgreich bezeichnet werden kann. Trotzdem gibt Gegenhuber erneut zu bedenken, "dass es gerade in diesem Bereich keine Regelung gibt, die nicht auch irgendwo politische Kosten verursacht, halt woanders."Was sich alle Interviewpartner schon jetzt wünschen und was spätestens eine Legalisierung, egal in welchem Ausmaß, notwendig machen würde, ist eine Ende der Stigmatisierung Suchtkranker – gemeinsam mit einer verbesserten Aufklärung. Das Unwissen in der Bevölkerung sei enorm, was immer wieder von Boulevardmedien ausgenutzt wird, um Ängste und Vorurteile zu schüren.Auch die mediale Debatte, die vor einem Jahr über Dealer auf der Thaliastraße geführt wurde, basierte nicht auf einer rationalen Diskussion über Drogen, sondern vor allem auf Rassismus. Seit der Schließung der Gesetzeslücke können Dealer nun wieder schneller in Untersuchungshaft genommen werden können und wurden damit aus dem Stadtbild vertrieben, ohne das Problem grundlegend zu lösen.Aber auch ohne jede Legalisierung braucht es eine vernunftgeleitete Auseinandersetzung mit der Thematik. Immerhin stehen den zirka 30.000 Opiat- und Polytox-Abhängigen ganze 300.000 Alkoholiker und weiteren 700.000 Gefährdeten gegenüber. Wünschenswert ist natürlich keines von beidem – oder wie Dr. Hans Haltmayer sagt: "Es gibt keine Gesellschaft, die suchtfrei ist, aber man muss trotzdem dieses Ziel anstreben."* Namen geändertFolgt Edie Calie auf Twitter und VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat."Die Polizei fahndet nicht länger nach Drogenkonsumenten, läuft ihr aber einer über den Weg, stellt sie eine Vorladung aus, die den Betroffenen für den nächsten Tag in dieses Haus (Anm. gemeint ist die "Kommission für die Abmahnung der Drogensucht") bestellt. Die 'Abmahnungs'-Gruppe soll nun herausfinden, ob man ein Drogenproblem hat. Man kann ehrlich sein, da nichts, was man hier sagt oder tut, im Strafregister auftaucht. Falls das Gespräch mit dem Psychologen ergibt, dass man ein Drogenkonsument ohne größere Probleme ist, wird man vor den Risiken gewarnt und bekommt dann gesagt, wie man möglichst sicher Drogen nimmt - unter anderem niemals allein, da man immer mal auf einen schlechten Trip kommen kann; danach wird man wieder seiner Wege geschickt."